Fahrräder für nur einen Euro

Völklingen. Kein einziger Regenschirm steht zur Versteigerung, stattdessen sieht es im Südfoyer des Rathauses aus wie beim Fahrradhändler, sogar richtig schicke Mountainbikes stehen dort. Dabei geht ein Regenschirm doch viel schneller verloren als ein Fahrrad. Die fast dreißig Steigerer scheinen sich darüber keine Gedanken zu machen

 Zum Ersten, zum Zweiten . . . : Für einen Tag wurde Vollstreckungsbeamter Fritz Thielen zum Auktionator. Hier versteigert er einen der heiß begehrten Drahtesel. Foto: Andreas Engel

Zum Ersten, zum Zweiten . . . : Für einen Tag wurde Vollstreckungsbeamter Fritz Thielen zum Auktionator. Hier versteigert er einen der heiß begehrten Drahtesel. Foto: Andreas Engel

Völklingen. Kein einziger Regenschirm steht zur Versteigerung, stattdessen sieht es im Südfoyer des Rathauses aus wie beim Fahrradhändler, sogar richtig schicke Mountainbikes stehen dort. Dabei geht ein Regenschirm doch viel schneller verloren als ein Fahrrad. Die fast dreißig Steigerer scheinen sich darüber keine Gedanken zu machen. Wie Raubtiere schleichen sie in der Nähe der begehrten Räder herum, testen hier und da mal Bremse oder Federung. Die tollsten Räder finden dabei die wenigste Beachtung. Wahrscheinlich Taktik, denn als Fritz Thielen, Vollstreckungsbeamter und heute ausnahmsweise Auktionator, die Versteigerung eröffnet, liegt das Käuferinteresse plötzlich vollends bei den schnittigen Mountainbikes. Um Haus und Hof muss sich aber niemand steigern, es sind genug Mountainbikes für alle Interessenten da. So kommt es auch, dass das teuerste Gefährt für gerade mal 39 Euro unter den Hammer kommt. Als das Fahrradfieber abgeflaut ist, ergattert Winfried Dörr sogar noch ein Herrenrad für einen Euro. Ohne besondere Absichten sei er gekommen, "einfach nur, um zu gucken, was es so gibt", erzählt der Völklinger. Am Ende geht er mit zwei Rädern und einer Fahrradtasche für insgesamt acht Euro nach Hause. Doris Duval hat sich hingegen auf Geldbeutel spezialisiert. Einer nach dem anderen wandert in ihre Tasche, jeweils für das Erstgebot von zehn Cent. Außer Duval scheinen alle Anwesenden mit Geldbeuteln versorgt zu sein. "Wenn wir zu Hause eine Party feiern, dann verlosen wir die", erklärt sie den Massenkauf. Dass man Geldbeutel, Handys, Schmuck und vielleicht auch mal ein Fahrrad verlieren kann, dafür gibt es sicherlich Erklärungen. Schwierig wird es allerdings bei Fundstücken wie dem Winkelschleifer, der für 40 Cent einen neuen Besitzer bekommt. Als Thielen mit Schwung eine vermeintlich leere Sporttasche auf den Versteigerungstisch knallt, merkt er, dass er es mit einer wahren Wundertüte zu tun hat: Sie ist gefüllt mit Pokalen. Hochwertig sind die zwar nicht gerade, aber wenigstens glänzen sie ganz hübsch. Ob da wohl jemand seine Errungenschaften ständig mit sich herum getragen hat, um jederzeit damit angeben zu können? Bei der Versteigerung sind sie nicht mehr als einen Euro wert.Nach einer guten halben Stunde ziehen die Schnäppchenjäger ab. Der Erlös von etwas mehr als hundert Euro fließen als "Auslagenersatz" in den Haushalt der Stadt, wie Melanie Hinkel vom Funbüro erklärt.Die übrig gebliebenen Fundsachen kommen entweder gemeinnützigen Organisationen zu, landen auf dem Müll oder wandern zurück in den Fundkeller, wo sie auf die nächste Versteigerung warten. "Wenn wir zu Hause eine Party feiern, dann verlosen wir die Geldbeutel".Doris Duval, Ersteigerin

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