Fachfrau für Suppen und Kochrezepte

Völklingen · Gut 4000 Menschen arbeiten bei Saarstahl in Völklingen. Was machen sie eigentlich dort? Und was tun sie außerhalb des Werks? Wir stellen in loser Folge Saarstahl-Mitarbeiter vor. Heute: Elizabeta Korte, Spezialistin für hochwertigen Stahl.

 Seit 2009 leitet Elizabeta Korte das Qualitätswesen im Stahlwerk mit Fritz-Peter Groß. Ihr Arbeitszimmer liegt direkt neben dem (im Volksmund so genannten) „Blauen Salon“. Foto: Rolf Ruppenthal

Seit 2009 leitet Elizabeta Korte das Qualitätswesen im Stahlwerk mit Fritz-Peter Groß. Ihr Arbeitszimmer liegt direkt neben dem (im Volksmund so genannten) „Blauen Salon“. Foto: Rolf Ruppenthal

Foto: Rolf Ruppenthal

"Frauen und Technik passen nicht zusammen." Diese ironische Bemerkung ist bei vielen Männern Standard. Da wenden wir uns doch gleich einer Dame zu, die seit 25 Jahren bei Saarstahl arbeitet, und zwar im technischen Bereich. Und auf die Frage, womit sie sich den lieben langen Tag beschäftigt, fallen uns sehr schnell zwei Begriffe auf: "Suppen" und "Kochrezepte ". "Na also", wird jetzt mancher Mann sagen.

Doch Vorsicht, liebe Geschlechtsgenossen. Diese Dame kann über das Klischee nur lachen. Elizabeta Korte hat nämlich Eisenhüttenkunde studiert und ihre Ausbildung nicht nur mit Diplom abgeschlossen, sondern auch noch mit dem Doktorhut gekrönt.

Als wir sie in ihrem Arbeitszimmer gleich neben dem "Blauen Salon", dem Völklinger Stahlwerk, besuchen, schaut sie sich gerade Statistiken über "Kochrezepte " und "Suppen" an. Bei diesen saloppen Bezeichnungen geht es um hochkomplizierte Prozesse bei der Stahlerzeugung, die sie uns später geduldig erläutern wird.

Zunächst fällt uns ein großformatiges Gebirgsfoto an der Wand auf. "Das ist aus meiner Heimat", sagt sie, "der Berg ist immerhin nur hundert Meter kleiner als die Zugspitze." Ihre Heimat, das ist ein Dorf in Slowenien, ein Bauernhof, von dem sie täglich eine Stunde zur achtjährigen Grundschule gehen musste. "Alle Klassenstufen wurden in einem Raum unterrichtet, mit verteilten Aufgaben, und der Lehrer ging herum und leitete uns klug an zu selbstständigem Arbeiten."

Er war es auch, der schon früh die Begabung der kleinen Elizabeta erkannte. "Ich liebte Zahlen, und bei Stress erholte ich mich mit Mathe", erinnert sie sich. "Ich wollte damals unbedingt Tierärztin werden", sagt sie, "aber nach einer Exkursion in ein Stahlwerk war mir meine berufliche Zukunft klar."

Nach dem Abitur erhielt sie an der Uni in Ljubljana wegen ihrer guten Leistungen mehrere Stipendien, so dass sie teilweise auch im niedersächsischen Clausthal studieren konnte. "Ich war die einzige Frau von fünf Studierenden, die vier Männer aber gingen irgendwann verloren."

Nach der Promotion arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in Clausthal an der Uni, und ab hier wurde die "Suppe" zu ihrem wissenschaftlichen Hauptthema. "Das flüssig-heiße Roheisen muss durch verschiedene Prozessschritte in mehreren Aggregaten zu Flüssigstahl veredelt werden", erläutert sie, "und ich wollte diesen Prozess - analog zu Wasser - nicht durch mehrfaches Umfüllen, sondern kontinuierlich gestalten." Die Suppe also. Und die Kochrezepte ? "Wir haben hier bei Saarstahl mehr als 750 Stahlsorten im Programm", sagt sie, "also 750 Kochrezepte , und wenn ein Kunde eine besondere Sorte bestellt, legen wir das Rezept entsprechend fest."

Seit 25 Jahren ist sie im Qualitätswesen von Saarstahl tätig, seit 2009 leitet sie das Qualitätswesen Stahlwerk gemeinsam mit ihrem Kollegen Fritz-Peter Groß. "Wir organisieren also die Rezepte, und wir überprüfen den Reinheitsgrad und das gesamte Innenleben jeder einzelne Charge, die aus 170 Tonnen Flüssigstahl besteht, denn sie muss den geforderten Eigenschaften genau entsprechen."

Aber - es muss gesagt werden - es war nicht die zweifellos gute Technologie, die Elizabeta Korte nach Völklingen lockte. Es war die Liebe, und zwar zu Josef Bohnenberger, der, wen wundert das, vor seinem Ruhestand unter anderem Leiter des Stahlwerks war. Und dass das Paar, abseits aller Technik, in Völklingen eine Naturheilpraxis führt, wirkt wie eine weiche Landung im freundlich-zwischenmenschlichen Bereich, abseits von slowenischem Gebirge und exakt zubereiteten Stahlsuppen. Frauen und Technik? Geht doch!

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