Facebook-Kampagne führt zu Selbstjustiz in Völklingen

Völklingen · Ein bloßes Gerücht in einem sozialen Netzwerk hat in Völklingen-Ludweiler offenbar zu einem Fall von Selbstjustiz geführt: Ein Vater prügelt auf einen 82-Jährigen ein, weil dieser seinen Sohn missbraucht haben soll. Der Vorwurf lässt sich aber nicht bestätigen.

Ein angeblicher Sextäter, ein wütender Vater, Selbstjustiz und öffentliche Hetze in sozialen Netzwerken haben am Mittwochabend zu einer Eskalation der Gewalt in Ludweiler geführt. Ein 82-jähriger Mann wurde an seiner Wohnadresse von einem wütenden 38-jährigen Vater mit einer Holzlatte verprügelt. Der Vater wurde von der Polizei festgenommen, der 82-Jährige kam in ein Krankenhaus.

Was passiert war, schilderte gestern Georg Himbert , Sprecher des Landespolizeipräsidiums. Demnach gab es eine Strafanzeige einer Mutter, die bei der Polizei behauptete, ein 82-jähriger Mann aus Ludweiler würde Kinder ins Haus locken und in seiner Wohnung sexuell missbrauchen. Die Polizei habe mit einer Streife das Haus des Beschuldigten aufgesucht und dort zwei achtjährige Jungen bei dem Mann angetroffen. "Die Kinder wurden in die Obhut der Mutter übergeben und befragt", sagt Himbert. Eine sexuelle Nötigung sei nicht nachgewiesen worden. "Es steht nur die Beschuldigung im Raum, der Mann habe die Kinder aufgefordert, ihn anzufassen." Schwerwiegendere sexuelle Handlungen seien nicht behauptet worden. Die Polizei habe den Mann aufgefordert, künftig Kinder nicht mehr anzusprechen, und er habe sich verständig gezeigt. Gegen die Kinder sei keine Gewalt ausgeübt worden, sie seien freiwillig zu dem Mann gegangen. Dieser bestreite sexuelle Absichten.

Während die Polizei noch mit den Ermittlungen beschäftigt war, entwickelte sich bei Facebook eine Kamapgne. Eine junge Frau postete einen "Warnhinweis" auf einen angeblichen Kinderschänder. Eine betroffene Mutter stellte ein Bild des Rentners online. Andere ergänzten den Text, so dass sich in kurzer Zeit klare Rückschlüsse auf die Identität und den Wohnort des 82-Jährigen ergaben. Einige warfen der Polizei Untätigkeit vor und forderten die umgehende Festnahme des 82-Jährigen. Andere wandten allerdings ein, dass man Polizei und Staatsanwaltschaft erst mal ihre Arbeit machen lassen solle, bislang sei ja noch nichts geklärt. Genau das bestätigt auch die Polizei . Sie hat Zweifel an den Vorwürfen.

Mittwochabend eskalierte die Geschichte dann. Ein Vater eines der Jungen lauerte dem 82-Jährigen auf und verprügelte ihn an der Haustür. "Der 82-Jährige wurde mit einer Latte geschlagen und leicht verletzt. Aufgrund weiterer bestehender Krankheiten musste der Mann in eine Klinik gebracht werden", so Polizeisprecher Himbert. Gegen den wütenden Vater wurde ein Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung eingeleitet. Der Staatsanwalt beantragte einen Haftbefehl, inzwischen ist der Mann aber wieder auf freiem Fuß. Die Polizei hat derweil ein Verfahren gegen die Frau eröffnet, die das Bild des Rentners online stellte. Darin liege ein Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz und Persönlichkeitsrechte des Rentners.

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