Einfach abgefahren

SZ-Mitarbeiter Thomas Annen wollte eigentlich nur wissen, wie er zum Bahnhof kommt.

Ich habe immer noch ein Uralt-Handy. Kein Internet, keine Kamera, keine Musik. Auf den Smartphone-Schnickschnack verzichte ich gerne.
Zugegeben, manchmal wäre so ein Hightech-Ding ganz nützlich. Etwa in fremden Städten. Da verlaufe ich mich nämlich regelmäßig. Zuletzt in Marburg: Die große Kirche in der Nähe des Bahnhofs, die ich als Orientierungspunkt auserkoren habe, ist nach meinem Rundgang plötzlich verschwunden. So ein Mist! Die Zeit drängt. Mit Smartphone könnte ich jetzt einen Online-Stadtplan nutzen. Stattdessen muss ich mich wieder mal als Tourist outen und nach dem Weg fragen.

Der junge Mann, den ich anspreche, ist sehr nett. Und er versichert, dass er sich auskennt. Doch statt mir einfach nur die Richtung zu weisen, zückt der Einheimische sein schickes Mobiltelefon. Lange tippt er auf dem Display herum, erst nach mehreren Versuchen erscheint die gewünschte Straßenkarte. Jetzt ist der Helfer in seinem Element. Seine Finger wirbeln über den Bildschirm. Eine halbe Ewigkeit philosophiert er über Streckenlängen, Gehminuten und Sehenswürdigkeiten am Wegesrand.

Ich verstehe nur Bahnhof. Aber das genügt auch. Dort will ich schließlich hin. "Also die Nächste rechts und dann immer nur geradeaus?", fasse ich zusammen. Der freundliche Herr packt sein Smartphone weg, überlegt kurz. Dann nickt er. Als ich am Ziel ankomme, fährt mir der Zug vor der Nase weg. Ich schicke eine Verspätungs-SMS ins Saarland und schwöre mir: Auch mein nächstes Handy wird kein Smartphone.

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