Eine Frau im Schwanken zwischen Abscheu und Liebe

Völklingen · Der Dichterfürst Goethe schmückte sich mit Charlotte von Stein als Geliebter. Die Spannung zwischen beiden spiegelt sich in einem Ein-Personen-Stück mit Stefanie Ahlbrecht als überzeugender Darstellerin.

 Verletzlich: Stefanie Ahlbrecht spielte ihre Charlotte barfuß und auf Krücken. Foto: Jenal

Verletzlich: Stefanie Ahlbrecht spielte ihre Charlotte barfuß und auf Krücken. Foto: Jenal

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Seit geraumer Zeit ging Jürgen Reitz, Leiter der Theatergruppe Titania, das historische Trauzimmer im Alten Rathaus als Spielstätte durch den Sinn. Jetzt feierte der Raum mit den hübschen Jugendstilfenstern mit "Ein Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe" Premiere.

Nur 25 Zuschauer passen hinein. Ein quadratischer Teppich markiert die Spielfläche. Ein rot gepolsterter Schemel, ein Wohnzimmertisch, am Boden verstreut Briefe, die Goethe an Frau von Stein geschickt hat.

Goethe ist in dem Stück als Person abwesend, aber er ist in jedem Satz präsent. Nach zehn Jahren hat er Weimar heimlich verlassen, und Charlotte von Steins Gedanken umkreisen ihn unentwegt. "Fragen Sie nicht, warum er fortging, sondern warum er blieb", sagt sie und zerpflückt das, was zwischen ihnen war oder auch nicht war, nach allen Regeln der Kunst. Sie schildert Goethe als unbeholfenen Schöngeist, der sich vorgenommen hat, eine Dame vom Hof zu lieben, und der aus einem Kuss ein Gedicht macht und dafür Geld nimmt. Unzählige Aspekte sprechen gegen ihn und gegen eine Beziehung, und dennoch wartet Charlotte von Stein sehnlich auf den Postboten, der einen Brief bringt.

In der Vorlage von Peter Hacks richtet sich der Monolog an Charlottes Ehemann Josias von Stein. Der Autor schlägt vor, ihn als Puppe auf der Bühne zu platzieren. Hier verzichtet man auf die Puppe. In dieser Inszenierung ist das Stück mehr Selbstgespräch, eher ein Hadern mit sich und der Welt. Das macht es glaubhafter.

Stefanie Ahlbrecht ging souverän mit dem vielschichtigen Text um. Bislang kannte man sie mehr als Malerin und Kunstdozentin, die auch Theater spielt. Das ist nun ihr erstes abendfüllendes Stück. Die Premiere bestritt sie mit Krücken. Wegen einer Knieoperation. Das beschränkte die Gesten auf ein Minimum, setzte die Mimik in den Vordergrund. Und es gab ihr einen Hauch von Gebrechlichkeit. Sehr schön auch, dass die Darstellerin barfuß auftrat. Als Zeichen der Verletzlichkeit.

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