Eine Aufwartung bei der Eisernen Lady

Völklingen · Familientag im Völklinger Weltkulturerbe, bei freiem Eintritt – 2524 Besucher kamen am Sonntag in die Alte Hütte.

Höhenangst wäre schlecht. Wenigstens auf der Gichtbühne oder gar der Aussichtsplattform, gut 45 Meter über der Saar und dem riesigen Areal der Alten Völklinger Hütte. "Unbeschreibliches Ambiente. Unsere Erwartungen an Urban Art wurden übertroffen", sagt Thomas Faulstich. Er wohnt in Baden-Baden am Fuße des Schwarzwaldes und kommt einmal im Jahr nach Völklingen, des Weltkulturerbes wegen. "Die Ausstellung ist sehr weit gefasst, mit ganz tollen Kunstwerken", meint Faulstich.

Als Wiederholungstäter in Sachen Hüttenwerk kann man auch den Hüttenführer Winfried Kirsch bezeichnen. "Hab' 40 Jahre als Graugussformer hier gearbeitet und bin seit 16 Jahren Besucherbegleiter - weil ich nicht genug kriegen kann", sagt er. Am Sonntag muss Kirsch Rede und Antwort stehen, bei vielen Führungen mit hoch interessiertem Publikum. "Am meisten wollen die Leute was über die Hochofengruppe wissen", sagt sein Kollege Salvatore Ciminato, der auch Führungen in französischer und italienischer Sprache anbietet. "Sind meist Nachbarn aus Lothringen, hier ansässige Italiener, aber auch viele Studenten und sogar Touristen aus Bella Italia", erklärt Ciminato.

Aus Forbach kommt Familie Schuh, Papa Roland, Mama Barbara und der Jugendliche Martin. "Wir kommen oft nach Völklingen zur Hütte, weil uns die Verbindung der Technik mit der Kultur fasziniert. Man hat nicht oft Gelegenheit, so ein großes Werk aus der Nähe zu betrachten, und wir entdecken immer wieder neue Aspekte", sagt Roland Schuh.

Mitten im Science-Center Ferrodrom befindet sich ein vier Quadratmeter großer Übergang - aus Glas. "Kann man da rüber?", fragt ängstlich die fünfjährige Svenja Alt. Man kann! Und erlebt sozusagen drei Etagen auf einen Blick. "Überhaupt eröffnen sich an jeder Ecke richtig spektakuläre Ausblicke", freut sich Mama Sylvia Alt. "Hier kann man den ganzen Tag verbringen und immer wieder Neues entdecken", sagt Karlheinz Berwanger. Jule Mutter, mit ihren beiden Kindern aus Berlin zu Besuch im Saarland, findet das Ambiente "einfach toll, von der Kunst über die alten Industrieanlagen bis hin zu dem schönen Paradiesgarten". Hier treffen wir Kathrin Thomys und Peter Padubrin-Thomys, aus Hinterweidenthal in der Pfalz, beim Ausruhen auf einer Entspannungsbank mit Blick auf die Hochofengruppe - das ist der der Lieblingsplatz des Weltkulturerbe-Direktors Meinrad Grewenig, laut dessen eigener Auskunft. "Könnte auch unser Lieblingsplatz werden", sagen die beiden Pfälzer, die ebenfalls "mindestens einmal im Jahr" den Weg nach Völklingen finden.

Die Urban-Art-Ausstellung kommt gut an, auch bei Jugendlichen. "Mir gefällt, dass ich hier so viele Kunst sehen kann", freut sich Max Scherf. Seine älteren Schwestern gehen ins Detail. Veronique Scherf sagt: "Bin total überrascht, wie toll die beteiligten Künstler Gefühle darstellen." Vanessa Scherf findet: "Bin froh, dass hier die Graffiti-Kunst einmal aus ihrer Schmuddelecke heraus geholt und in einem passenden Ambiente präsentiert wird."

Man kann fachsimpeln und plaudern. Über Technik, über Kunst, über Vergänglichkeit ("Wie muss das früher hier ausgesehen haben, als noch 40 000 Menschen hier gearbeitet haben", sagt einer - nun gut, so viele waren es nie, zu Hoch-Zeiten hatte die Hütte 17 000 Mitarbeiter), über Natur. "Guck dir mal diese Farben an, die frischen Blätter, die Kirschblüten, den Rost der Anlagen, das Betongrau der Gebäude, ein schönes Spiel von Licht und Schatten": Hobbyfotograf Joachim Dincher weist auf Motive hin, die er gefunden hat. Fotografiert wird in der Tat viel, mit Smartphones und auch mit Spiegelreflexkameras. "Wir nicht, wir sind müde und wollen jetzt picknicken", sagt ein Trupp Saarlouiser, die per Fahrrad nach Völklingen gekommen sind und nun belegte Brote mit frisch gezapftem Bier genießen. "Vergess' awwa de Schnaps nidd!", sagt Hüttenführer Kirsch lachend, "der geheerd zum ordentlichen Hiddenfrühstück dazu."

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Geöffnet ist das Weltkulturerbe Völklinger Hütte während der Sommersaison täglich von zehn bis 19 Uhr. Der Eintritt kostet 15 Euro, ermäßigt 13 Euro; Kindern, Jugendlichen bis 18 Jahre beziehungsweise Studenten mit Ausweis wird freier Eintritt gewährt (Kinder bis 14 brauchen als Begleitung einen Erwachsenen). Die Jahreskarte für Erwachsene kostet 32 Euro. Für Schulklassen gibt es auf Nachfrage Sonder-Konditionen. www.voelklinger-huette.org .

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