Ein Wesen, das schön singen kann

Ludweiler. "Sie können mich kennenlernen, Sie können erfahren, wo ich wohne, und Sie können auch hören, wie schön ich singen kann": Diese freundliche Einladung, im Internet zu finden, lässt auf ein liebenswertes, bescheidenes Lebewesen schließen

Ludweiler. "Sie können mich kennenlernen, Sie können erfahren, wo ich wohne, und Sie können auch hören, wie schön ich singen kann": Diese freundliche Einladung, im Internet zu finden, lässt auf ein liebenswertes, bescheidenes Lebewesen schließen. Dieser erste Eindruck bleibt erhalten, wenn man mit den Mitgliedern des Fördervereins der Stumm-Orgel in der Ludweiler Hugenottenkirche spricht - sie lassen auf ihrer Homepage die Orgel zu Wort und Klang kommen. "Es ist schade, dass viele Ludweiler noch nicht realisiert haben, welchen Schatz sie mit dieser Orgel in ihrem Ort besitzen", so Ulrich Poprawka, Leiter der Gesamtschule Ludweiler und Vereins-Schatzmeister. Die Geschichte von Orgel und Kirche ist abenteuerlich. Und verzweigt, sie reicht bis in die USA - aber der Reihe nach. Bekanntlich mussten viele französische Protestanten - das Wort "Hugenotten" war ein Spottbegriff - im 16. Jahrhundert vor religiöser Verfolgung aus Frankreich fliehen. Graf Ludwig II. von Nassau-Saarbrücken erlaubte den Flüchtlingen, sich im Warndt anzusiedeln, wo sie das Dorf Ludwigsweiler gründeten. Nach Zerstörungen und Wiederaufbau erhielt ihre Kirche 1786 ihre Form, die im Wesentlichen bis heute erhalten ist. Die Orgel wurde 1857 von den Gebrüdern Stumm in Rhaunen bei Birkenfeld nach dem Vorbild der Silbermann-Orgeln gebaut. Nachdem Presbyteriums-Mitglieder sie auf zwei Leiterwagen in fünftägiger Reise nach Ludweiler transportiert hatten, stellte Friedrich Stumm sie im Mai 1857 in der Kirche auf. 93 Jahre lang erfreute sie störungsfrei Musikfreunde und Gläubige. Bis 1950. Damals ließ man eine Orgelbaufirma zur "Renovierung" auf die Stumm-Orgel los, und das "modernisierte" Instrument konnte danach nur noch ein müdes, beiläufiges Klangbild bieten. "Sie war verhunzt", resümiert Poprawka. 1994 musste sie stillgelegt werden. Aber vor zwölf Jahren erhielt die Orgelbauwerkstatt Rainer Müller aus Odernheim den Auftrag, die Orgel zu restaurieren und dem Originalkonzept so weit wie möglich anzunähern. Das gelang. Die innere Konstruktion - komplett mechanisch - und das äußere Erscheinungsbild entsprechen wieder ganz dem Stumm-Geist. Die Intonation der 1475 historischen Pfeifen und das neue Schwellwerk ergeben ein rundes, warmes Klangbild. Wie 1857 benötigt die Orgel nicht unbedingt Elektrizität, um gespielt zu werden: Sie kann auch per Fußbetrieb mit Wind versorgt werden. Organist Christoph Keller, künstlerischer Leiter des Fördervereins (der sich noch weitere Mitglieder wünscht), deutet auf einen Knopf neben dem Spieltisch: "Kalkantenruf". Er drückt drauf, und auf dem Dach der Kirche ertönt ein Trompetensignal: "Jetzt weiß der Balgtreter, wann er loslegen oder stoppen muss." Und was ist nun das Besondere an dieser Orgel? Keller überlegt: "Der Klang ist einfach edel", sagt er, "feinste Sahne." Besonders gut kann diese Orgel Musik des Barock und der Romantik "singen".Und warum kommt am Sonntag, 25. Juli, ein Amerikaner extra nach Ludweiler zum Konzert? Auch historisch bedingt, sagt Keller. Viele Hugenotten wanderten von Ludweiler nach Amerika aus, Grand Rapids im US-Staat Michigan wurde ein Ludweiler 2. Die Uni dort heißt "Calvin College", und familiäre Bande über den Atlantik hinweg werden bis heute gepflegt. "Brian Bartusch kommt ein paar Tage vor dem Konzert, er muss sich an die Orgel gewöhnen", sagt Keller. Amerikanische Orgeln hätten nämlich einen anderen Charakter: "Organistensessel mit Arm- und Rückenlehnen, alles elektrisch oder digital, viel Glanz und Glitzer." Kontakt: Förderverein Kirchenmusik Warndt e. V., Ursula Kläser, Lauterbacher Str. 162, 66333 Völklingen.

Auf einen BlickAm Sonntag, 25. Juli, 17 Uhr, gibt Brian Bartusch, Organist aus Grand Rapids, Michigan, USA, in der Hugenottenkirche Ludweiler ein Konzert. Er spielt auf der historischen Stumm-Orgel Werke von Johann Sebastian Bach und Felix Mendelssohn-Bartholdy. Der Eintritt kostet zehn, ermäßigt sieben Euro. kük

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort