Die Zeiten der Grabenkämpfe sind vorbei

Völklingen · Nicht nur die evangelischen Christen blicken voraus auf 2017, das Jubiläumsjahr der Reformation. Längst haben sich die Katholiken mit dem Kirchenmann Martin Luther ausgesöhnt. Auch in Völklingen feiert man gemeinsam.

 Hier schlägt Joseph Fiennes in der Rolle des Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg – eine Szene aus dem Film „Luther“, der am 28. Oktober in der Völklinger Versöhnungskirche gezeigt wird. Der Reformator wird als jugendlicher Rebell gezeigt, der die mächtigsten Herrscher seiner Zeit herausfordert. Foto: dpa

Hier schlägt Joseph Fiennes in der Rolle des Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg – eine Szene aus dem Film „Luther“, der am 28. Oktober in der Völklinger Versöhnungskirche gezeigt wird. Der Reformator wird als jugendlicher Rebell gezeigt, der die mächtigsten Herrscher seiner Zeit herausfordert. Foto: dpa

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"Jahrhundertelang galt Martin Luther den Katholiken als Urheber allen Übels, seit er seine Thesen an die Kirchentüre in Wittenberg schlug", sagt Andreas Mehs, Organist der katholischen Kirche St. Eligius. Er ist gemeinsam mit Pfarrerin Rita Wild von der Versöhnungskirche zum Gespräch in die Redaktion gekommen. Am 31. Oktober 2017 wird es 500 Jahre her sein, dass der eigenwillige Kirchenmann Luther die Reformation in Deutschland anstieß, die letztlich zur Spaltung des westlichen Christentums in unterschiedliche Konfessionen führte.

Der Zorn der Katholiken sei aber längst verraucht, meint Mehs: "Wir sind froh, dass die Zeiten der erbitterten Grabenkämpfe vorbei sind. Wir gehen aufeinander zu." Wild nickt, weist aber auch auf Unterschiede hin: "Frauen können kein Weiheamt in der katholischen Kirche haben." Auch das Abendmahl könne nicht zusammen gefeiert werden. "Das tut mir weh", sagt Wild. Da müsse man aber Respekt haben vor dem, was nicht geht. Den gemeinsamen Nenner haben sie bei Luther gefunden: "Der hat gesagt, Christus soll im Mittelpunkt stehen", zitiert Wild.

Zum bevorstehenden Jubiläum haben beide Kirchen gemeinsam ein ökumenisches Reformationsprogramm auf die Beine gestellt. Seit anderthalb Jahren, berichtet sie, trifft man sich regelmäßig einmal monatlich. Mehrere Gruppen arbeiten an unterschiedlichen Themen. Wobei der Reformationstags-Jubiläumskalender - "ein toller Zungenbrecher", sagt Wild lachend - bereits jetzt im Oktober anfängt. Ein Höhepunkt ist sicherlich der Jugendgottesdienst um 18 Uhr in der Versöhnungskirche am Montag, 31. Oktober. Ausschnitte aus dem Film "Luther" werden gezeigt. Anschließend gibt es den Film in voller Länge bis 22 Uhr. "Er ist ab zwölf Jahren freigegeben, eine Szene zeigt, wie ein Ketzer verbrannt wird - nichts für jüngere Kinder", berichtet Wild.

Ein vielversprechendes Konzert gibt es am Samstag, 28. Januar, ebenfalls in der Versöhnungskirche. Die A-Capella-Band Viva Voce tritt mit ihrem neuen Programm auf, das in Hinblick auf das Lutherjahr entwickelt wurde, Titel "Ein Stück des Weges". "Es sind nicht unsere Heidstocker", erklärt Wild, sondern fünf männliche Solisten, die sich bereits in der Musikwelt einen Namen gemacht haben. Am 11. Februar steht ein "Planspiel Reformation" im Gemeindezentrum Heidstock an. "Unsere Jugend, Messdiener, Konfis, teilt sich in Gruppen auf, in Händler, Reformatoren, König, Fürsten, Bauern, und spielt Luthers Zeit nach, Ende offen." Über das Jahr verteilt wird es immer wieder Liedpredigten geben, denen jeweils Texte und Lieder von Luther zugrunde liegen. Nach Beispielen befragt, fällt die Antwort unterschiedlich aus. Katholik Mehs nennt "Vom Himmel hoch", Rita Wild, evangelische Pfarrerin, "Ein feste Burg ist unser Gott". Kultusminister Ulrich Commerçon (SPD ) wird am 29. April eine Predigt halten. Im Juni gibt es ein zweitägiges Kirchenfest mit Beteiligung aller sieben katholischen Völklinger Gemeinden.

Über den ganz großen Paukenschlag muss das ökumenische Duo Wild/Mehs noch nachdenken, die Nacht der Reformation von 20 bis 24 Uhr am Dienstag, 31. Oktober 2017. Nur eines weiß Rita Wild genau. In "ihrer" Kirche predigt sie morgens um zehn Uhr im Dialog mit Pfarrer Thomas Weber von der Eligiuskirche. Und: "Bundesweit gibt es einen Feiertag, das ist einmalig." Ein Herzenswunsch wäre, dass der neue Platz vor der Versöhnungskirche Martin-Luther-Platz heißen soll, zum Jubiläum hin: "Wir sind mit der Stadt in Verhandlung."Am 31. Oktober 1517 nagelte Martin Luther seine Thesen ans Tor der Schlosskirche zu Wittenberg. "Das war die damalige Art, eine Diskussion in Gang zu bringen", erläutert Völklingens evangelische Pfarrerin Rita Wild.

"Heute hätte Luther das Internet benutzt", meint ihr Mitstreiter bei der Organisation des Lutherjahres, Andreas Mehs, Organist an der (katholischen) Eligiuskirche. Dort würde der Reformator mit seiner damaligen Hammer- und Nagel-Technik wohl am massiven Beschlag der Bronzetüren scheitern. An der evangelischen Versöhnungskirche sind dagegen die Türen noch aus Holz, "aber wir haben sie gerade frisch gestrichen", sagt Pfarrerin Wild schmunzelnd.

 Harmonisch bis hin zur Geste: Die evangelische Pfarrerin Rita Wild und Andreas Mehs, Organist und Kantor an der katholischen Kirche St. Eligius, beim Gespräch in der SZ-Redaktion. Foto: jenal

Harmonisch bis hin zur Geste: Die evangelische Pfarrerin Rita Wild und Andreas Mehs, Organist und Kantor an der katholischen Kirche St. Eligius, beim Gespräch in der SZ-Redaktion. Foto: jenal

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 Ihre Konfirmanden erhalten von Rita Wild alle den Martin Luther in Playmobil-Format. Foto: Playmobil

Ihre Konfirmanden erhalten von Rita Wild alle den Martin Luther in Playmobil-Format. Foto: Playmobil

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 Auf der Wartburg in Eisenach übersetzte Martin Luther das Neue Testament vom Griechischen ins Deutsche. Foto: Thüringen Tourismus

Auf der Wartburg in Eisenach übersetzte Martin Luther das Neue Testament vom Griechischen ins Deutsche. Foto: Thüringen Tourismus

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 Martin Luther, hier das berühmte Porträt von Lukas Cranach dem Älteren. Foto: DPA

Martin Luther, hier das berühmte Porträt von Lukas Cranach dem Älteren. Foto: DPA

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Luther hatte noch kein Internet, konnte aber die frisch erfundene Technik des Buchdrucks zur Verbreitung seiner Gedanken nutzen. Ein weiteres Erfolgsgeheimnis Luthers war laut Mehs, dass er auf Deutsch als die Sprache des Volkes setzte. Dies reichte von seiner Bibel-Übersetzung bis hin zu Kirchenliedern, die bis in die heutigen Tage gesungen werden.

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