90 Jahre Völklinger Versöhnungskirche Die Nachfolgerin des „Kirchleins an der Saar“

Völklingen · 90 Jahre evangelische Versöhnungskirche Völklingen waren am Samstag  Anlass für ein schönes Konzert und eine gelungene Ausstellung zur Geschichte des Gotteshauses.

 Einweihung der Völklinger Versöhungskirche am 13. Mai 1928: Diese Aufnahme zeigt die Schlüsselübergabe an den damals ortsältesten Pfarrer Max Lentze. Der Treppenaufgang ist noch original erhalten.

Einweihung der Völklinger Versöhungskirche am 13. Mai 1928: Diese Aufnahme zeigt die Schlüsselübergabe an den damals ortsältesten Pfarrer Max Lentze. Der Treppenaufgang ist noch original erhalten.

Foto: Versöhnungskirchengemeinde Völklingen/Archiv Versöhnungskirchengemeinde

„Tut mir auf die schöne Pforte!“, singt die Gemeinde. Das war am 13. Mai 1928, vor der neuen Völklinger Versöhnungskirche. Noch fehlen Turmuhr, Taufbecken, Glocken, Orgel, Deckengemälde, aber die Dimensionen der neuen Kirche sind beeindruckend. 1300 Sitzplätze, elliptisch angeordnet, die hohe Kuppel, Säulen, Pilaster, Rundgang – ein imposantes Bauwerk ist entstanden.

Jetzt, zum Jubiläum, hat Pfarrer in Ruhe Horst Heyl die Geschichte der Versöhnungskirche recherchiert und in einer beachtlichen Ausstellung mit vielen historischen wie zeitgemäßen Dokumenten belegt. Seine Geschichte beginnt mit dem Vorgängerbau, dem so genannten Kirchlein an der Saar, auch als „königliche Kirche aus karolingischer Zeit“, beziehungsweise als Martinskirche bekannt. Ihre Anfänge gehen auf das neunte Jahrhundert zurück, sie soll auf Initiative von Ludwig dem Frommen, einem Sohn Kaiser Karls des Großen, entstanden sein. Doch 1922 wurde das Kirchlein an der Saar durch Feuer zerstört.

An einen Neubau an gleicher Stelle war, trotz 1000-jähriger Geschichte, kaum zu denken. Zu sehr habe der Lärm der damals richtig in Schwung gekommenden Eisenbahnlinie die Gottesdienste gestört, so dass der Pfarrer bei Preidigten manchmal sein eigenes Wort nicht verstanden habe, lesen wir in der Chronik.

Der Bau der neuen Versöhnungskirche ging flott voran. Das belegt Pfarrer Heyl in seiner Ausstellung. Spatenstich ist am 10. Mai 1926, genau zwei Jahre später wird die Kirche geweiht. In der Folge entsteht die große Walcker/Schuke-Orgel mit drei Manualen, einem Pedal, 57 Registern, 5000 Pfeifen und sehenswertem Prospekt (Schauseite der Orgel), ein Instrument, das von dem bekannten Kirchenmusikdirektor Karl Rahner in höchsten Tönen gelobt wurde als „Zierde für Völklingen und Vorbild für den Orgelbau im ganzen Saarland“.

Über das imposante Deckengemälde in der Kuppel gehen die Meinung auseinander. Das von Waldemar Kolmsperger dem Jüngeren geschaffene Gemälde zeigt die Kraft des Kreuzes und des Evangeliums, zeigt auch Mitglieder der Stifterfamilie Röchling und symbolisiert mit einem zum Licht auffliegenden Adler, dem ein Engel den Weg weist, die damals von vielen erhoffte Rückgliederung des Saargebietes ans Deutsche Reich. Ein Hingucker ist das Deckengemälde aber bis zum heutigen Tag ohne weiteres geblieben, vorausgesetzt, man verfügt über eine kräftige Nackenmuskulatur, um lange genug nach oben zu blickenn. Pfarrer Heyl widmet sich in seiner Ausstellung auch den Außenansichten der Versöhnungskirche mit ihrem Relief „Gott segne das Weltall“, ihren Figuren „Barmherzigkeit, Treue, Arbeit, Liebe, Pelikan.“

Heyl zeigt auch auf, was die Versöhnungskirche heute alles ist, „ein Ort für Gottesdienste, Ausstellungen, Feste, Konzerte.“ Und exakt mit einem solchen Konzert würdigte der Freundeskreis für Musik in der Versöhnungskirche unter seinem neuen Vorsitzenden Knut Mayer das Jubiläum. An der Orgel, beziehungsweise am Cembalo gab es ein von den rund 70 Besuchern begrüßtes Wiedersehen mit dem früheren langjährigem Kantor Reinhard Ardelt, der heute an der Musikakademie Kassel tätig ist. „O ja, die Wiedersehensfreude ist auch auf meiner Seite groß“, sagt Ardelt.

Gemeinsam mit seinem Partner Johannes Berengar Weber (Cello und Viola da Gamba) entwickelt Ardelt in den folgenden 90 Minuten einen musikalischen Querschnitt vom Barock über die Romantik zur Moderne. Nein, die mächtigen Mauern der Versönungskirche lassen sich von diesem „pfingstlichen Brausen“ einer Bach-Fantasia „Komm, heilige Geist, Herre Gott“ nicht erschüttern, beim Publikum kommt das Vorspiel dennoch gut an.

Ob bei den „Geistlichen Tänzen“ des 1950 geborenen Enjott Schneider, anspruchsvollen Duetten für Orgel und Violoncello von Marcel Dupré, Edvard Grieg und wieder von Johannn Sebastian Bach – selten hat man die Dialoge zwischen den so unterschiedlichen Instrumenten in dieser Farbigkeit erlebt. Weber & Ardelt bringen Jubel, Melancholie, Lebhaftigkeit, Dramatik, Beschwingtheit zum Schwingen, dafür gibt es viel Applaus!

 Ein Blick von der rundum laufenden Empore in den Innenraum der Versöhnungskirche mit der Orgel im Mittelpunkt.

Ein Blick von der rundum laufenden Empore in den Innenraum der Versöhnungskirche mit der Orgel im Mittelpunkt.

Foto: Oliver Dietze
 Reinhard Ardelt.

Reinhard Ardelt.

Foto: Oliver Dietze

Die Ausstellung, so Knut Mayer, sei noch einige Zeit während der Gottesdienste präsent.

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