„Der Zopf Zölibat gehört abgeschnitten“

Völklingen · Der katholischen Kirche gehen die Priester aus. Liegt das vielleicht am Gebot der Ehelosigkeit, dem so genannten Zölibat? Das Zentralkomitee der Katholiken als namhafte Laienorgansation der Kirche glaubt das und fordert, nicht zum ersten Mal, eine Abkehr vom Zölibat. Wie denken Menschen in unserer Region darüber? Wir haben uns auf dem Völklinger Wochenmarkt umgehört.

 Viel Raum – aber menschenleer: Blick in die katholische Kirche St. Eligius in der Völklinger Innenstadt. Foto: Jenal

Viel Raum – aber menschenleer: Blick in die katholische Kirche St. Eligius in der Völklinger Innenstadt. Foto: Jenal

Foto: Jenal

"Hab' ich schon immer gesagt: Das Zölibat gehört abgeschafft. Knallhart! Und zum Priesteramt sind natürlich auch Frauen befähigt, oder nicht?" Sagt Erich Rach und knufft seine Partnerin Helge Kipper freundschaftlich. Kipper selbst sieht die Dinge skeptischer: "An eine Frau am Altar müsste ich mich erst mal gewöhnen. Aber der Zopf Zölibat gehört endgültig abgeschnitten." Dietmar Rach, Begleiter des Völklinger Paares, ergänzt: "Von mir aus können die machen, was sie wollen. Machen die ja sowieso! Ich geh' selbst ja nicht so oft in die Kirche, obwohl ich am Heiligen Abend geboren bin. An der Abschaffung des Zölibates führt meiner Meinung nach aber kein Weg vorbei."

"Alles so lassen, wie es ist. Ob das Zölibat abgeschafft wird oder nicht, ob Frauen zu Pastoren geweiht werden oder nicht - an der katholischen Kirche ändert sich sowieso nichts, das hat alles andere Gründe", sagt Anja Salm. Welche? Salm zuckt die Schultern: "Kann ich nicht so genau beurteilen." Wilhelm Pusse sagt: "Weg mit dem Zölibat ! Diese Forderung lässt sich auf Dauer in der Kirche nicht mehr aufhalten."

Hans Brehm glaubt, dass viele katholische Priester ohnehin ein Verhältnis zu einer Partnerin unterhalten, ohne verheiratet zu sein. Brehm: "Das ist doch normal und menschlich." Sollten Frauen zu Priestern geweiht werden dürfen? "Auch dieser Sache stehe ich positiv gegenüber. Wir haben ja heute schon viele Frauen im kirchlichen Dienst, die ihre Sache sehr gut machen. Ich rede von Gemeinde- und Pastoralreferentinnen", so Brehm.

Werner Kasper hält das Gebot der Ehelosigkeit von Priestern für dringend reformbedürftig: "Sonst gehen der katholischen Kirche am Ende die geistlichen Herren noch ganz aus." Ohnehin, meint Kasper, könnten Pastoren ihre Arbeit wahrscheinlich besser ausführen, wenn sie verheiratet wären und Kinder hätten. Die Debatte werde seiner Meinung nach sowieso etwas scheinheilig geführt, denn: "Viele haben ja eine Partnerin, auch ohne Trauschein." Zum Thema "Frauen an den Altar" merkt Kasper an: "Natürlich können die das Priesteramt genauso gut ausüben wie Männer. Die evangelische Kirche macht uns das schon immer vor." Sein Fazit lautet: "Wenn die Kirchenoberen sich unbedingt ihr eigenes Grab schaufeln wollen, sollen sie nur an den alten Zöpfen festhalten. Dann erledigt sich das Thema von alleine." Von Berufs wegen beschäftigen sich zwei Frauen aus der Region viel mit kirchlichen Fragen. Christiane Blatt , Ortsvorsteherin von Ludweiler, ist Mitglied des saarländischen Landtages (MdL) in der SPD-Fraktion , deren kirchenpolitische Sprecherin und selbst evangelisch. "Dieser Vorschlag des Zentralkomitees ist aus der Not heraus geboren", sagt Blatt. Dass deutschlandweit im vergangenen Jahr, wie vermeldet, nur noch 58 Männer zu Priestern geweiht worden sind, sei schon eine ernüchternde, um nicht zu sagen erschreckende geringe Anzahl. "Schon deswegen bin ich auch dafür, das Zölibat zu lockern, um die Kirche wieder zukunftssicherer zu machen. Und natürlich bin ich ebenfalls dafür, auch Frauen zu weihen. In der evangelischen Kirche funktioniert das bestens, warum nicht auch hier?"

Das sieht die Christdemokratin Gisela Rink aus Fürstenhausen, katholisch, ebenfalls MdL und Vorsitzende des Familienbundes im Saarland, ähnlich. Sie sagt: "Sowohl beim Zölibat als auch beim Thema Frauen muss die Kirche sich bewegen." Man müsse natürlich wissen, dass das Priesteramt unter Umständen auch mit den Interessen einer Familie kollidieren könne. Aber, so Rink: "Das ist in anderen Berufen ja genauso, beispielsweise bei Ärzten." Und sie fügt an: " Ich selbst übe als Politikerin einen Beruf aus, in dem es sehr auf die Abstimmung mit dem Partner ankommt. Und fragen Sie mal eine Gemeindereferentin oder eine Pastoralrefentin! Die sind am Wochenende oder an den Feiertagen auch beruflich stark eingespannt und haben gleichzeitig meist auch eine Familie. Das kann man alles regeln!"

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Hintergrund Das Wort Zölibat geht auf den lateinischen Begriff caelebs (unverheiratet) zurück. Die christliche Frühkirche kannte die Ehelosigkeit von Priestern noch nicht. Dieses Gebot wurde erst vom so genannten Zweiten Laterankonzil in Rom im Jahre 1139 eingeführt. In der Neuzeit, etwa beim Zweiten Vatikanischen Konzil von 1962 bis 1965 oder in Verlautbarungen verschiedener Päpste seither, wurde bisher nicht erkennbar, dass die Führung der katholischen Kirche am Gebot der Ehelosigkeit von Priestern rütteln möchte. et

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