Kolumne Der Tag der Heuschrecken

Mit Immobilien-Spekulanten hat Völklingen schmerzliche Erfahrungen, vom Kaufhof-Areal bis hin zum Bahnhof Luisenthal. Jetzt haben Heuschrecken den Woolworth-Bau für sich entdeckt.

Kolumne: Der Tag der Heuschrecken
Foto: SZ/Robby Lorenz

Am Samstag ist der Tag des Toilettenpapiers. Kein Witz – eine Firma, die feuchte Blätter für die Hygiene am Allerwertesten produziert, hat diesen Tag tatsächlich ausgerufen. Am vorigen Samstag war Tag der Kartoffel. Auch kein Witz. Wobei da unklar ist, wer den proklamiert hat; auf jeden Fall ist eine deutsche Organisation für Kartoffel-Marketing begeistert aufgesprungen auf den Zug, der irgendwann, irgendwo in den USA losgerollt ist.

Derlei Tage des X, des Y oder des Z werden gerne in die Welt gesetzt von Leuten, die Interesse dran haben, dass andere sich mit X, Y oder Z befassen. Denn Produkte, an die sich Konsumenten erinnern, haben bessere  Marktchancen. Und die Marketing-Fuzzys strampeln sich ordentlich ab, uns X, Y oder Z ins Hirn zu hämmern.

Das nervt. Mein Kopf gehört mir, ich entscheide selber, woran ich  denken will. Ich setze mal einen neuen „Tag des...“ dagegen. Da geht’s um etwas, das, weil unschön, leicht vergessen wird. Das aber, weil es Auswirkungen hat auf viele Menschen, aus nebulösem Hintergrunddunkel ins Licht gerückt gehört: die Heuschrecken.

 Gemeint sind nicht die Krabbeltiere. Sondern die nach ihnen benannten Spekulanten. Sie kommen ungefragt eingeflogen, dank der freien Mobilität ihres Geldes. Setzen sich durch den Kauf von Aktien, Firmenanteilen, Immobilien irgendwo fest. Fressen kahl – sprich: räumen Profit ab – und ziehen weiter. Ohne Blick zurück: Was mit den Firmen, Bauten, Kommunen passiert, in denen sie gefuttert haben, ist ihnen egal. Ihnen geht’s nur um die eigene Sättigung. Und die suchen sie auf beliebige Art, wo immer sich Gelegenheit bietet.

Manchmal klappt’s nicht mit dem Profit. Zum Beispiel bei den Heuschrecken-„Investoren“, die es mit dem ehemaligen Völklinger Kaufhof probiert haben. Doch auch wo Heuschrecken hungrig abziehen, hinterlassen sie Schaden: Die Stadt hat jahrelange Verzögerungen bei ihrer Innenstadt-Entwicklung zu beklagen. Jetzt sind Immobilien-Heuschrecken am Woolworth-Bau zugange. Schaumermal, was draus wird.

Heuschrecken-Aktionen sind legal (leider), man kann nichts dagegen tun. Aber man kann dran denken und drüber reden. Das mögen sie gar nicht, Transparenz ist nicht ihr Ding. Machen wir also jeden Tag zum Tag der Heuschrecken – in der stillen Hoffnung, dass Öffentlichkeit, auf lange Sicht gesehen, Heuschrecken schreckt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort