Der Metzger mit der Fliege
Völklingen · Noch mehr als Gebäude prägen Menschen das Gesicht von Völklingen. Zu ihnen gehört auch Eric Hachenthal, der seine Kunden in seiner Feinkostmetzgerei in der Poststraße nicht nur mit frischer Salami empfängt.
Wo in Völklingen kann man an einem normalen Werktag einen Mann mit einer Fliege am Hals sehen? Nein, nicht mit einem gewöhnlichen Insekt, sondern mit einer edlen Mick, einem klassisch-dezenten Riwwer-un-niwwer! Nun, dieser selten gewordene Anblick ist möglich in der oberen Poststraße, Hausnummer 68, in der Feinkostmetzgerei Hachenthal. Hier leitet Eric Hachenthal (51) bereits in der dritten Generation das Geschäft, das - neben der Pferdemetzgerei Niebes in der Poststraße 38 - zu den einzigen inhabergeführten Fleischereigeschäften der Stadt gehört.
"Früher gab es in Völklingen rund 20 Metzgereien", erinnert sich Hachenthal, "man konnte von der einen schon die nächste sehen." Diese Läden waren meist in Eckhäusern, sie gehörten Metzgern, die noch selbst geschlachtet haben, und die den Kunden mit riesigen Messern das gewünschte Schnitzel oder Kotelett aus großen Fleischstücken heraustrennten, die im Hintergrund des unbeheizten Verkaufsraumes hingen.
Hachenthals Großvater Robert eröffnete sein Geschäft 1919 Ecke Berg- und Hirtenstraße, dessen Sohn Hugo zog dann in die Poststraße um, wo Eric Hachenthal dann ab 1982 als Geselle mitarbeitete. "Ich habe meinen Beruf von der Pike auf gelernt", berichtet Hachenthal, "und eine Affinität zur Branche hat mich wohl auch zu meiner Frau geführt." Als die beiden sich kennenlernten, wusste er nämlich zunächst nur, dass sie Bankkauffrau war, und erfuhr erst später, dass sie aus einer Metzgerfamilie stammt.
"Mein Vater hat mir von Anfang an freie Hand gelassen", erinnert er sich, "obwohl meine Vorstellungen für den alteingesessenen Obermeister sicher am Anfang nicht leicht zu verkraften waren." Aus dem traditionell weiß-sterilen Verkaufsraum wurde ein freundlich und einladend gestaltetes Geschäft mit halbrunder Theke, in der Fleisch und die - zu 90 Prozent selbst hergestellten - Wurstwaren angeboten werden. Und wer ausnahmsweise mal Schlange stehen muss, darf ringsum branchenfremde Zutaten wie Marmeladen, Gebäck und Shakespeare-Zitate betrachten, alles zusammen ein durchaus Fliege-konformes Ambiente. Zwei Mal pro Woche wird auch Kuchen vom Hobbybäcker-Chef des Hauses angeboten.
Neben Eric Hachenthal, seiner Frau Henni und Tochter Lisa lassen hier weitere 13 Leute die Hände rund gehen, denn jeden Tag muss das Mittagsmenü für maximal fünf Euro zum Mitnehmen bereitstehen, und dazu wird ja noch der Partyservice angeboten. "Unsere größte Bestellung bisher war eine Lieferung für 500 Menschen", sagt Hachenthal, und so kommt es, dass er manchmal umdenken muss: "Gestern Abend sagte meine Frau, ich soll ihr doch bitte einen kleinen Salat machen, und da musste ich erst umdenken: keine Berechnung von x Kilo Zutaten, sondern diesmal nichts weiter als einen kleinen Salat."
Tochter Lisa, die das Familienunternehmen weiterführen wird, hat letzte Woche geheiratet. War da der elterliche Partyservice wieder zu Hochform aufgelaufen? "Nein, nein", winkt Eric Hachenthal ab, "wir haben nur ein Kind, und bei dessen Hochzeit arbeiten wir nicht, sondern haben in Ruhe gemeinsam gefeiert." Aber eine Komponente des Familienbetriebes kam dabei doch zum Einsatz: nämlich die allerschönste aller Fliegen aus dem Hachenthal'schen Kleiderschrank.