„Bei uns ist schon viel zu viel reglementiert“

Völklingen · Da sind sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Völklingen einig: Nach Feierabend stört man höchstens mal in einem echten Notfall. Umstritten ist, ob man nun dafür ein Gesetz braucht und ob nicht Fingerspitzengefühl genügt.

SPD-Chef Sigmar Gabriel plädiert für Feierabend ohne E-Mails oder Anrufe vom Chef. Er fordert ein "Recht auf Feierabend" für die Arbeitnehmer in der gesamten Bundesrepublik. Wir haben uns bei Bürgern in Völklingen umgehört, ob ein Gesetz, welches den Feierabend der Arbeitnehmer schützt, eine Lösung wäre.

"Also das befürworte ich absolut", so Nathalie Sprawke, Rechtsanwaltsfachangestellte aus Völklingen . "Ich habe damit schon selbst negative Erfahrungen gemacht. Das bisschen Zeit, das man abends für sich hat, sollte nicht gestört werden", betont die 36-Jährige. Um Anrufe und banale Fragen seitens des Chefs zum Feierabend zu umgehen, könne man einfach kurz vor Dienstschluss in einer kleinen Besprechung alle Einzelheiten durchgehen.

"Ich habe meinen Feierabend komplett für mich", erzählt Christiane Theisen (48) aus Völklingen . "Mein Chef ruft mich abends nie an, wobei ich nicht böse wäre, wenn er eine Frage hätte. Ich bin natürlich erreichbar für ihn", erklärt die Verkäuferin. "Für mich persönlich ist eine gesetzliche Regelung nicht notwendig, aber möglicherweise für andere schon. Ich weiß allerdings nicht so recht, was ich davon halten soll. Man sagt ja so schön, dass Gesetze da sind, um sie zu brechen. Jeder sollte die Privatsphäre des anderen respektieren."

"Höchstens einmal im Jahr" kommt es vor, dass Markus Hollecker einen seiner Angestellten nach Arbeitsende anruft. Und dann müsse es einen triftigen Grund geben. "Wir beseitigen in unserem Betrieb alle Unklarheiten vor Feierabend, so dass es zu einer solchen Situation gar nicht erst kommt", sagt der 31-jährige Geschäftsführer eines Orthopädiegeschäftes in Völklingen . "Ein geregelter und störungsfreier Feierabend ist für die Mitarbeiter sehr wichtig und darauf achte ich", betont er.

Apotheker Frank Weirauch hat des öfteren Bereitschaftsdienst und wird nicht selten nach dem regulären Feierabend angerufen. Dies gehöre zu seinem Beruf: "Hier geht es um den Dienst am Menschen, und das ist bei uns genau abgeklärt", so der 41-jährige Völklinger. "Ich kann mir die Änderung der Gesetzeslage für Menschen, die unnötig und häufig nach Dienstschluss gestört werden, durchaus vorstellen. Mich betrifft dies aber nicht, da es zu meinem Beruf gehört."

Ungereimtheiten nach Feierabend gibt es beim Blumenhaus Rupp in Völklingen nicht: "Wir machen regulär Schluss, und ich rufe dann auch keine Angestellten mehr an", betont Kläre Rupp, Inhaberin des Geschäftes. "Offene Fragen werden am nächsten Tag geklärt. Eine gesetzliche Regelung zum Feierabend befürworte ich an und für sich schon. Jedoch bin ich auch der Meinung, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bei den Einstellungsgesprächen darüber informieren könnte, ob er nach Feierabend erreichbar sein muss oder nicht. Nur, wenn diesbezüglich nichts abgeklärt wurde und der Arbeitnehmer sich gestört fühlt, sollte er sich auf ein Gesetz berufen können", erklärt die 60-Jährige.

Verwaltungsfachwirt Stefan Peter aus Völklingen hält nichts von der Regelung: "Notwendig wäre es im Prinzip schon. Jedoch bezweifle ich, dass dieses Gesetz zu kontrollieren ist. Wie soll das funktionieren?", fragt der 47-Jährige. Er meint, die Tarifparteien und Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen dies untereinander abklären. In Deutschland sei schon viel zu viel reglementiert.

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