Raus aus der Sanierung Aus Rot mach’ Schwarz

Völklingen · Völklingens Stadtwerke sind raus aus dem Sanierungs-Status. Sie haben einstige Notkredite umgeschuldet und schreiben wieder schwarze Zahlen.

 Völklingens Stadtwerke – hier die Verwaltung in der Hohenzollernstraße – stehen nicht mehr unter Sanierungs-„Aufsicht“.

Völklingens Stadtwerke – hier die Verwaltung in der Hohenzollernstraße – stehen nicht mehr unter Sanierungs-„Aufsicht“.

Foto: BeckerBredel

„Sie werden sich gleich die Augen reiben“, prophezeit Michael Böddeker, Geschäftsführer der Völklinger Stadtwerke. In der Tat, die Mail, die wenig später folgt, hat es in sich. Die Stadtwerke, steht dort zu lesen, sind seit Jahresbeginn kein Sanierungsfall mehr. Sie haben den Sanierungskredit abgelöst, den die Saar-LB ihnen Mitte 2015 gewährt hatte – auf dem Höhepunkt der durch das Fischzucht-Debakel ausgelösten Krise, die das kommunale Unternehmen ums Haar in die Insolvenz geführt hätte. Und sie sind nun, so Böddeker, „für die nächsten zehn Jahre solide und zu attraktiven Konditionen ausfinanziert“.

Schuldenfrei sind die Stadtwerke damit natürlich nicht, Goldesel gibt es nur im Märchen. Aber sie haben es geschafft, neue Kreditgeber zu finden. Am freien Kapitalmarkt, also ohne „politischen“ Bonus, rein auf wirtschaftlicher Basis. Dass das gelang, verdankt sich zuvor verborgenen Schätzen: Es sei gelungen, erläutert Böddeker im SZ-Gespräch, „stille Reserven zu heben“.

Was das heißt, macht er mit einem Häuslebauer-Beispiel anschaulich.  Nehmen wir an, jemand hat vor 30 Jahren für 100 000 D-Mark ein Haus erworben und Jahr um Jahr ein Prozent vom einstigen Kaufpreis abgeschrieben. Also steht das Haus heute mit einem Wert von 70 000 Mark in der Bilanz. Nun wird es verkauft, für 200 000 Euro. Die Differenz zwischen Bilanzwert und heutigem Preis ist die stille Reserve. Mit dem Verkauf, bei dem der reale Marktwert zählt, hat der Hauseigentümer sie gehoben.

Auch bei den Stadtwerken gab es Böddeker zufolge Bilanzwerte, die  unter dem Marktwert lagen – nämlich für die Netz- und die Vertriebsgesellschaft, die kostbaren Filetstücke des Stadtkonzerns. Just die hatte man an die Saar-LB verpfänden müssen, als Sicherheit für den Sanierungskredit. Um die dort verborgenen stillen Reserven sicht- und nutzbar zu machen, war ein Verkaufs-Vorgang nötig. Dabei sollten die Preziosen tunlichst im Haus bleiben. Also lösten die Stadtwerke die Sache intern: Sie gründeten die Stadtwerke Völklingen Beteiligungsgesellschaft als 100-prozentige Tochter der Holding. Diese neue Firma kaufte der Holding ihre 64,8-Prozent-Beteiligung an der Netzgesellschaft ab sowie 15 der 64,8 Prozent an der Vertriebsgesellschaft (je 35,2 Prozent an Netz und Vertrieb gehören nicht-städtischen Partnern). Zum Marktpreis, den zuvor externe Gutachter ermittelt hatten.

Das gestattete nach getaner Tat eine Korrektur der Bücher. Und eröffnete den Stadtwerken Chancen bei der Suche nach neuen Kreditgebern, konnten sie doch nun selbstbewusst auf den realen Wert der kommunalen Unternehmen verweisen. Nein, die Konstruktion sei kein Taschenspielertrick, betont Böddeker: „Man braucht einfach einen Verkaufs-Vorgang, um die stillen Reserven zu heben.“

Warum die Stadtwerke den Sanierungskredit ablösen wollten? Erstens, sagt Böddeker, wollte man profitieren vom  derzeit niedrigen Zinsniveau – die Saar-LB hatte wegen der damals riskanten Lage des Stadt-Konzerns hohe Zinsen verlangt. Zweitens hatte sie harte Restrukturierungs-Forderungen in den Vertrag geschrieben. Plus strenge Berichtspflichten; und die, so Böddeker, hätten alle drei Monate hohen Personaleinsatz verlangt und kostspielige externe Prüfungen.

Die Restrukturierung war Ende 2016 weitgehend „durch“. Man schaute fortan aufs Umschulden. Die Zeit dafür war knapp: Zum Jahresende 2017 musste man den  Sanierungskredit entweder zurückzahlen oder verlängern. Komplizierte Verhandlungen mit Banken folgten. Regionale  Geldinstitute, sagt Böddeker, hätten allesamt abgewinkt, die in der Krise verlorene Reputation habe nachgewirkt. Aber am Schluss habe man wählen können zwischen zwei Kreditgebern. Und dabei zwei neue Darlehen aufgenommen, zusammen rund 35 Millionen Euro schwer. Das eine zur Ablösung des Sanierungskredits. Das zweite für die Netz-Gesellschaft, Ersatz für das bunte Darlehens-Gewirr, das im Laufe der Jahre gewachsen war. Mit rundum positivem Ergebnis (siehe „Auf einen Blick“).

 Stadtwerke- Chef Michael  Böddeker  

Stadtwerke- Chef Michael Böddeker  

Foto: BeckerBredel

Aufsichtsrat und Stadtrat hätten die Umschuldung voll mitgetragen und früh die nötigen Beschlüsse gefasst, berichtet Böddeker. „Wir haben sie aber auch gleich von Anfang 2017 an ins Boot genommen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort