Saar-Geschichte: Fähren Als es noch keine Saar-Brücken gab

Völklingen/Saarbrücken · Flüsse sind Transportwege. Und zugleich Hindernisse – Menschen müssen ja von einem Ufer zum anderen gelangen. Ehe es an der Saar Brücken gab, halfen Fähren. Der Heimatkundler Siegfried Bach hat ihrer Geschichte nachgespürt.

 Blick auf Völklingen vor gut 100 Jahren: Die lithografische Postkarte wurde am 24. April 1908 abgestempelt. Vorn links sieht man die Fürstenhausener Fähre über die Saar. 

Blick auf Völklingen vor gut 100 Jahren: Die lithografische Postkarte wurde am 24. April 1908 abgestempelt. Vorn links sieht man die Fürstenhausener Fähre über die Saar. 

Foto: Sammlung Josef Backes/ Siegfried Bach/Sammlung Josef Backes

„Von Fähren entlang der Saar“ heißt ein neues Buch des Wadgasser Heimatkundlers Siegfried Bach (82). Der erste Teil widmet sich dem Bereich von der oberen Saar bis nach Völklingen. Auf 295 Seiten erzählt der pensionierte Polizeibeamte von Pontonfähren und Brücken, von  Verpachtungsverhandlungen, Unglücken am Fluss und von einer Postkutschenfahrt, die von Völklingen nach Trier führte.

Als Lebens- und Verkehrsader der gesamten Region musste die Saar bereits zu früheren Zeiten immer wieder überquert werden. Brücken gab es nur wenige, an vielen Stellen sorgte der Fährmann fürs Übersetzen. In Bereichen, in denen der Fluss flach verlief, mit nur geringer Wassertiefe, ging es zu Fuß ans andere Ufer. Furten nannte man diese Stellen, die bei Hochwasser freilich nur schwer zu durchschreiten waren.

In vielen Archiven hat Bach recherchiert, unter anderem in dem der Stadt Völklingen. Ein halbes Jahr lang studierte er dort zwei bis drei Mal wöchentlich überwiegend handgeschriebene Akten, meist aus der Zeit ab 1800. Viele Fotos und historische Karten veranschaulichen seine Ausführungen.

Die Industrialisierung im 19. Jahrhundert führte zu einer größeren Nachfrage nach Fähren. „Gerade die Gruben, die Glas- und die Hütten-Industrie meldeten Bedarf an, weil sie für den Absatz ihrer Produkte auf unabhängige, gute und schnelle Beförderung angewiesen waren“, schreibt der Autor. In Völklingen wurden Fähren in Luisenthal, Fenne, Fürstenhausen und Wehrden betrieben.

In Luisenthal setzten Bergleute wohl schon vor 1810 mit einer Fähre über. Um einen besseren und schnelleren Transport zu gewährleisten, begann die Grube Gerhard in Luisenthal dann im Februar 1859 mit der Anlage einer Pontonfähre. Konzipiert war sie für ein Übersetzen von 200 Personen in zwei bis drei Überfahrten. Die stetige Zunahme des Verkehrs, das zeitintensive Übersetzen mit der Ponte und nicht zuletzt auch Unglücke, die immer wieder passierten, gaben schließlich Anlass dazu, dass von 1893 bis 1895 die erste Luisenthaler Saarbrücke gebaut wurde.

Die Fenner Fähre, die 1828 in Betrieb ging, lag unmittelbar neben der damaligen katholischen Kirche und verdankt ihren Ursprung der Glasmacherfamilie Raspiller aus L‘Hôpital. Die siedelte sich 1811 in Fenne an und errichtete eine Glashütte. Die Königliche Regierung zu Trier genehmigte den Antrag des Unternehmers Mathias Raspiller zum Betrieb einer „Ponten-Fähre“. Der Geschäftsmann wurde 1832 tot aus der Saar geborgen – er war wohl auf dem Heimweg von einer abendlichen Besprechung in den Fluss gefallen. „Erinnert wird an den Glashüttenbesitzer in den Klein‘schen Anlagen des Schillerparks in Völklingen mit einem Obelisken“, erläutert Siegfried Bach.

Von einer Fähre in Fürstenhausen wird erstmals 1422 berichtet. Manchmal gab es beim Übersetzen Ärger. Gestritten wurde etwa über den Preis. Oder über die Arbeitsauffassung der Fährleute. Der Heimatforscher beschreibt eine Beschwerde gegen den jungen „Fährknecht mit Namen Maier“. Anstatt den „auf dem Weg zur Hütte befindlichen Herrn Roos sofort überzusetzen“, begab er sich zunächst „in die nahe befindliche Gaststätte Maul, um sich dort eine Flasche Bier zu holen“. Der Autor berichtet auch von einem Flussdampfer, der 1914 in Fürstenhausen das Fährseil beschädigte. Es gab klare Vorgaben des Wasserstraßenamtes: „Wenn sich Dampfer oder gleichzustellende Motorboote der Fähre nähern, darf nicht übergesetzt werden.“ Im Januar 1915 öffnete die neue Brücke zwischen Völklingen und Fürstenhausen. Mit der Einstellung des Fährbetriebs wurde der Fährmann zum Brückenwärter. Per Inserat im Völklinger Anzeiger bot man die beiden Fährnachen zum Verkauf.

Die Geschichte der Fähren war damit aber noch nicht beendet. Im Zweiten Weltkrieg wurden fast alle Brücken gesprengt. Nach Kriegsende sollte in Fürstenhausen eine Notbrücke helfen. Doch die wurde bei einem starken Hochwasser abgetrieben und schließlich von den Franzosen demontiert. In der Folge wurde wieder eine Fähre eingerichtet.

Die Fähre zu Wehrden ist ab 1313 urkundlich belegt. Mit der Übergabe der neuen Brücke von Völklingen nach Wehrden im Januar 1869 wurde der Fährbetrieb eingestellt. Von diesem Zeitpunkt an musste man für die Flussüberquerung Brückengeld zahlen.

 Die Fähre bei Brebach. Eben hat der Fährnachen abgelegt, am Ufer wartet noch eine lange Menschenschlange aufs Übersetzen. Die Postkarte ging laut Stempel am 1. Juni 1929 auf die Reise.

Die Fähre bei Brebach. Eben hat der Fährnachen abgelegt, am Ufer wartet noch eine lange Menschenschlange aufs Übersetzen. Die Postkarte ging laut Stempel am 1. Juni 1929 auf die Reise.

Foto: Sammlung Siegfried Bach
 Heute beinahe vergessen: Auch am Saarbrücker Staden hat es mal eine Fähre mitsamt Fährhaus gegeben. Zu dieser historischen Ansichtskarte hat der Buch-Autor kein genaues Datum gefunden. 

Heute beinahe vergessen: Auch am Saarbrücker Staden hat es mal eine Fähre mitsamt Fährhaus gegeben. Zu dieser historischen Ansichtskarte hat der Buch-Autor kein genaues Datum gefunden. 

Foto: Sammlung Siegfried Bach
 Seit 2015 erinnert diese Fährmann-Skulptur am Wehrdener Saarufer an die jahrhundertelange Fähren-Vergangenheit des Wehrdener Flussabschnitts. Inzwischen ist sie bereits beschädigt. 

Seit 2015 erinnert diese Fährmann-Skulptur am Wehrdener Saarufer an die jahrhundertelange Fähren-Vergangenheit des Wehrdener Flussabschnitts. Inzwischen ist sie bereits beschädigt. 

Foto: Oliver Dietze

Der Leser erfährt auch, woher der Leinpfad an der Saar seinen Namen hat. Bevor es motorisierte Schiffe gab, zogen Menschen oder Pferde die Lastkähne mit Leinen stromaufwärts. Treideln nannte man diese Art der Fortbewegung.

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