1105,02 Euro - und nur noch abholen?

Ludweiler. Der Brief, der sich an Ilse Willemse in Ludweiler richtet und ihr exakt 1105, 02 Euro von ursprünglich 1200 Euro Gewinn nach Abzug aller Kosten verspricht, sieht beeindruckend offiziell aus. Ein Finanzdienstleister Dr. Paul Jensen informiert die Rentnerin, dass der Betrag auf einem Travelkonto mit der Nummer 97137120 gutgeschrieben sei und sie ihn bis zum 10

Ludweiler. Der Brief, der sich an Ilse Willemse in Ludweiler richtet und ihr exakt 1105, 02 Euro von ursprünglich 1200 Euro Gewinn nach Abzug aller Kosten verspricht, sieht beeindruckend offiziell aus. Ein Finanzdienstleister Dr. Paul Jensen informiert die Rentnerin, dass der Betrag auf einem Travelkonto mit der Nummer 97137120 gutgeschrieben sei und sie ihn bis zum 10. November in einer Zweigstelle seines Unternehmens im Pfälzer Wald persönlich einlösen müsse. Die Summe habe die Firma Eventverwaltung in Steinfeld für Geschädigte wie Frau Willemse aus einem Gewinnspiel retten können. Seltsam nur, dass die 75-Jährige, wie ihr Sohn der SZ am Telefon berichtet, "noch nie in ihrem ganzen Leben gespielt hat". Unklare Dinge bespricht Ilse Willemse gerne mit einem ihrer vier Kinder. So auch dieses Anschreiben. Sohn Wolfgang hatte die Mutter am Montagmorgen besucht, sie war gerade von einer Reise zurückgekehrt. Auch wenn sie sich ja eigentlich nie an Gewinnspielen beteiligt, kam sie ins Grübeln angesichts des Briefs, den sie zu Hause vorfand. Verständlich, meint der Sohn, denn "der sieht schon echt aus mit aufgedruckten Paragraphen im Briefkopf". Außerdem werde noch ein Geschenk im Wert von mindestens 162,90 Euro versprochen. Bus-Shuttle inklusiveEin zusätzlicher Coupon lädt die Angeschriebenen ein, sich mit Adresse bis zum 22. Oktober einzutragen und anzugeben, an welcher Haltestelle sie vom kostenlosen Bus des Unternehmens abgeholt werden möchten. Zudem sind Rahmenprogramm, Mittagessen und ein kostenloses Frühstück angeblich inklusive bei der Gewinnabholtour. Wolfgang Willemse vermutet eine organisierte Werbefahrt mit angeschlossener Verkaufsveranstaltung hinter dem Angebot. Eine Nachfrage bei der Telefonauskunft ergibt: 49435 Steinfeld liegt in Norddeutschland, bei Oldenburg. Telefonisch gemeldet ist dort allerdings keine Bürogemeinschaft der vorgeblichen Finanzdienstleister Jensen-Weise-Feldhaus. Und als Absender-Adresse ist im Briefkopf nur ein Postfach angegeben. Solche Maschen und "Straftaten zum Nachteil älterer Menschen", wie es bei der Polizei heißt, seien ein Dauerthema, sagt Hermann-Josef Flesch auf SZ-Nachfrage, der Leiter des Kriminaldienstes bei der Völklinger Polizeiinspektion. Und: "Es ist uns noch nicht erklärlich, wie Leute sich gezielt die Adressen älterer oder alleinstehender Menschen besorgen." Man könne den Betroffenen nur den Rat geben, alles, auch das Kleingedruckte, ganz genau zu lesen, und sich nicht einschüchtern zu lassen, wenn seitens der Briefschreiber Druck ausgeübt werde. Vier Beamte hat Flesch übrigens ausschließlich für die Bearbeitung von Betrugsfällen abgestellt. Gestern hat Willemse den Brief an Hermann-Josef Flesch übergeben. "Wir haben bereits herausgefunden, dass Herr Jensen ein Bekannter ist, der mit verschiedenen Produkten arbeitet", sagt Flesch. Allerdings kann er in dem raffiniert abgefassten Brief erstmal keinen Betrugstatbestand erkennen; aber das werde die Staatsanwaltschaft in Saarbrücken noch genau prüfen. Flesch will außerdem die Verbraucherzentrale des Saarlandes über die Masche von Jensen & Co. informieren - "falls sich da weitere Opfer melden".

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