Betrieb an verkaufsoffenen Sonntagen Wie sich Saar-Reisebüros strafbar machen

Saarbrücken · An verkaufsoffenen Sonntagen im Saarland dürfen nur Geschäfte öffnen, die Waren anbieten. Bietet man Dienstleistungen an, wie Reisebüros, ist es per Gesetz verboten. Doch viele halten sich nicht daran. Die IHK fordert eine Gleichstellung von Händlern und Dienstleistern.

 Reisebüros im Saarland, die an verkaufsoffenen Sonntagen geöffnet haben, droht eine Strafe von bis zu 1500 Euro.

Reisebüros im Saarland, die an verkaufsoffenen Sonntagen geöffnet haben, droht eine Strafe von bis zu 1500 Euro.

Foto: dpa-tmn/Andrea Warnecke

Am vergangenen Wochenende war es wieder soweit. In zwei Kommunen im Saarland öffneten am Sonntag die Geschäfte. Jeweils von 13 bis 18 Uhr konnte in Saarbrücken und St. Ingbert eingekauft werden. Das ist keine Überraschung. Fällt ein Feiertag wie am vergangenen Freitag Allerheiligen auf einen Werktag, gibt es mit großer Sicherheit am darauffolgenden Sonntag in verschiedenen Städten des Saarlandes einen so genannten verkaufsoffenen Sonntag. Jede Kommune darf viermal im Jahr einen solchen Sonntag veranstalten. Doch welche Läden ihre Türen überhaupt öffnen dürfen, ist per Ladenöffnungsgesetz genau geregelt. Erlaubt ist nämlich nur der Verkauf von faktischen Waren wie Essen oder Kleidung. Dienstleistungen sind davon ausgeschlossen.

Eine Branche, die sich seit Jahren nicht an das Gesetz halte, seien Reisebüros, wie die Leiterin eines Reisebüros im Saarland unserer Zeitung erklärt. Sie selbst öffnete ihr Büro in der Vergangenheit an allen verkaufsoffenen Sonntagen in ihrer Stadt. „Ich weiß, dass wir eigentlich gegen das Gesetz verstoßen. Aber mir sind wegen der Konkurrenz die Hände gebunden. Wenn alle anderen Reisebüros in der Stadt an den verkaufsoffenen Sonntagen öffnen, kann ich es mir in der heutigen Zeit schlicht nicht leisten, das Büro zuzulassen.“

Eine schriftliche Anordnung durch ihr Reiseunternehmen, das Büro zu öffnen, gebe es allerdings nicht. Die Büroleiterin geht davon aus, dass alle Unternehmen wissen, dass ihre Angestellten gegen das Gesetz verstoßen. „Ich denke, dass sie das einfach stillschweigend akzeptieren.“ Dabei droht den Reisebüros ein Bußgeld von bis zu 1500 Euro. Denn sie handeln nicht nur gegen des Ladenöffnungsgesetzes, sondern auch gegen das Gesetz zu Sonn- und Feiertagen, kurz Feiertagsgesetz (SFG). Sonntage sind Ruhetage, und an diesen gilt im Allgemeinen ein Arbeitsverbot. Ausnahmen sind beispielsweise Einsatzkräfte, Landwirte, Hilfseinrichtungen oder Freizeitbetriebe wie Schwimmbäder, Saunas oder Fitnessstudios. „Das Ladenöffnungsgesetz findet keine Anwendung auf Reisebüros, weil sie keine Waren sondern Dienstleistungen vertreiben“, sagt auch Torsten Schäfer vom Deutschen Reiseverband (DRV). Es gelten die landesgesetzlichen Vorschriften zum „Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe“. Nur mit einer Ausnahmegenehmigung durch die örtlich zuständige Behörde dürften die Büros öffnen, so Schäfer.

Eine Ausnahmegenehmigung erteilt in der Regel das Ordnungsamt. Ebenso kontrolliert es, dass das Gesetz eingehalten werde. Eine Kontrolle habe es aber in all den Jahren nie gegeben, sagt die Reisebüroleiterin. Zudem habe sie noch nie eine Ausnahmegenehmigung beantragt. Sie würde es begrüßen, wenn „endlich mal alle Reisebüros kontrolliert“ würden, auch wenn sie dann selbst zur Kasse gebeten wird. „Ich würde mir wünschen, eine Welle loszutreten. Dass alle kontrolliert werden und für alle dasselbe Recht gilt.“

Der Gesetzesverstoß lohne sich zudem noch nicht einmal. An verkaufsoffenen Sonntagen mache sie kaum Umsatz, sagt die Büroleiterin. Die meisten Kunden ließen sich nur beraten und buchen später von zuhause aus im Internet.

In Saarbrücken und St Ingbert waren am vergangenen Sonntag die Reisebüros geöffnet. Thomas Blug, Pressesprecher der Stadt Saarbrücken erklärt auf Nachfrage, dass beim Ordnungsamt der Landeshauptstadt bisher keine Beschwerden über an Sonn- und Feiertagen geöffnete Reisebüros eingegangen seien. „Somit bestand auch kein Anlass, entsprechende Kontrollen anzusetzen.“ Probleme oder Beschwerden hätte es auch in St. Ingbert bislang nicht gegeben, sagt Stadtpressesprecher Peter Gaschott. Nach bisherigem Verständnis des Gesetzes seien auch Reisen Produkte, die verkauft werden. „Unser Bestreben ist es, die Standortbedingungen des ansässigen Handels zu halten oder zu verbessern. Dabei haben wir bislang keine Branchen, soweit sie Ladengeschäfte in der Innenstadt betreiben, ausgenommen.“ Vielmehr sollte die derzeit im Landtag laufende Debatte um die Novellierung des Ladenöffnungsgesetzes genutzt werden, „um auf das im Umbruch befindliche Käuferverhalten zu reagieren.“

Mit dieser Forderung ist die Stadt St. Ingbert nicht allein. Auch die IHK im Saarland spricht sich dafür aus, die „rechtliche Ungleichbehandlung zwischen Dienstleistern und Händlern“ in der Novellierung des Ladenöffnungsgesetzes zu berücksichtigen, sagt Carsten Meier, Geschäftsführer Wirtschaftspolitik und Unternehmensförderung der IHK Saarland. Vergangene Woche gab er hierzu eine Stellungnahme in dem im Landtag dafür zuständigen Ausschuss ab.

Dass bei Händlern und Dienstleistern unterschieden wird, sei aus Kundensicht nicht nachvollziehbar, sagt Meier. „Die Kunden möchten gerne bis zu viermal im Jahr den Sonntag nutzen, um beratungsintensive Dienstleistungen wie das Buchen einer Reise in Anspruch zu nehmen oder Produkte zu erwerben, weil sie sonst keine Gelegenheit dazu haben.“ Gebe es diese Möglichkeit nicht, würden die Kunden im Internet buchen oder in andere Bundesländer ausweichen. Und das könne keineswegs im Interesse des Saarlandes sein. Daher plädiert die IHK dafür, im Zuge der Novellierung in „Ruhe und unter Einbeziehung aller Akteure einen Entwurf zu erarbeiten, der den Herausforderungen der Branche ebenso gerecht wird wie den Bedürfnissen der Kunden“. Ein starker Handel sei auch im Interesse der Beschäftigten.

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