Jubiläums-Spielzeit im Kleinen Theater „Unser Publikum ist vor allem neugierig“

Saarbrücken · Viele verheißungsvoll klingende Figurentheater-Produktionen stehen an. In der neuen Spielzeit wird es im Kleinen Theater mysteriös.

 Das Weite Theater Berlin spielt das schwarze Stück „Der Weiße Hammer“ am 24. Februar.

Das Weite Theater Berlin spielt das schwarze Stück „Der Weiße Hammer“ am 24. Februar.

Foto: Peter Koppatsch

Klein, fein und voller Überraschungen: Das kleine Theater im Rathaus bietet seit vielen Jahren vor allem dem Figurentheater unterschiedlichster Prägung ein Zuhause. Jetzt stellte der künstlerische Leiter Thomas Altpeter das Programm für die neue Spielzeit vor. Es ist seine zehnte. Wir haben ihn nach seinen Erfahrungen und Empfehlungen gefragt.

 Zum zehnten Mal schon haben Sie einen Spielplan fürs Kleine Theater aufgestellt, seit 2009 leiten Sie das Theater. Was ist so das typische Publikum für Figurentheater?

Thomas Altpeter: Wir haben einerseits inzwischen ein richtiges Stammpublikum von Kennern, die besonders zu den Abendveranstaltungen kommen, und sonntags sind es Familien mit Kindern. Letztere wechseln dann häufiger, wenn die Kinder älter werden. Das Publikum für Figurentheater ist vor allem neugierig, hat Fantasie und Humor  und Spaß daran, sich überraschen zu lassen. Das sind Menschen, die, auch wenn sie älter geworden sind,  sich ein bisschen von ihrer Kinderseele bewahrt haben.

Welches ist Ihre schönste Erinnerung,  gibt es ein Stück, das Ihnen besonders im Gedächtnis ist?

Thomas Altpeter: Oh, es gibt so viele schöne Stücke… Da will ich gar nichts besonders herausnehmen. Ich liebe es, wenn überraschende Wendungen geschehen und wenn es märchenhaft und phantastisch wird. Und das geschieht im Figurentheater oft. Auch gerade in der neuen Spielzeit. Ich liebe es auch, wenn mit einfachen Mitteln gezaubert wird, wenn die Schatten plötzlich zu lebendigen Wesen werden. Solche Dinge!

 Zehn Spielzeiten sind eine lange Zeit. Sie beobachten ja sicher auch gerade das jüngere Publikum in den Schul- und Kindergarten-Vorstellungen. Teilen Sie die Klage vieler Leute über die zurückgehende Aufmerksamkeits-Spanne bei Kindern?

Thomas Altpeter: Nein, das kann man so nicht generalisieren. Kinder sind halt Kinder. Das war auch früher schon so. Aber man muss mehr erklären, auch Dinge, die eigentlich selbstverständlich sind. Aber das trifft auf die Erwachsenen genauso zu, die manchmal mitten in der Vorstellung ihre Kameras auspacken und sie sich über den Kopf halten.

Sie haben seinerzeit das Kleine Theater von Christian Caimacan übernommen, der es gegründet hatte und überhaupt ja das Figurentheater als Kunstform vor Jahrzehnten in Saarbrücken unter anderem durch das Festival Intermarionett bekannt gemacht hat. Würden Sie sagen, das Publikum hier ist dadurch besonders aufgeschlossen für die Kunstform Figurentheater?

Thomas Altpeter: Christian hat mit der Intermarionett viele unterschiedliche Formen des Figurentheaters gezeigt. Im Kleinen Theater stand für ihn aber eher der Aspekt des Kindertheaters im Mittelpunkt. Mir ging es darum, das Figurentheater als Kunstform herauszukehren und ich habe die Abendprogramme viel stärker in den  Fokus  gerückt, auch experimentelleren Spielformen mehr Raum gegeben. Das war anfangs gar nicht leicht, da viele Menschen im Westen Figurentheater mit Kindertheater gleichsetzen. Ostdeutschland hat da eine andere Tradition. Ein Festivalpublikum unterscheidet sich von den kontinuierlichen Besuchern. Inzwischen gibt es auch unter den Älteren eine beständige Fangemeinde für das Figurentheater. Auch die Abendveranstaltungen sind oft ausverkauft oder haben fast immer eine große Auslastung von 80, 90 Prozent Aber das sind nicht nur Saarbrücker. Unser Einzugsgebiet ist groß. Es kommen auch Leute aus der Pfalz oder sogar aus Baden-Württemberg in die Vorstellungen.

 Sie leiten das Kleine Theater – in dem außer Figurentheater ja auch öfter Produktionen der Freien  Szene zu sehen sind – neben ihrem Kulturamts-Job, neben ihrer Aufgabe auch als Leiter des Festivals Saarbrücker Sommermusik. Haben Sie eigentlich auch Freizeit?

Thomas Altpeter: Nicht viel! Aber die schönen Vorstellungen und Konzerte und auch der Zuspruch des Publikums entschädigen da einiges. Ich freue mich immer, wenn die Zuschauer hinterher begeistert sind und das oft auch sagen.

In so langer Zeit war so manche Figurentheatergruppe ja schon häufiger zu Gast. Entwickeln sich da auch Freundschaften?

Thomas Altpeter: Es gibt schon einige Gruppen, mit denen ich mich intensiver austausche.  Zum Beispiel die Hohenloher, eines  der „ältesten“ deutsche Figurentheater, das seine Kunst schon seit vielen Generationen betreibt und jedes  Jahr bei uns zu Gast ist. Viele von den Theatern haben auch eigene Häuser oder leiten Festivals  und wir geben uns gegenseitig Tipps. Ich hatte aber durch meine Tätigkeit im Bereich der Freien Szene schon vor meiner Theaterleitung  Verbindungen in die überregionale Figurentheaterszene.

Gibt es für die  Jubiläumsspielzeit besondere Aktivitäten, besondere Gastspiele?

Thomas Altpeter: Es geht nächstes Jahr um „Mysterien“. Ich freue mich, dass wir zum ersten Mal das Figurentheater Tübingen zu Gast haben, eine der international renommiertesten Kompanien. Die haben immer sehr große Produktionen, die nicht auf unsere Bühne passen. Die neue Produktion „Unter Wasser“ passt nicht nur zum Thema, sondern auch auf die Bühne.  Eine Produktion „Rungholts Ehre“, vom Kobalt-Theater Lübeck,  eine Kriminalgeschichte aus dem mittelalterlichen Lübeck haben wir ins Theater im Viertel verlegt, weil die Bühne dort etwas größer ist.

Worauf freuen Sie sich am meisten?

Thomas Altpeter: Ich freue mich auf Kafkas Verwandlung, unser Eröffnungsstück mit Maren Kaun, auf die Handmaids aus Berlin, die in das Labyrinth des Berliner U-Bahn-Netzes abtauchen werden, auf ein Wiedersehen mit den Exen und ihrer neuen Produktion, den Metamorphosen nach Ovid, auf Detlef Heinichen mit seinem Faust, auf Pierre Schäfers „Hamlet“ und und und… und natürlich auch auf die vielen großen und kleinen Zuschauer, die wir hoffentlich wieder begeistern können.

 Shakespeare mit Puppen gibt in „Der Fall Hamlet“ im November nächsten Jahres.

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Foto: Alexander hörbe/Alexander Hörbe
 Das Kafka-Stück „Die Verwandlung“ eröffnet am 17. Februar das Jahr im Kleinen Theater.

Das Kafka-Stück „Die Verwandlung“ eröffnet am 17. Februar das Jahr im Kleinen Theater.

Foto: Alex Knüttel
 Thomas Altpeter ist der Herr der Puppen im Kleinen Theater und hat gerade seine zehnte Spielzeit geplant. 

Thomas Altpeter ist der Herr der Puppen im Kleinen Theater und hat gerade seine zehnte Spielzeit geplant. 

Foto: c.spanier/Christoph Spanier

Die Fragen stellte Susanne Brenner

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