Die WM und die Fans „Unglaublich. Ich konnte es gar nicht fassen“

Saarbrücken · Der gebürtige Mexikaner Héctor Zamora liebt den Fußball. Als die Teams seiner alten und seiner neuen Heimat gegeneinander antraten, verfolgte Zamora das Spiel am Bildschirm.

 Héctor Zamora liebt seine Wahlheimat Saarbrücken.

Héctor Zamora liebt seine Wahlheimat Saarbrücken.

Foto: Jana Bohlmann

Héctor Zamora sitzt in einem Café im Nauwieser Viertel. Hin und wieder ruft er Bekannten, die zufällig dort vorbeikommen, ein herzliches Hallo zu. Er lacht viel dabei. Mit manchen tauscht er sich flüchtig auf Spanisch aus. Er trinkt einen Kaffee. Natürlich schwarz. Nur für den Geschmack. Mit einer Tasse Kaffee kann er manchmal einen ganzen Nachmittag verbringen. Selbst kalter Kaffee bringt ihn nicht aus der Ruhe. In ganz kleinen Schlucken trinkt er diesen, sitzt im Schatten und beobachtet das Treiben um sich herum. Hier fühlt er sich wohl. Hier mitten in Saarbrücken.

Héctor Zamora ist Mexikaner. Ein Mexikaner, der Saarbrücken zu seinem Zuhause gemacht hat. Vor über 30 Jahren packte ihn die Lust nach mehr. Er wollte weg von zu Hause, weg aus Mexiko-Stadt. Er wollte etwas erleben, Neues sehen und sich in die Abenteuer stürzen, die die Welt zu bieten hat.

„Ich habe mich in meiner Heimat sehr beschützt gefühlt. Ich hatte dort meine Freunde, meine Familie, und alles war sehr sicher. Irgendetwas in mir hat danach geschrien, wegzugehen“, erinnert sich der 69-Jährige und gestikuliert wild dabei.

Es war ein bestimmtes Gefühl, das er nicht in Worte fassen kann. Mit dem Musikstudium in der Tasche und Erfahrungen als Musiker in den Nachtclubs der mexikanischen Hauptstadt machte sich Héctor Zamora auf in sein großes Abenteuer. Erste Station war Madrid. „Ich hatte damals zuerst mit dem Gedanken gespielt, nach Argentinien oder Brasilien zu gehen, aber das war mir immer noch zu nah“, begründet Héctor Zamora seine Entscheidung. Er wollte schließlich „richtig weit weg“. Über Kontakte und zufällige Fügungen ging es weiter nach Berlin. Endstation für Héctor Zamora war und ist Saarbrücken. Nun liegen zwischen ihm und seiner Heimatstadt fast 10 000 Kilometer.

 Auf einem Kontinent hat er Freunde und Familie zurückgelassen. Auf einem anderen hat er Freunde gefunden, die für ihn zur Familie geworden sind. Freunde, auf die er zählen kann. Und Freunde, mit denen er Fußball schaut, denn der Musiker, der schon in den verschiedensten Formationen gespielt hat, ist seit seiner Kindheit ein echter Fußballfanatiker, sagt er über sich selbst.

Vergangenen Sonntag kam dann das Spiel der Spiele: Deutschland gegen Mexiko. Ein Erfolg für die Mexikaner. Damit hatte er nicht gerechnet, gibt Héctor Zamora zu. „Das war unglaublich. Ich konnte es gar nicht fassen. Natürlich habe ich mich gefreut“, erzählt er, und seine Augen leuchten auf.

Die Freude merkt man ihm sichtlich an. Schnell wirft er aber ein, dass diese Freude nur für einen Moment angehalten habe. „In meinem Leben ändert sich durch diesen Sieg nichts. Es war einfach ein wirklich tolles Spiel, und es war schön zuzuschauen unabhängig davon, wer jetzt am Ende gewonnen hat“, meint Héctor Zamora, nippt an seiner Kaffeetasse, bevor er einen vorbeifahrenden Radfahrer grüßt.

In Mexiko gehe er fast immer ins Stadion, erzählt der Fußballfan weiter. Er vergleicht diese Besuche mit dem Besuch eines Konzertes der Rolling Stones. „Wenn ich mir ihre Musik zuhause anhöre, ist sie schön. Bin ich aber bei einem Konzert dabei, kommen mir die Tränen“, erklärt der Musiker den Unterschied zwischen Fußball im Fernsehen und Fußball im Stadion. Die Emotionen seien einfach viel stärker.

Im Fußball sieht Héctor Zamora aber noch viel mehr als nur ein Spiel. „Vom Fußball können wir alle lernen“, meint der gebürtige Mexikaner. „Hinter den guten Leistungen der Spieler steckt immer viel harte Arbeit. Davor habe ich Respekt. Das zeigt aber auch, dass man in jedem Job, in allem was man tut, viel erreichen kann, wenn man nur hart genug dafür arbeitet“, sagt Héctor Zamora.

Leidenschaft schwingt in seiner Stimme mit. Leidenschaft für den Fußball, aber auch für seinen eigenen Beruf, die Musik, denn er selbst musste sich seine Musik-Karriere hart erarbeiten.

Saarbrücken war für Héctor Zamora ein glücklicher Zufall. Seine neue Heimat will er gegen seine alte nicht mehr eintauschen. Ein paar Wochen Urlaub in Mexiko bei seiner Familie reichen ihm im Jahr. Er freut sich dort auf das gute Wetter, die Musik und das Leben, das sich hauptsächlich im Freien abspielt.

„Wenn ich dann zurück nach Saarbrücken komme, esse ich erst mal eine Rostwurst und trinke ein Karlsberg. Dann weiß ich, dass ich wieder hier bin, und kann durchatmen“, berichtet der lateinamerikanische Musiker, trinkt den letzten Schluck Kaffee aus und lehnt sich zurück.

Wie es für Mexiko bei der Fußball-WM weitergeht, weiß Héctor Zamora nicht. Er hofft das Beste. Aber egal wie, er erfreut sich einfach an den Spielen und genießt die großartigen Leistungen der weltbesten Fußballer – und das am liebsten in einem netten Lokal in der Saarbrücker Innenstadt.

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