WM-Serie Über EM-Erfolge, Björk und coole Saarbrücker

Saarbrücken · In dieser Serie stellen wir Menschen aus den Ländern vor, die bei der Fußball-WM um den Titel kämpfen. Heute: Herdís Anna Jónasdóttir .

Entspannt und gelassen sitzt die junge Frau mit den dunkelblonden Haaren in der Kantine des Saarländischen Staatstheaters. Sie trinkt Tee und lächelt, während sie von ihrer Heimat erzählt. Herdís Anna Jónasdóttir kommt aus Island. Wenn sie von Zuhause spricht, meint sie Ísafjörður im Nordwesten des Inselstaates. Ein kleines Dorf mit kaum mehr als 2500 Einwohnern. Umgeben von Bergen und dem Meer. „Island ist wirklich unfassbar schön. Die Natur hat mir am Anfang, als ich nach Deutschland gekommen bin, gefehlt, aber man gewöhnt sich an alles“, erzählt die 34-Jährige, die als Sängerin am Staatstheater engagiert ist.

Fast zwölf Jahre ist es her, dass sie Island verlassen und die unberührte Natur gegen die Bühne eingetauscht hat. Nach ihrem Gesangsstudium auf der Insel ging es nach Berlin und Zürich, bevor die Musikerin 2013 in Saarbrücken am Theater landete. „Ich habe zwar in Island auch schon Gesang studiert, aber danach muss man weg. Man muss runter von der Insel, wenn man sich weiterbilden will. Außerdem sind die Möglichkeiten dort einfach begrenzt“, erklärt Herdís ihre Entscheidung. Dass sie nun seit fünf Jahren in der Landeshauptstadt lebt, nennt die Isländerin Schicksal. Das Engagement am Staatstheater habe sich glücklicherweise einfach so ergeben. „Isländer sind spontan, deswegen hat das alles gepasst“, sagt die Sopranistin.

Island hat zuletzt vor zwei Jahren für internationale Schlagzeilen gesorgt: Die Nationalelf des Inselstaats stellte die damalige Fußball-Europameisterschaft gehörig auf den Kopf und überzeugte mit Leidenschaft, Ausdauer und Zusammenhalt, bevor sie im Viertelfinale ausschied. „Fußball war in Island eigentlich nie so wichtig, aber bei der EM sind alle ausgeflippt“, erinnert sich Herdís. „Eigentlich interessiere ich mich überhaupt nicht für Fußball“, gibt die Isländerin zu, „aber selbst ich war bei der EM total begeistert.“ Herdís nennt die Spieler „ihre Jungs“, denn so nenne schließlich jeder Isländer die Überraschungsmannschaft. Gleichzeitig habe sich erstmalig auch ein gewisser Hype um ebendiese Jungs entwickelt, erzählt sie weiter. „Vor zwei Jahren habe ich an Weihnachten zufällig den Torwart Hannes Halldórsson in einer Bar gesehen. Ich bin fast ausgeflippt“, sagt Herdís und muss beim Gedanken daran lachen. „Selbst wenn Björk daneben stehen würde, wäre das egal. Sie sieht man sowieso total oft, aber den Torwart zu sehen war schon etwas Besonderes.“

 Die Isländerin Herdís Anna Jónasdóttir steht im Staatstheater in der Oper Cosi fan tutte auf der Bühne.

Die Isländerin Herdís Anna Jónasdóttir steht im Staatstheater in der Oper Cosi fan tutte auf der Bühne.

Foto: Jana Bohlmann

Herdís sieht im Erfolg der Island-Elf aber noch ein wenig mehr als nur den Ruhm der Spieler: „Ich glaube, dass der Erfolg der Isländer jedem auch eine gewisse Hoffnung gibt. Eine Hoffnung, dass jeder, egal woher man kommt, mit Fleiß überall etwas schaffen kann.“ Immerhin sei der Mannschaft von der Insel auch nichts geschenkt worden. Alles harte Arbeit. Deswegen kam bei der EM auch etwas dabei heraus, denkt die Musikerin, die auch bei der diesjährigen WM die Spiele verfolgen wird. „Ich weiß nur noch nicht, wo. Es muss eine gute Kneipe mit guter Stimmung sein“, erklärt sie die Komponenten, die beim Fußballschauen „einfach stimmen müssen“.

Die Erwartungen an Island sind nach dem vergangenen EM-Erfolg hoch. „Ich hoffe, dass unsere Jungs gut spielen werden. Wenn sie weit kommen würden, wäre das großartig. Machbar ist alles“, sagt Herdís überzeugt, bevor sie zugibt, dass sie auch Deutschland die Daumen drückt. Insgeheim ist sie sich sicher, dass die deutsche Mannschaft die bessere Chance hat, weit zu kommen. Nach zwölf Jahren in Deutschland fühlt sie sich hier wohl und feuert aus diesem Grund auch die Nationalelf an.

In ihrer Wahl-Heimat Saarbrücken hat Herdís ein zweites Zuhause gefunden. „Es ist eine tolle Stadt. Ich mag, dass alles so klein ist und man sich ständig über den Weg läuft.“ Aber nicht nur die Stadt hat es der 34-Jährigen angetan, sondern auch die Menschen, die hier leben. „Die Saarbrücker sind sehr cool und eigentlich überhaupt nicht typisch deutsch“, findet Herdís, denn dafür seien sie viel zu entspannt. Das gefalle ihr besonders und erinnere sie auch ein wenig an die isländische Mentalität. Es gebe nur ein einziges Problem: „Ich verstehe nicht immer, was die Saarländer sagen. Ich komme bei diesem Dialekt einfach nicht mit. Ich lächel’ dann meistens einfach nur“, sagt sie und lacht.

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