Geflügelte Haustier-Nachfahren haben Freunde in Saarbrücken und Völklingen Turteln für Tauben leicht gemacht

Völklingen/Saarbrücken · Nach SZ-Kolumne über brütendes Taubenpaar: viele Anregungen von Vogelfreunden. Völklingen bekommt im Sommer Taubenhaus.

 Tauben flattern aufgeregt im Saarbrücker Bürgerpark.

Tauben flattern aufgeregt im Saarbrücker Bürgerpark.

Foto: Thomas Reinhardt

Kleiner Vogel, große Wirkung: Eigentlich war es nur eine Folge unserer SZ-Kolumne „So kann’s gehen“, in der es um ein in Völklingen brütendes Taubenpaar ging, dessen Nest entfernt wurde. Dazu erreichten uns gleich fünf E-Mails von Vereinen, die sich mit Tauben befassen – einer davon in Berlin. Das stößt bei uns natürlich nicht auf taube Ohren:

Alexander Benzmüller, Sprecher der AG Lebenswertes Völkingen im Sicherheitsbeirat Völklingen, erinnert daran, dass die AG bald ein betreutes Taubenhaus in der Innenstadt verwirklichen kann. Es hatte Verzögerungen gegeben (die SZ berichtete), doch, so Benzmüller mit einer guten Nachricht, „nach jetzigem Stand werden wir es bis Sommer schaffen, zumindest an der Wehrdener Brücke ein Stadttauben-Projekt Völklingen zu realisieren! Zum einen, um den Tauben ein Heim zu geben. – Dort darf dann auch offiziell gefüttert werden. Im Gegenzug werden die Eier gegen Gipseier ausgetauscht, um die Population einzudämmen.“ Auch der Taubenkot werde dann in der Stadt weniger, da er hauptsächlich im und am Taubenhaus abgesetzt werde. Stadttauben seien, als Nachfahren von Haus- und Brieftauben, verwilderte Haustiere. Steht das Völklinger Taubenhaus, sei es wichtig, „die Brutstellen in der Stadt zu verschließen. – Tierschutzkonform und nicht mit Abwehrspikes, Krallen und ähnlichem Mist...“.

Auch Nicole Nobbe vom „Arbeitskreis Saar Tauben“ weist darauf hin, dass Spikes zur Taubenabwehr – eine Art Metalldorne, die auf Simsen angebracht werden – durch das Tierschutzgesetz verboten seien, „und nicht nur die Tauben spießen sich an den Spikes auf, sondern auch andere Vögel“, die dann qualvoll verenden würden.

Ines Steinkamp vom Berliner Verein Stadtvogel empfiehlt: „Wenn Sie die Möglichkeit haben, nehmen Sie die Eier weg, oder – noch besser – ersetzen Sie diese durch Gips- oder Plastik-Eier. Es leben schon so viele Stadttauben unter schlechten Bedingungen – in so eine Welt sollte kein Küken schlüpfen.“ Vor einer endgültigen Eientnahme solle man die Eier jedoch schieren, also mit einer speziellen Lampe, der Schierlampe, durchleuchten, um zu sehen, ob das Ei schon befruchtet ist oder nicht.

Daniela Hilfer ist ehrenamtlich für den Verein Stadttauben Saarbrücken tätig, sie schildert: „Kaum jemand interessiert sich für Stadttauben, wie sie leben, brüten und welche Probleme diese Tiere, die eigentlich ausgesetzte Haustiere sind, in den Innenstädten haben. Deshalb werden auch die Nester, die oft nur aus ein paar kleinen Stöckchen bestehen, schnell mal entfernt. Leider passiert das sogar, wenn bereits Küken darin sitzen.“ Wenn dadurch Küken hilflos auf dem Boden sitzen und der Verein werde informiert, dann hole man die Küken ab und bringe sie zu einer Pflegestelle, „wo sie von Hand aufgezogen werden“.

Der Verein betreibt in Saarbrücken zwei Taubenschläge, in dem die Eier gegen Gipsattrappen ausgetauscht werden. „Außerdem“, so Daniela Hilfer, „werden die Tauben dort mit artgerechtem Futter versorgt. Denn der allseits bekannte ‚gefährliche’ Taubenkot entsteht nur, wenn die Tauben sich von allem ernähren, was sie finden.“

Die Vereinsvorsitzende Helga Ehretsmann und Sprecher Andreas Goldschmidt beschreiben, dass Vereinsmitglieder täglich unterwegs seien, „um solchen ‚Notfedern’ zu helfen“, oft mit Unterstützung der Feuerwehr. Da Stadttauben keine Wildtiere seien, würden sie – als Haustiere – auch nicht unter das Jagdgesetz fallen. Biologen würden zudem davon ausgehen, dass Stadttauben nicht im vollen Umfang den Anforderungen an ein Leben in freier Wildbahn entsprechen. Auch das spreche für eine artgerechte Fütterung in betreuten Taubenhäusern. Im Prinzip reine Körnerfresser, würden Tauben von Menschen weggeworfene Lebensmittel nur notgedrungen fressen, was dann bei den Tieren Krankheiten und den unschönen „Hungerkot“ nach sich ziehe. Gebe es jedoch Taubenhäuser, dann würden die Tiere etwa 80 Prozent ihrer Lebenszeit dort verbringen.

Tauben seien, entgegen ihres Rufs, keine Krankheitsüberträger und auch nicht als Schädlinge eingestuft. So würden etwa Tauben-Salmonellen nicht auf den Menschen überspringen. Verletzte Tiere könne man bedenkenlos anfassen und einem Tierschutz- oder Stadttaubenverein übergeben.

 Ein Taubenei wird geschiert, also mit einer speziellen Lampe durchleuchtet, um zu sehen, ob es befruchtet ist. In diesem Fall war das Ei schon zu weit bebrütet und wurde wieder ins Nest gelegt.

Ein Taubenei wird geschiert, also mit einer speziellen Lampe durchleuchtet, um zu sehen, ob es befruchtet ist. In diesem Fall war das Ei schon zu weit bebrütet und wurde wieder ins Nest gelegt.

Foto: Stadtvogel e. V. Berlin
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