Tattoo-Expo in Saarbrücken Wenn die menschliche Haut zur großen Leinwand wird

Saarbrücken · Mehrere Tausend Besucher kamen zur Tattoo-Expo nach Saarbrücken. Tätowierer aus Europa und Übersee zeigten ihre Kunst – am lebenden Objekt.

  Schmerzt „wie ein fetter Sonnenbrand“: Rebecca Angel aus Beckingen lässt sich von Jennifer Lindeck (r.) einen Löwen auf den Oberschenkel stechen.

Schmerzt „wie ein fetter Sonnenbrand“: Rebecca Angel aus Beckingen lässt sich von Jennifer Lindeck (r.) einen Löwen auf den Oberschenkel stechen.

Foto: BeckerBredel

Sie nennen sich „Blood Circus“ oder „SchwerSchwarz“ und machen grundsätzlich alle das Gleiche: Sie spritzen Farbpigmente mit feinen Nadeln unter die Haut ihrer Kunden und lassen Kunstwerke entstehen. Mehrere Dutzend Tätowierer aus Europa und Übersee präsentierten am Wochenende auf der 15. Tattoo-Expo in der Saarlandhalle ihr Handwerk und vor allem ihre Stile, denn die gehen weit auseinander. Rein mechanisch arbeiten sie alle gleich, aber ihre Werke könnten unterschiedlicher kaum sein.

„Das ist auch der Sinn der Messe. Wer ein Tattoo haben will, sollte sich genau informieren. Hier auf der Messe kann man den Tätowierern bei der Arbeit zusehen, ihre Bildmappen studieren und sich orientieren, bevor man sich entscheidet“, sagt Organisator Jörg Süßdorf aus Saarbrücken. Täglich 1500 Besucherinnen und Besucher zählte er, wobei der Trend zum Tattoo ungebrochen sei. „Wir hatten schon einen Rückgang erwartet – aber das Gegenteil ist der Fall. Da viele Stars und Sportler Tattoos haben, ist die Nachfrage steigend.“

Das bestätigen auch die Tätowierer. Eine von ihnen ist Jennifer Lindeck (34) aus Saarbrücken. Sie hat ein Studio auf dem Rodenhof, machte sich vor Jahren selbständig und ist gut ausgelastet. „Kunden sollten sich immer genau umsehen, auf Empfehlungen vertrauen und Beratungstage nutzen, an denen man in den Studios unverbindlich Fragen stellen und sich umsehen kann“, empfiehlt sie. Sie bedauere, dass Tätowierer kein anerkannter Ausbildungsberuf sei. „Ein anerkannter Abschluss würde uns nutzen“, sagt sie. Aber den gebe es nicht, es sei eine freie Kunst. Gute Tätowierer seien Mitglied in Berufsverbänden, die ihrerseits hohe Anforderungen an ihre Mitglieder stellen würden.

Gerade hat sie Rebecca Angel aus Beckingen einen Löwen aus den Oberschenkel gestochen. Die 26-Jährige hat Schmerzen, kann es schlecht verbergen: „Es ist wie ein fetter Sonnenbrand. Man kann es aushalten, aber es tut schon weh“, berichtet sie.

Tristan Kling aus Bildstock lässt sich von Zennure Masotta aus Altenkessel die Ziffern „299“ um den Bauchnabel tätowieren: „Das sind die letzten Ziffern der Bildstocker Postleitzahl“, sagt er. Mit zwei Freunden mache er das gemeinsam, sie wollen ihre Verbundenheit untereinander und zum Heimatort darstellen. „Wir wollen nie vergessen, wo wir herkommen“, lacht er.

Rene Schlang (54) aus Holz hat sich eine Erinnerung an seine verstorbene Mutter tä­to­wie­ren lassen: „Ich kam erst kürzlich dazu, habe mich früher nie getraut.“

Süßdorf bestätigt, dass jüngere und ältere Kunden gleich verteilt seien. Und was kostet ein Tattoo? Was Kleines gibt’s ab 80 Euro, zwei Arme kosten aber auch schon mal 3 000 Euro. „Große Werke können 8 000 Euro kosten“, sagt Süßdorf. Schließlich seien viele Stunden in mehreren Sitzungen notwendig und jeder Stich eine kreative Handwerkskunst. Auch wenn Haut die Leinwand ist, die Gagen der Künstler können schnell vierstellig werden.

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