Weil kein Tag ist wie der andere

Altenwald. Wenn die Gänsehaut wohlig den Rücken überzieht, dann sind wir im Norden angelangt. Rein kriminalistisch, versteht sich. Dort, hoch droben, wo in Büchern von Bestsellerautoren wie Heninng Mankell gierig das Verbrechen tobt und grausige Mittsommermorde den Leser erzittern lassen, da ist er geistig schrecklich gern: Pfarrer Rolf Kiwitt. Am Montag wird er runde 50

 Als Notfallseelsorger im Einsatz, ist Pfarrer Rolf Kiwitt an der violetten Jacke erkennbar. Foto: Iris Maurer

Als Notfallseelsorger im Einsatz, ist Pfarrer Rolf Kiwitt an der violetten Jacke erkennbar. Foto: Iris Maurer

Altenwald. Wenn die Gänsehaut wohlig den Rücken überzieht, dann sind wir im Norden angelangt. Rein kriminalistisch, versteht sich. Dort, hoch droben, wo in Büchern von Bestsellerautoren wie Heninng Mankell gierig das Verbrechen tobt und grausige Mittsommermorde den Leser erzittern lassen, da ist er geistig schrecklich gern: Pfarrer Rolf Kiwitt. Am Montag wird er runde 50. Und deshalb haben wir ihm, der für 1450 evangelische Gläubige in Altenwald und Hühnerfeld verantwortlich ist, einen Besuch abgestattet. Wir reden mit ihm über Gott und die Welt. Und zu seiner Welt gehört untrennbar die Krimi-Lektüre. Wer sich mit Rolf Kiwitt unterhält, läuft Gefahr, nicht mehr nach Hause zu kommen. Ein Satz bildet die Steilvorlage für den nächsten Themen-Ausflug des Gegenüber, man dringt tief ein in philosphisches Gedankengut, taucht nach Minuten wieder auf, um auch mal der Realität ins Auge zu blicken. Und verschwindet geistig erneut um zu ergründen, was die Welt im Innersten zusammenhält. "Krimis haben was von Theologie", sagt der Geistliche. Weil man hier wie da was herausbekommen will. Und am Ende steht die Frage: Was will Gott von uns. Rolf Kiwitt ist saarlandweit kein unbekannter Mann. Seit 13 Jahren ist er Notfallseelsorger. Das heißt: Er steht bei schweren Unfällen, bei Unglücken den Angehörigen und Opfern zur Seite. Also immer dann, wenn Menschen durch Schicksalsschläge brutal aus der Bahn geworfen werden. Auf solch tragische Momente ist er vorbereitet - seelisch und sprachlich. Außerdem ist er Religionslehrer in der Justizvollzugsanstalt Ottweiler, ist engagiert bei der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, Dozent beim THW, Mitglied in der Feuerwehr Altenwald und liebt das Kabarett. Was vergessen? Hoffentlich nicht. In Essen ("Ich komme aus einer Bergmannsfamilie") ist er aufgewachsen. Sei früher Jugend trug er sich mit dem Gedanken, Geophysik studieren zu wollen. Damit hätte er ("das interessiert mich ungemein") die physikalischen Eigenschaften und Vorgänge in der Erdkruste und des Erdinnern erforscht. Allerdings, beim näheren Hinschauen, fiel ihm auf, dass man da auch viele Daten am Computer auswerten muss. Also nichts mit Menschen und so. Er wollte aber mit Menschen zu tun haben, und so kam er zur Theologie. Der Zivildienst bestärkte ihn in seinem Vorhaben und nun ist er halt Geistlicher mit Leib und Seele. "Weil kein Tag ist wie der andere", sagt Rolf Kiwitt lächelnd. Wie, Herr Pfarrer, kommt man eigentlich in den Himmel - diese Frage sei noch erlaubt. Besser aber hätte man sie nicht gestellt, denn sogleich beginnt ein erneuter Exkurs: über den Philosophen Jean-Paul Sartre ("Die Hölle, das sind die anderen"), mal kurz rüber zum Fegefeuer ("die reinigende Erkenntnis") und letztlich zu der Frage: "Ja, wo ist er denn, der Himmel?" Wobei, meint Kiwitt, der Himmel für jeden was ganz anderes bedeute. Für den Motorradfahrer ist es vielleicht die Route 66 ohne Radarfallen, für den Leser ist es die grenzenlose Bibliothek - im Diesseits und vielleicht auch im Jenseits. Am kommenden Montag, 29. September, ist aus Anlass des 50. Geburtstages von Rolf Kiwitt, Tag der offenen Tür im Altenwalder Pfarrhaus. Willkommen ist, wer kommen möchte und wer auch gerne mal hintersinnige Gespräche führt. Dafür hat Kiwitt immer ein offenes Ohr und einen Geistesblitz übrig. Als wir uns von ihm verabschieden, hat er noch etwas Neues auf Lager: "In den letzten beiden Monaten, sagt der Seelsorger, gab's erstmals seit 16 Jahren - als er anfing als Pfarrer in Altenwald - mehr Taufen (5) und Hochzeiten (3) als Beerdigungen (2). Wenn das mal keine frohe Botschaft ist!

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