Viele Streithähne hat er erlebt

Sulzbach · Aus der Zeitung hat er erfahren, dass er Schiedsmann wird. Das ist über 40 Jahre her. Und nun hat Norbert Hildesheim sein Ehrenamt an den Nagel gehängt. In seinem größten Fall musste der Sulzbacher zwischen 31 Personen vermitteln.

 Schiedsmann Norbert Hildesheim Foto: Dennis Langenstein

Schiedsmann Norbert Hildesheim Foto: Dennis Langenstein

Foto: Dennis Langenstein

42 Jahre lang sorgte Norbert Hildesheim als Schiedsmann für Frieden in seiner Nachbarschaft. Ende April endete nun sein Amt in der Stadt Sulzbach . Dabei rutschte der ehemalige Drogist eher unfreiwillig in das Ehrenamt. Nach seiner Mitgliedschaft im Stadtrat (1956 - 1968) wandte sich 1973 der ehemalige Bürgermeister Richard Bellon an Hildesheim. Ein neuer Schiedsmann für die Stadtmitte wurde gebraucht. "Ich sagte, wenn ihr keinen anderen findet, mache ich es. Acht Tage später habe ich aus der Zeitung erfahren, dass ich neuer Schiedsmann bin."

Am Anfang seiner Schlichterrolle hatte der Sulzbacher nicht nur bei Nachbarschaftsstreitigkeiten, sondern auch in Fällen des Strafrechts zu vermitteln. Besonders viel zu tun war dabei an Fastnacht, Kirmes und Hexennacht. "Die Dudweilerer und Sulzbacher waren sich damals nicht immer einig. Und wenn beispielsweise ein Dudweilerer hier ein Mädchen hatte, gab es auch mal ein blaues Auge", berichtet der heute 77-Jährige. Dabei hatten die Kontrahenten im Anschluss ein großes Interesse daran, dass ein Schiedsmann schlichtet: "Sonst wären die Fälle vor Gericht gegangen und Vorstrafen hätten gedroht. Dabei spielte die Angst um die Lehrstelle eine große Rolle", erklärt Hildesheim. Er suchte dann den Vergleich. Am Ende galt es meist eine Spende etwa an das Rote Kreuz oder einen Kindergarten zu entrichten.

Ein Erlass des Innenministeriums habe dann die Lage geändert. Hildesheim: "Solche Fälle sollten nun zuerst an die Staatsanwaltschaft. Nur wenn dort kein Interesse bestand, konnte jemand noch zum Schiedsmann gehen." Und mit dem Aufkommen der Rechtsschutzversicherungen schrumpften die Fallzahlen für die Schiedsmänner weiter. "Galt es in den 70er Jahren noch etwa 60 Fälle pro Jahr zu schlichten, waren es 2014 noch zwei in der Stadtmitte. In ganz Sulzbach gerade einmal sechs Fälle", so Hildesheim. Daher entschloss sich der Stadtrat vor kurzem auch, Schiedsbezirke zusammenzulegen. In seinem größten Fall hatte Hildesheim zwischen 31 Personen zu vermitteln. ,,30 Antragssteller und ein Beschuldigter. Und jeder Antragssteller wollte einen eigenen Vergleich", erinnert er sich. Für die Verhandlungen musste er eigens einen Raum in der ehemaligen Festhalle reservieren.

Doch es blieb nicht nur bei seiner Schlichterrolle in Sulzbach . Seit 1978 war er Vorsitzender des Bundes Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen (BDS), Bezirksvereinigung Saarbrücken, 1991 wurde er Landesvorsitzender und Mitglied im Bundesvorstand der Schiedsleute. Doch er engagierte sich auch im Kirchenvorstand der Pfarrei Allerheiligen (1970 - 1973) und übernimmt heute noch dort karitative Aufgaben. Und er saß im Vorstand der Ökumenischen Sozialstation Sulzbach-Fischbachtal von 1996 bis 2001.

Sein unermüdlicher Einsatz brachte ihm 2004 die Bundesverdienstmedaille, 2008 zeichnete ihn die Stadt Sulzbach mit der Bürgermedaille aus. Aktuell ist Hildesheim noch vier Wochen lang Vorsitzender der Bezirksvereinigung der Schiedsleute in Saarbrücken, dann legt er auch dieses Amt nieder. Einen letzten Wunsch hätte er aber noch für seine Nachfolgerinnen und Nachfolger: "Ein bundesweit einheitliches Nachbarschaftsrecht würde vieles erleichtern."

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