Mit Wucht hat ihn die Literatur erwischt

Sulzbach · Begeistert ließ Jens Eisel, der neue Starautor am Literaturhimmel, am Freitagabend seine Zuhörer in der Stadtbibliothek Sulzbach zurück. Eisel glänzte mit eindrücklichen Beschreibungen und mit seiner Ausstrahlung.

 Jens Eisel zog mit seinen sehr eindrucksvollen Kurzgeschichten die aufmerksamen Zuhörer in der Sulzbacher Stadtbibliothek in seinen Bann. Foto: Iris Maurer

Jens Eisel zog mit seinen sehr eindrucksvollen Kurzgeschichten die aufmerksamen Zuhörer in der Sulzbacher Stadtbibliothek in seinen Bann. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

"Ich habe die Augen geschlossen, und es ging eine Welt vorbei." Ein Besucher aus Kirkel kam am Freitagabend nach der Lesung von Jens Eisel in der Stadtbibliothek Sulzbach nicht mehr aus dem Schwärmen heraus. "Man fühlt, dass Sie sich am Hafen zu Hause fühlen", sagte derweil Jürgen Reimertshofer, der selbst einige Jahre in Hamburg verbrachte, zum Autor.

Der Hafen und die sich im Wasser spiegelnden Lichter: Beide haben es dem 1980 geborenen Schriftsteller angetan. "Hafenlichter" heißt deshalb auch sein Erstlingswerk, welches im September erschien. 144 Seiten mit 17 Kurzgeschichten enthält es. Und die haben es in sich. Nachdenkliche und melancholische Geschichten mit stellenweise viel Sentimentalität.

"Wer kann Dir helfen, wenn das Glück Dich verlässt" ist etwa eine Schlagzeile des Buches. Doch solcherlei schadet den im Stil der amerikanischen Short-Storys gehaltenen Erzählungen überhaupt nicht. Dabei sind Eisels Geschichten neutral. "Die könnten genauso gut in New York spielen. Es ist eine Kunstwelt", erklärte er im Gespräch mit den Zuhörern. Deshalb kommen in den Texten Handys ebenso wenig vor wie das Internet oder der FC St. Pauli. Der Autor selbst sorgt dafür, dass alles aufkommt - nur eben keine Trübsal. Ab dem ersten Augenblick der gut besuchten Lesung zieht der aus Wellesweiler stammende Schriftsteller die Zuhörer in seinen Bann. Ob es das Timbre ist, welches einerseits zart wirkt, ohne dabei sensibel zu wirken. Oder seine Ausstrahlung, weil er als gelernter Schlosser, Hausmeister, Lagerarbeiter und Pfleger schon viel vom Leben mitbekommen hat, bleibt offen. Wenn er liest, und das zum ersten und bislang einzigen Mal im Saarland, hängt man schnell an seinen Lippen. Das ist irgendwie Magie.

Unterstützt wird das Ganze durch eine mehr als detailgetreue Schreibe. Dabei betont er, dass die Geschichten, die oft auf St. Pauli spielen, frei erfunden sind. Er hat nichts davon erlebt. Fantasie kommt beim Lesen und Hören seiner Werke auf. Es wird in ihnen viel ausgelassen, was der Leser selbst automatisch ergänzt.

Der Mann hat den Quereinstieg ins Literatur-Business gewählt. Er verfügt über einen Hauptschulabschluss und hatte mit Büchern zunächst nie groß was am Hut. Später hat ihn die Literatur dann aber mit voller Wucht erwischt. Nachdem ihm Neunkirchen und später die Szene des Nauwieser Viertels in Saarbrücken zu eng und zu klein waren, ist er in das Milieu der Waterkant eingetaucht.

Die Weltstadt zieht ihn regelrecht an, gab er offen zu. Das Glück war ihm hold, denn er schaffte das, wovon viele nur träumen: die Aufnahme am Literaturinstitut Leipzig. Eine Uni, bei der man vom Professor ausgewählt wird. Oder eben nicht.

Unmittelbar danach der zweite Volltreffer: Eine Berliner Literaturagentur nimmt ihn bald unter Vertrag und zieht genauso schnell den renommierten Münchener Piper-Verlag an Land.

Der neue Starautor spricht seine Texte immer zuvor auf Band und hört sie sich wegen des Rhythmus an. Das scheint sich bewährt zu haben, denn die Worte kommen dem Mann dermaßen flüssig und zugleich ruhig über die Lippen. Sein nächstes Werk wird ein Roman sein. Auch der spielt in Hamburg .

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