Ein Arzt ist der Mann am Klavier

Sulzbach. "Nur ein Doppelleben?!", lacht Dr. med. Hans-Ulrich Brandt, "das ist schon schizophren"

Sulzbach. "Nur ein Doppelleben?!", lacht Dr. med. Hans-Ulrich Brandt, "das ist schon schizophren". Der 49-jährige Urologe hat seit 1996 seine eigene Praxis in Sulzbach, seine Freizeit widmet er aber seiner Passion, der Musik: Er spielt fünf Instrumente, gründete 2000 ein Tango-Quartett, komponiert eigene Werke für Streichquartett oder Kammerorchester, seit er zwölf Jahre alt ist, und gibt Konzerte. Mit seinem Orchester wird der gebürtige Bremer ein in Berlin uraufgeführtes Konzert im September auf eine Sulzbacher Bühne bringen. Die Musik beschreibt er als "typisch Brandt": eine vielschichtige Mischung aus Kunstlied, Bossa Nova, Gesangsstück sowie rezitativ mit harmonischem Charakter und ein paar schrägen Ecken. Das Thema des Liederzyklusses ist ein ernstes. "Es geht mir auf den Zwirn, dass die Leute in unserer Spaßgesellschaft viele Dinge nicht mehr hinterfragen oder verdrängen", erklärt der klavierbegeisterte Arzt. Für ein Konzertwerk sei er schon längere Zeit auf der Suche nach guten Texten gewesen, im Berliner Mauermuseum ist er 2005 fündig geworden: die "Moabiter Sonette" des deutschen Diplomaten Albrecht Georg Haushofer, der in der Nacht zum 23. April 1945 zusammen mit Klaus Bonhoeffer von der SS ermordet worden war. Während seiner fünfmonatigen Inhaftierung im Gefängnis in Berlin-Moabit hat der NS-Kritiker 80 Sonette geschrieben. "Die Sonette zeigen, was mit einem inhaftierten Menschen passiert, er erinnert sich und flüchtet in Träume", erklärt Brandt seine Faszination für die Texte. Die persönlichen Reflexionen und politischen Inhalte haben Brandt sofort angesprochen. Das Berliner Publikum habe bei der Aufführung im Januar mächtig applaudiert, Ältere seien bewegt und mit feuchten Augen aus dem Konzertsaal gegangen. Dem Konzert im Salzbrunnenhaus am 11. September fiebert der Pianist und Urologe bereits entgegen, hofft, dass die 100 Plätze besetzt werden. Zumal er die Moabiter Sonette dann auch mit seinem 13-jährigem Sohn Oliver spielen wird. Der Vater am Klavier, der Sohn an den Percussions. "Mit meinem Sohn gemeinsam auf der Bühne stehen, ist das Beste, was es gibt im Leben", berichtet Vater Brandt stolz.Die Musikbegeisterung scheint der Familie generationsübergreifend im Blut zu liegen. Brandts Vater, ebenfalls Arzt, spielte "aus Spaß an der Freude" Klavier in den Berliner Kaffeehäusern der 30er Jahre. Die Mutter tanzte klassisches Ballett.Bis zum Konzert im Salzbrunnenhaus will Dr. Brandt noch die eigene CD zu den Moabiter Sonetten produzieren. Er trennt jedoch Musik und Medizin, das sind für ihn verschiedene Ebenen. Nur seine Finger werden in der Praxis und auf der Bühne gebraucht. Karten beim Sulzbacher Kulturamt unter Telefon (0 68 97) 9 24 83 10 zum Preis von sieben Euro pro Person.

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