Die Saar-AfD mag es familiär

Sulzbach · In einer Kampfabstimmung um den Listenplatz 1 hat sich Michel Dörr gestern gegen den Saarbrücker Anwalt Christian Wirth durchgesetzt. AfD-Landeschef Josef Dörr nannte das Landtagswahlergebnis von 6,2 Prozent „hervorragend“.

 Vater und Sohn in der ersten Reihe: Josef Dörr (l.), AfD-Landeschef, und Michel Dörr, der in Sulzbach die Kampfabstimmung über den Listenplatz 1 für den Bundestag gegen Christian Wirth gewann. Foto: Becker & Bredel

Vater und Sohn in der ersten Reihe: Josef Dörr (l.), AfD-Landeschef, und Michel Dörr, der in Sulzbach die Kampfabstimmung über den Listenplatz 1 für den Bundestag gegen Christian Wirth gewann. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Die AfD im Saarland zieht nach einer parteiinternen Machtprobe mit dem 53-jährigen Studienrat Michel Dörr, Sohn von AfD-Landeschef Josef Dörr, 78, als Spitzenkandidat in die Bundestagswahl im Herbst. In einer Kampfabstimmung um den derzeit einzig aussichtsreichen Listenplatz 1 für die Wahl setzte sich Dörr am Sonntag auf dem Landesparteitag der AfD in Sulzbach mit 45 zu 31 gültigen Delegiertenstimmen gegen den Saarbrücker Anwalt und Dörr-Kritiker Christian Wirth durch.

Der Antrag des Saarlouiser AfD-Delegierten Volker Ochs, "die Presse vom Parteitag auszuschließen, um eine offene Diskussion ohne Schaden für die Partei zu ermöglichen", scheiterte mit 27 zu 32 Stimmen, da der Antrag als "nicht besonders dringlich" eingestuft wurde.

"Unser Land, Unsere Regeln", prangt beim AfD-Parteitag die Landtagswahl-Parole nochmals auf der Foto-Leinwand in der Sulzbacher Aula. Auf den Delegiertentischen fast schon traditionsgemäß wieder kleine Blumentöpfe mit Deutschland-Flagge. AfD-Landeschef Josef Dörr (78) zeigt sich zu Beginn des Parteitags sehr zufrieden mit dem Landtagswahlsergebnis von 6,2 Prozent. "Wir haben ein hervorragendes Ergebnis erreicht", sagt er mit Blick auf den Einzug der AfD in den Landtag. Erst nachdem ein paar Delegierte in den hinteren Reihen leicht raunen, fügt er an: "Es hätte noch besser sein können". Aber im Machtkampf zwischen Schwarz und Rot-Rot habe auch die AfD Federn lassen müssen und vor allem an die CDU Stimmen verloren. "Wir haben erst einmal erreicht, dass unsere Politikthemen Themen geworden sind, mit denen man sich beschäftigt", so Dörr. Nach ersten abgehakten Parteitagsformalien stellt der Delegierte Ochs den Antrag auf Presseausschluss, scheitert aber damit. "Wenn wir tatsächlich die Presse ausschließen sollten, ist die Schlagzeile doch schon klar...", hält ihm ein Delegierter unter Applaus entgegen. Nach eineinhalb Stunden werden dann die Personalvorschläge für Listenplatz 1 der AfD bei der Bundestagswahl am 24. September gemacht. Der im Vorfeld als Bewerber gehandelte Stuttgarter AfD-Politiker, Rechtsanwalt Eberhard Brett, ist gar nicht erst gekommen.

Drei andere vorgeschlagene Kandidaten wollen nicht antreten. Übrig bleiben für die Kampf-Kandidatur nur Michel Dörr und Dörr-Kritiker Wirth (53), der sich bei der Kandidatenvorstellung als "preußisch erzogen" und ehemaliger Burschenschaftler outet und zugibt, dass er in den 1990er Jahren "mal finanziell auf die Fresse gefallen" sei und Insolvenz anmelden musste. Seine zeitweise zurückgegebene Rechtsanwaltszulassung habe er seit vergangenem Jahr wiedererlangt.

Der später um die Spitzenkandidatur siegreiche Dörr-Sohn Michel stellt sich als "verheiratet, zwei Kinder, Diplom-Biologe und Lehrer" mit französischem Abitur und Wehrdienst in Bexbach und Südtirol vor. 2002 sei er zurück ins Saarland gekommen, 2013 in die AfD eingetreten, zuletzt als AfD-Kreisvorsitzender Saarbrücken-Land. Er wolle nun einen engagierten Wahlkampf führen und auf Befragen zum Thema Zuwanderung erklärt er: "Es sind viel zu viele Leute ohne Pässe reingelassen worden". Jetzt müsse es mehr Abschiebungen geben. Nach seiner Wahl auf Spitzenplatz eins sagt Dörr: "Ich werde Euch nicht enttäuschen". Der unterlegene Kandidat Wirth, der es als "Akt der Demokratie" bezeichnet hatte, "gegen die Dörr-Phalanx" anzutreten, steht am Ende in der letzten Reihe und beklatscht "aus Höflichkeit", wie er sagt, dennoch auch den Sieger. Auf eine erneute Kandidatur für den wenig aussichtsreichen Listenplatz zwei verzichtet er. Der Parteitag endet mit dem Deutschland-Lied.

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