Abend deutsch-französischer Freundschaft Chansons begeistern Besucher in der Aula
Sulzbach · Bei der sechsten Auflage des deutsch-französischen Chansonpreises in Sulzbach standen nur drei von vier Finalisten auf der Bühne der Aula.
Um 21.45 Uhr standen die Gewinner fest. Eine halbe Stunde lang hatte sich die Jury beraten und sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Bei der Verkündung waren sich aber Jury, Schirmherren und Schirmherrin sowie Publikum einig: Im Grunde waren alle Finalisten des Sulzbacher Chanson- und Liedermacherpreis 2023 bereits Gewinner, denn sie wurden aus einer Vielzahl von fast einhundert Bewerbungen ausgewählt, am vergangenen Samstag in der Sulzbacher Aula mit ihren Beiträgen zu überzeugen. Chansons erfreuen sich großer Beliebtheit, nicht nur in Frankreich.
Die Texte spielen bei diesem Genre eine besondere Rolle. Aber ein Wettbewerb, in dem sich hierbei sowohl deutsche und französische Liedermacher auf einer Bühne zusammentreffen und sich messen, gibt es außer in Sulzbach nirgends. Das Festivalformat „Die Sulzbacher Salzmühle – Le Moulin á Sel de Sulzbach“ aus der Feder des Sulzbacher Liedermachers und Frankreich-Beauftragten Wolfgang Winkler ging dieses Jahr in die sechste Runde. Die Auszeichnung wird Solokünstlern verliehen, die eigene Chansons in deutscher oder französischer Sprache singen.
Die Stadt Sulzbach und SR 2 Kulturradio präsentieren die Salzmühle seit 2011. Der Festsaal des Sulzbacher Eventhauses war ausverkauft. Unter den Gästen viel saarländische Prominenz. Insgesamt 7000 Euro Preisgelder, gestiftet von Sponsoren und dem Deutsch-Französischen Bürgerfonds, waren zu vergeben. Je 2000 Euro gingen an die Preisträger der Französischen und der Deutschen Interpretation. 1000 Euro erhielten die jeweils Zweitplatzierten. Hinzu kamen je 500 Euro als Sonderpreis für ein Lied zum Thema „Salz“ und 500 Euro für den Publikumsliebling des Abends. Den Publikumspreis hatte Ministerpräsidentin Anke Rehlinger gestiftet, die gemeinsam mit Bürgermeister Michael Adam und Generalkonsul Sébastien Girard die Schirmherrschaft über die Veranstaltung hatte.
Eigentlich hatte man am Samstag vier Finalisten auf der Bühne erwartet. Doch ein kleines böses Virus machte der deutschen Interpretin Magdalena Ganter aus dem Schwarzwald einen Strich durch die Rechnung. Sie musste ganz kurzfristig ihre Teilnahme absagen und verpasste damit die Chance auf einen ersten Preis. So kämpften nur noch die französische Sängerin „Vanille“, der Chansonnier Frédéric Zeitoun sowie der Berliner Liedermacher Stephan Krawczyk um die begehrte Trophäe: eine handgedrechselte und gravierte Salzmühle aus der Hand des Sulzbacher Künstlers Walter Schwingel. Auch um die pünktliche Ankunft der beiden Künstler aus Frankreich hatte man im Vorfeld der Veranstaltung gezittert. Aufgrund des Streiks waren sie aus Paris mit dem Auto angereist und unterwegs ereilte Frédéric Zeitoun, der mit seinem Gitarristen unterwegs war, zudem eine Autopanne. Doch allen Widrigkeiten zum Trotz schafften sie es am Samstagabend in die Salzstadt und alle drei verbliebenen Finalisten präsentierten jeweils ein hervorragendes Liveprogramm. Zwanzig Minuten hatte jeder Zeit, um Jury und Publikum zu überzeugen.
Als Erstes trat die Französin „Vanille“ auf. Ihr Vater Julien Clerc ist einer der großen Französischen Chansonniers. Tochter Vanille (auf den Nachnamen verzichtet sie) macht es ihm nach. Sie reiste durch die Welt und tourte durch die Bars ihres Landes, wo sie viele Geschichten sammelte, die ihr musikalisches Wirken beeinflussen. Talent und Gefühl – beides stimmte bei Vanille – zart und lyrisch besang die strahlende Sängerin, die sich auf der Gitarre begleitete, die Liebe in all ihren Facetten: die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind, die Liebe zu einer Freundin, die Liebe zum Leben, toxische Liebe und auch die leidenschaftliche Liebe.
Der aus Ostdeutschland stammende Liedermacher und Autor Stephan Krawczyk kam als Zweiter an die Reihe. Der begnadete Gitarrist und Philosoph entpuppte sich als wahrer Wortakrobat. Seine Vielfältigkeit demonstrierte er nicht nur auf der Gitarre, sondern spielte streckenweise auch auf einem über 117 Jahre alten Bandoneon. „Das erbringt Ihnen den Beweis, dass man auch im Alter noch einen schönen Klang haben kann“ erklärte er augenzwinkernd. Seine Texte – mal nachdenklich, mal frech, mal kritisch und mal leidenschaftlich – begeisterten das Publikum. „Wir heizen mit Tango und mit Fantasie. Die Energie kann sich drehen und wenden, wie sie will, beim Heizkostentango steht der Zähler still“, hieß es etwa bei seinem zackigen „Heizkostentango“. Sein Beitrag zum Thema Salz ging ebenfalls gleich ins Ohr und beim Refrain sang das Publikum schnell mit. So stellte der oder die Besungene im Kommentar beim gemeinsamen Mahl fest: „Verliebt biste nicht – mit Salz wär‘s ein Gedicht. Soll etwas schmackhaft sein – muss Salz mit rein!“
Als Kandidat Nummer drei präsentierte sich der Pariser Musiker und Texter Frédéric Zeitoun, der schon als Teenager Texte schrieb – nicht nur für sich, sondern auch für viele andere bekannte französischsprachige Künstlerinnen und Künstler. Neben seinem musikalischen Wirken kennt man ihn in seiner Heimat auch als Journalist, Buchautor und Moderator. In seinen poetischen und melancholischen Liedern erzählte er Geschichten über das Leben mit seinen Höhen und Tiefen, über das Wünschen und Träumen und – wie sollte es anders sein – von der Liebe.
„Ich komme von Anfang an zu jedem Finale dieses Wettbewerbs und bin immer wieder aufs Neue begeistert davon, wie diese Künstler es schaffen, auf so poetische Weise Worte zu finden und Gefühle und Geschichten in Texte und Lieder zu verpacken, dass man Gänsehaut bekommt“, erklärte Besucherin Beatrice Oetzel begeistert. Im Herzen der Elsässerin, die seit über 50 Jahren in Saarbrücken lebt, schlagen zwei Herzen. „Ich liebe meine französischen Wurzeln, aber auch meine saarländische Heimat. Sulzbach ist dabei sehr besonders. Ich kenne keinen Ort, an dem man die deutsch-französische Freundschaft so lebt wie hier“, befand sie.
Am Ende des Abends hatte die Jury die schwierige Aufgabe, die Sieger zu ermitteln, wie SR-Moderatorin Susanne Wachs (Saarländischer Rundfunk) betonte. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Gerd Heger hatte die Chanson-Expertin durch den Abend geführt. Die Jury-Mitglieder Sébastien Girard (Generalkonsul und Jury-Vorsitz), Stefanie Bungart-Wickert (Kulturamt Sulzbach), Daniel Schmit aus der Partnergemeinde Rémelfing, Hervé Atamaniuk (Leiter der Kulturabteilung der Stadt Saargemünd) sowie Wolfgang Winkler (Wettbewerbsleiter) waren sich jedoch am Ende einig: Den ersten Preis für die beste französische Interpretation erhielt Fréderic Zeitoun.
„Vanille“ freute sich über den zweiten Preis in dieser Kategorie. Abräumer des Abends war für seine virtuosen und mitreißenden Beiträge Stephan Krawczyk. Er erhielt nicht nur den ersten Preis für den besten deutschen Beitrag, sondern es wurde ihm auch der Sonderpreis für sein „Salzlied“ zuerkannt. Für seine überzeugende Bühnenpräsenz wählten ihn die Besucherinnen und Besucher zudem mit überwältigender Übereinstimmung zum Publikumsliebling des Abends. „Mein großer Dank geht an das komplette Team, angefangen von zahllosen Helferinnen und Helfern über die Sponsoren bis hin zu all den Menschen, die diesen Wettbewerb möglich machen. Ich bin unheimlich froh, dass so viele diese Sache unterstützen“, resümierte in glücklicher Wolfgang Winkler.