Ansiedlungspläne Neuer Versuch einer Ansiedlung

Sulzbach · Ein Dienstleister für Biobanking und Kryologistik braucht in Neuweiler mehr Platz und will bauen. Die Pläne stellte der Geschäftsführer jetzt Bürgern vor.

 Dr. Vincent von Walcke-Wulffen erläutert die Pläne.

Dr. Vincent von Walcke-Wulffen erläutert die Pläne.

Foto: Thomas Seeber

Vor rund anderthalb Jahren war die Grünfläche in Neuweiler bereits ein Streitthema – jetzt vielleicht wieder? Wie Dr. Vincent von Walcke-Wulffen bei einer Bürgerversammlung mitteilte, möchte er mit seinem Unternehmen dort bauen und ansiedeln. Sein Unternehmen, das ist die Bio-Kryo GmbH. Der Dienstleister für Biobanking und Kryologistik ist derzeit noch beim Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik (IBMT) im Industriegebiet angesiedelt. Da allerdings sowohl das Institut selbst als auch die GmbH mehr Platz benötigen, plane Bio-Kryo einen Neubau.

Auch wenn der Großteil der rund 40 anwesenden Bürger nicht abstritt, dass es sich um ein interessantes Unternehmen handele, blieben die Argumente der Anwohner dieselben wie im Sommer vergangenen Jahres. Seinerzeit plante eine Tankstelle eine Neuansiedlung. Dagegen lief Protest heiß, weil man keinen weiteren Ausbau des Industriegebietes haben wollte. Man befürchtete zunehmenden Lärm, im Fall von Bio-Kryo beispielsweise von den Behältern mit flüssigem Stickstoff, und den Wegfall von Grünfläche. Da wollte man auch das Argument einer Bürgerin nicht hinnehmen, dass Neuweiler doch von Wald umgeben sei.

Aus der Anwohnerschaft kam die Frage, ob man nicht einen der Leerstände von ehemaligen Industrieunternehmen nehmen könne. Bürgermeister Michael Adam wies darauf hin, dass diese im Gegensatz zu besagter Grünfläche nicht im Eigentum der Stadt seien. Vincent von Walcke-Wulffen selbst erklärte, dass dies finanziell schlicht nicht zu stemmen sei. Zudem würden einige der Bestandsgebäude von einer Immobilienfirma aus Kanada verwaltet. Ein Bieterverfahren sei auch bereits gescheitert, weil der Preis offensichtlich viel zu hoch angesetzt sei. Selbst von Hydac sei der Verweis gekommen: „Finger weg.“

Da das Thema noch im Stadtrat behandelt wird, waren auch zahlreiche Mitglieder der dort vertretenen Fraktionen anwesend, um sich ein Bild zu machen. Was es genau mit Bio-Kryo auf sich hat und wozu genau eine Erweiterung diene, erläuterte Walcke-Wulffen. Der geschäftsführende Gesellschafter brachte seine Vision auf den Punkt: „Wir könnten die größte Biobank Europas nach Neuweiler holen.“ Er schätze den Standort, und die Forschungs- und Geschäftsverbindung mit dem Fraunhofer IBMT sei ideal, um hier zu erweitern.

Derzeit habe man bereits mehr als 50 000 Proben eingelagert. Das Ziel des 2010 gegründeten Unternehmens sei es, bis 2025 fünf Millionen Proben einzulagern. Die Proben, das sind Zelllinien und Gewebe, die Patienten für spätere therapeutische oder diagnostische Zwecke entnommen wurden und die kryogelagert werden: Sie sind also bis auf minus 150 Grad heruntergekühlt. Das Überleben der Zellen ist möglich durch ein spezielles „Frostschutzmittel“, das ihnen beim Kühlvorgang Wasser entzieht und zu einer Verglasung führt.

Proben werden beispielsweise von Ovargewebe, also aus dem Eierstock, entnommen. Kryogelagert werden auch Proben von Nebenschilddrüsen. Letztere kommen beispielsweise bei der „relativ seltenen“ Krankheit sekundärer Hyperparathyreoidismus (sHPT) zum Einsatz. Dabei kann die kryogelagerte Schilddrüse zum Einsatz kommen. Das Ovargewebe kann bei Brustkrebs verwendet werden. Denn eine „Nebenwirkung“ einer Brust-Amputation seien Unfruchtbarkeit und ein erhöhtes Eierstockkrebsrisiko. „Das ist keine Science Fiction – das ist die Realität“, so Walcke-Wulffen über die Eingriffe.

Die eingelagerten Proben seien übrigens auch nicht interessant für ein terroristisches Ziel, erklärte der geschäftsführende Gesellschafter auf Nachfrage. Denn Proben von beispielsweise Ebola oder HIV werden nicht eingelagert. Dafür habe man gar keine Sicherheitsfreigabe. Als Dienstleister biete man zudem Kliniken für die notwendige Operation das gesamte benötigte Werkzeug an. So werde die Kühlkette nicht unterbrochen. Übrigens sei es in einem weiteren Schritt auch angedacht, die Konservierung, die derzeit noch an der Uniklinik in Düsseldorf vorgenommen wird, nach Neuweiler zu holen. In der „Allianz-Arena“, wie das Fraunhofer IBMT wegen der prägnanten Außenhülle genannt werde, „passiere Forschung auf Welt-Niveau“.

Eine Bürgerin äußerte, dass es in den kommenden Jahren vermutlich erneut Anfragen zu dem betreffenden Grundstück geben werde. Sie gab zu bedenken: „Man kann, glaube ich, keinen leiseren Nachbarn bekommen.“

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