Portrait einer Nachwuchspolitikerin Studentin kämpft für gute Bildung

Saarbrücken · Frederike Merl sitzt für die Grünen im Saarbrücker Stadtrat und setzt sich für kostenlose Kitas und mehr Lehrer in Schulen ein.

Die junge Politikerin Frederike Merl entspannt gerne vor dem Cafe Ubu le Roi im Nauwieser Viertel.

Die junge Politikerin Frederike Merl entspannt gerne vor dem Cafe Ubu le Roi im Nauwieser Viertel.

Foto: Iris Maria Maurer

Für andere wären ein Lehramtsstudium und die Erziehung einer zweijährigen Tochter völlig ausreichend für ein ausgefülltes Leben. Das gilt aber nicht für Frederike Merl. Die 26-Jährige engagiert sich auch noch für die Grünen in der Kommunalpolitik, sitzt im Bezirksrat Mitte und im Stadtrat.

Warum macht sie das, während andere junge Leute keine Lust auf Parteipolitik haben? „Die Bildungspolitik war ausschlaggebend“, sagt die junge Frau, als wir bei herrlichem Sommerwetter vor dem Café Ubu le Roi im Nauwieser Viertel sitzen. Sie kritisiert die Hochschulpolitik der CDU/SPD-Landesregierung. Merl studiert Sozialkunde und Religion auf Lehramt. Weil es Sozialkunde an der Saar-Uni nicht mehr gebe, müsse sie für dieses Fach nach Kaiserslautern fahren und Beiträge an zwei Unis bezahlen. Sehr kritisch sieht sie, dass die Studenten an der Saar-Universität in Saarbrücken neben dem Semesterbeitrag unter anderem für das Semesterticket ab dem Wintersemester zusätzlich eine Verwaltungsgebühr von 50 Euro zahlen müssen. Weil Merl aber ein Kind unter zehn Jahren hat, kann sie nach Angaben der Uni einen Antrag stellen und sich die Verwaltungsgebühr erstatten lassen.

Als Merl auf ein Lehramtsstudium wechselte und im Praktikum gesehen habe, dass die Lehrer oft überfordert sind, habe sie entschieden, selbst etwas zu tun und in die Politik zu gehen. Eine große Herausforderung sei zum Beispiel der gemeinsame Unterricht von behinderten und nicht-behinderten Kindern. „Die Lehrer werden dafür nicht ausgebildet“, sagt Merl. Auch seien die Klassen zu groß. Die Zahl der Lehrer müsse nach ihrer Ansicht dringend erhöht werden. Merl hat entschieden: Sich zu engagieren sei besser, als auf andere zu zeigen. Das mache sie bei den Grünen, weil ihr das Parteiprogramm besonders zugesagt habe. Die 26-Jährige will etwas verändern. Zum Beispiel bei den Krippengebühren. Die bekommt sie am eigenen Leib zu spüren, seit Tochter Charlotte in die Kita an der Uni geht. „Hier wird der Grundbaustein fürs Leben gelegt. Die Kita müsste eigentlich kostenlos sein“, erklärt Merl. Weil das aber nicht von heute auf morgen gehe, ist sie dafür, in einem ersten Schritt die Gebühren nach Einkommen zu staffeln. Das heißt: Wer wenig verdient, soll weniger bezahlen als Wohlhabende. Merl ist überzeugt: „Die Landesregierung müsste viel mehr in die Bildung investieren.“

Die junge Frau weiß, dass die Bildungspolitik auf Landesebene entschieden wird. Aber auch der Stadtrat kann Zeichen setzen. So beschloss er Ende 2016, dass die Krippengebühren nicht mehr automatisch mit den Personalkosten steigen. Merl will jetzt in der Kommunalpolitik Erfahrungen sammeln. Als sie vor einigen Wochen gefragt wurde, ob sie in den Stadtrat für die Grünen nachrücken will, hat sie nicht lange überlegt: „Ja, gerne.“ Das wurde möglich, weil sich zunächst drei Grünen-Stadtverordnete nach dem Streit um den Fraktionsvorsitz als „Unabhängige Grüne“ abgespalten hatten, dann aber ihre Mandate niederlegten. So rückten drei neue Mitglieder für die Grünen nach.

Wie schafft sie das, Studium, Kind und Politik unter einen Hut zu bringen? „Das ist eine Frage der Organisation.“ Sie habe tolle Schwiegereltern und Freunde, die sie und ihren Mann unterstützen, sagt Merl. Ob sie für den Stadtrat bei der Kommunalwahl 2019 kandidieren will, weiß sie heute noch nicht, schließt es aber nicht aus. Jetzt wird im August erst mal kirchlich geheiratet, Anfang 2019 will sie ihren Master machen, anschließend ins Referendariat einsteigen und viel Zeit mit ihrer Tochter verbringen.

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