Kein Glühwein am Stand? Städte noch unsicher bei Weihnachtsmärkten

Saarbrücken · Knapp drei Monate vor dem ersten Advent steht in vielen Städten noch die Entscheidung aus, ob unter Corona-Bedingungen 2020 überhaupt Weihnachtsmärkte stattfinden können.

 Wird es dieses Jahr nicht geben: den fliegenden Weihnachtsmann über dem St. Johanner Markt in Saarbrücken.

Wird es dieses Jahr nicht geben: den fliegenden Weihnachtsmann über dem St. Johanner Markt in Saarbrücken.

Foto: Iris Maria Maurer

Niemand war so schnell und so konsequent wie St. Wendel. „In diesem Jahr kann der romantische Markt in den engen Gassen der Altstadt aus Infektionsschutzgründen leider nicht stattfinden“, gab die Stadt in der vergangenen Woche bekannt. Da dem stark frequentierten St. Wendeler Weihnachtsmarkt mit seinen engen Gassen die Voraussetzungen fehlten, um ein Hygienekonzept mit Höchstbesucherzahl, Abstandsregeln und Maskenpflicht sinnvoll umzusetzen, habe die Stadtverwaltung entschieden, den Weihnachtsmarkt frühzeitig abzusagen. Dies geschehe auch mit Rücksicht auf die vielen Standbetreiber, die seit Jahren dem St. Wendeler Weihnachtsmarkt treu seien. „Sie benötigen Planungssicherheit, denn sie fangen jetzt mit den Arbeiten für den Markt an“, sagte Bürgermeister Peter Klär (CDU). Gleiches gelte für die Unternehmer von Pauschalreisen, die dafür sorgten, dass pro Jahr mehr als 200 Reisebusse die Kreisstadt ansteuerten.

Amtskollege Hermann Josef Schmidt (CDU) aus Tholey, Präsident des Saar-Städte- und Gemeindetages, dem alle 52 Städte und Gemeinden des Saarlandes angeschlossen sind, kann die Entscheidung verstehen. „Man muss bedenken, dass die Bedingungen, um einen solchen Markt abhalten zu können, nicht einfach sind“, sagte er. Das heißt, man benötige eine abgesperrte Fläche, man müsse kontrollieren, dass nicht mehr als 900 Besucher da seien, die Möglichkeit der Kontaktnachverfolgung müsse gewährleistet sein, der Abstand müsse eingehalten werden und Geschirr dürfe nur bei mindestens 60 Grad gewaschen werden. „Die äußeren Bedingungen und Beachtung der Vorschriften sind schon ein Hindernis. Da muss sich jeder genau überlegen, ob er das organisatorisch schafft oder nicht“, meint Schmidt. Sein Entschluss ist jedenfalls schon eindeutig: „Ich habe für mich entschieden, dass ich das nicht möchte und habe das auch mit dem Ortsvorsteher kommuniziert.“ Er tendiere dazu, in diesem Jahr keinen Weihnachtsmarkt auf dem Schaumberg durchzuführen. „Dort sind immer einige tausend Leute – das geht eigentlich gar nicht.“ Und dabei gehe es nicht nur darum, dass es schwierig sei, die organisatorischen Bedingungen zu erfüllen. „Ich möchte auch kein Hotspot werden!“, gibt er zu. „Ich denke auch an die Gesundheit der Menschen. Und dort, wo auch gegessen wird, ist es einfach schwierig, die Abstandsregeln einzuhalten.“

Nach Ansicht von Regierungssprecher Alexander Zeyer (CDU) sei die Durchführung von derartigen Veranstaltungen mit entsprechenden Hygienekonzepten grundsätzlich möglich. Inwiefern die Hygieneauflagen eingehalten werden könnten, hänge entscheidend von den jeweiligen Gegebenheiten vor Ort ab. Zeyer: „Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang solche Veranstaltungen stattfinden können, treffen aus diesem Grund die zuständigen Städte und Gemeinden selbst.“

Auch in Saarlouis werden die Bürger in diesem Jahr wohl auf den beliebten Weihnachtsmarkt verzichten müssen. „Er wird so nicht stattfinden können“, sagte der zuständige Amtsleiter, Thomas Jakob. Mit dem bisherigen Betreiber, der Spangenberger GbR, sei man jedoch noch in Verhandlungen, „um eine wie auch immer geartete Veranstaltung anbieten zu können – unter strikter Einhaltung aller Schutzvorschriften.“ Denkbar sei beispielsweise, zumindest die beliebte Eisbahn zu installieren – „vielleicht auch mit einem Getränke- und Essensstand, damit die Eltern ein bisschen Kurzweil haben.“ Doch ob das tatsächlich gelingen wird, sei noch fraglich. „Das hängt alles davon ob, ob das Konzept coronafähig ist und sich wirtschaftlich für den Veranstalter lohnt“, meint Jakob.

In Saarbrücken steht die Entscheidung in Sachen Weihnachtsmarkt noch aus. Nach Auskunft von Stadtpressesprecher Thomas Blug werde derzeit an coronagerechten Konzepten für die Weihnachtszeit gearbeitet. Erst in der vergangenen Woche habe Oberbürgermeister Uwe Conradt in einem Termin mit Vertretern des Verkehrsvereins, des Vereins für Handel und Gewerbe, der City-Marketing GmbH und weiteren Vertretern der Stadtverwaltung über das Thema gesprochen. „Im Austausch mit den Akteuren in der Stadt geht es uns um die Frage, wie wir in Saarbrücken weihnachtliche Atmosphäre schaffen und gleichzeitig die Sicherheit der Menschen gewährleisten können“, sagt Blug.

Für Thomas Sonnier, Vorsitzender des Saarverbands der Schausteller, ist bereits klar, dass es den „fliegenden Weihnachtsmann“ auf keinen Fall geben werde. „Auf den werden wir in diesem Jahr verzichten“, sagte er. „Wir wollen nicht, dass sich Menschen ansammeln und dann alle nach oben schauen und nicht mehr aufpassen.“ Er ist jedoch überzeugt, dass man Weihnachtsmärkte auch unter Corona-Bedingungen veranstalten könnte. „So wie man es von früher kennt, wird es dieses Jahr nicht sein, weil man einiges verändern und mehr Raum schaffen muss, damit die Besucher mehr Platz haben“, sagte er. „Aber es ist auf jeden Fall möglich, wenn man es gut durchorganisiert.“ Seiner Ansicht nach sei das Betreiben der Stände vergleichbar mit Verkaufsfenstern in der Innenstadt: „Dort gibt es auch Markierungen auf dem Boden und Abstandsschilder.“ An den einzelnen Hütten und Imbissständen könne man Schleusen einrichten, damit sich keiner vordrängle. Gerade für die Schausteller, denen wegen der Corona-Epidemie in den letzten Monaten alle Umsätze weggebrochen seien, seien die Weihnachtsmärkte in diesem Jahr besonders wichtig. Denn hier würden sie durchschnittlich 50 Prozent des Jahresumsatzes erzielen. Wenn die jetzt auch wegfielen, bedeute das für manche Mitglieder das Ende. „Wir wollen nichts dramatisieren, nur realistisch sein“, so der Verbandsvorsitzende. „Aber wenn in der nächsten Zukunft nichts passiert, dann wird man einige Karussells im nächsten Jahr nicht mehr sehen.“ Gerade erst habe er von einem Autoscooter-Betreiber erfahren, der seinen Betrieb eingestellt habe.

Die Städte, so sein Eindruck, seien bei den Planungen derzeit „hin – und hergerissen“. Sonnier appelliert an sie, „wirklich eng miteinander zusammenzuarbeiten“ und gemeinsame Lösungen zu finden. „Eine Einheit wird man zwar nicht hinbekommen“, meint er, „aber wenn die eine Stadt einen Weihnachtsmarkt macht und der Nachbarort nicht, wird das auch Probleme bringen.“ Dann würde die eine Stadt zur Weihnachtszeit von den Besuchern gemieden, befürchtet er, „und die andere überrannt“.

Die Schausteller ständen jedenfalls bereit: Schon seit Wochen würden sie sich Gedanken machen und seien vorbereitet, wie ein Weihnachtsmarkt funktionieren könne. „Die Pläne liegen in den Schubladen, wir haben Hygienekonzepte für alle Stände vorbereitet“, meint er.

Derweil stehen in Merzig und Luxemburg endgültige Entscheidungen noch aus; auch in Trier befinde man sich noch in Gesprächen, um abzuklären, ob und in welcher Form der Weihnachtsmarkt stattfinden könne, so Stadt-Sprecher Ernst Mettlach. „Entscheidend dafür sind aber auch Regelungen des Landes, die noch nicht vorliegen.“

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