Klimaschutz in Saarbrücken Stadtrats-Streit um Fridays for Future

Saarbrücken · Verhinderte Resolution sorgt für Kritik an der Klimaschutzpolitik der Saarbrücker Stadtverwaltung.

 Am „Tag gegen Lärm“ demonstrierten am Mittwoch auf Einladung des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) 35 Personen neben dem Rathaus. Das Klimacamp, das fünf Wochen lang dort war, wurde vergangenen Sonntag aufgelöst. Grund seien Unstimmigkeiten mit dem Ordnungsamt der Stadt Saarbrücken gewesen.

Am „Tag gegen Lärm“ demonstrierten am Mittwoch auf Einladung des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) 35 Personen neben dem Rathaus. Das Klimacamp, das fünf Wochen lang dort war, wurde vergangenen Sonntag aufgelöst. Grund seien Unstimmigkeiten mit dem Ordnungsamt der Stadt Saarbrücken gewesen.

Foto: BeckerBredel

Michael Franke kann nicht anders. Er muss persönlich werden. Schließlich ist er über die Liste der Satire-Organisation „Die Partei“ in den Saarbrücker Stadtrat gewählt worden und dort jetzt Vorsitzender der Zwei-Mann-Gruppe „Die Fraktion“. Also sagt Michael Franke: „Der selbstgewählte und oft propagierte Slogan ,Klimahauptstadt’ ist wie der Oberbürgermeister: Sieht gut aus, ist aber völlig inhaltsleer.“ So kommentierte Franke am Mittwoch, dass Oberbürgermeister Uwe Conradt zu Beginn der Stadtratssitzung am Dienstag eine Resolution mit dem Titel „Solidarität mit Fridays For Future“ von der Tagesordnung nahm. Weil es in der Resolution von Frankes Fraktion unter anderem um Kritik an Maßnahmen und Auflagen des Ordnungsamts gegen die Teilnehmer des Klimacamps neben dem Rathaus geht, handle es sich nicht um eine „Ratsangelegenheit“, hatte der ehemalige Rechtsdezernent Jürgen Wohlfarth, der die Stadt weiter berät, zuvor erklärt. Das Versammlungsrecht sei nicht Sache des Rates, sondern des Oberbürgermeisters.

Für Franke passt das ins Bild. „Sieht man sich Conradts bisherigen Umgang mit dem Klimaprotest vor dem Rathaus an, muss man zu dem Schluss kommen, dass er außer einer schönen Fassade nichts weiter von Klimaschutzpolitik erwartet. Beschwerden über die Auflagen wiegelte er ab“, sagt Franke. „Der Stadtrat missbilligt die Auflagen, die die Landeshauptstadt den Demonstrierenden gemacht hat als ungerechtfertigt. Weder das Verbot, im Camp zu übernachten, noch der Abbau mehrerer Pavillons und Vorrichtungen wie Regalen in den Pavillons leistete einen Beitrag zur Verkehrssicherheit oder zum Infektionsschutz“, heißt es in der Resolution. Und: „Der Stadtrat erkennt die Klimakrise und die wirksame und sinnvolle Durchsetzung von Klimaschutz als existenzielle Frage unserer Zeit an. Sollte auch die Landeshauptstadt ihr Ziel, ,Klimahauptstadt’ zu werden, ernst nehmen, muss Protestierenden zu dieser Sache ein gesetzesgemäßer Rahmen gewährt werden, anstatt Protest zum Klimaschutz durch zweifelhafte Auflagen zu behindern.“

„Wir hätten diese Resolution der Kollegen von Die Fraktion gerne unterstützt und unsere Missbilligung über den Umgang mit dem Klima Camp von Fridays for Future Saarland zum Ausdruck gebracht“, kommentierte die SPD-Stadtverordnete Christine Jung am Rande der Sitzung auf der Internetplattform Facebook.

Michael Franke vermutet, dass die rechtliche Bewertung nur vorgeschoben war. „Die Resolution nicht zur Tagesordnung zuzulassen, kann nur ein Versuch gewesen, dem Koalitionspartner, den sogenannten Grünen, eine weitere Peinlichkeit zu ersparen. Denn ohne das Einverständnis der CDU hätten sie niemals einer Resolution der Opposition zugestimmt. Auch wenn es ums Klima geht.“

Dem widersprechen die Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Stadtrat, Yvonne Brück und Torsten Reif. „Wir begrüßen jederzeit das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern, die sich für den Klima- und Umweltschutz einsetzen und sich damit unter anderem in Form von Demonstrationen Gehör verschaffen – somit befürworten wir selbstverständlich auch das Engagement von Fridays for Future“, teilen sie auf Anfrage mit. Und: „Im Rahmen des Klimacamps haben wir und auch unsere Bürgermeisterin Barbara Meyer-Gluche gute Gespräche mit den Aktivistinnen und Aktivisten vor Ort geführt.“

Die Resolution von „Die Fraktion“ sei jedoch, wie in der Stadtratssitzung dargelegt wurde, „formal nicht zulässig und wäre aus unserer Sicht auch inhaltlich nicht uneingeschränkt zustimmungsfähig gewesen“. Letzteres gelte für den Teil der Resolution, mit dem der Rat seine Missbilligung der Entscheidung bezüglich des Übernachtungsverbots zum Ausdruck bringen sollte.

„Die von der Stadt gemachten Auflagen wurden durch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes bestätigt, das in seiner Begründung unter anderem den Brandschutz, die Verkehrssicherheit und den Infektionsschutz als Argumente aufgeführt hat“, erinnern Brück und Reif.

 Der Stadtverordnete Michael Franke, Die Partei/Die Fraktion.  Archivfoto: BeckerBredel

Der Stadtverordnete Michael Franke, Die Partei/Die Fraktion. Archivfoto: BeckerBredel

Foto: BeckerBredel
 Die Stadtverordnete Christine Jung, SPD.

Die Stadtverordnete Christine Jung, SPD.

Foto: SPD/Heyd
 Die Stadtverordnete  Yvonne Brück, Grüne. 

Die Stadtverordnete  Yvonne Brück, Grüne. 

Foto: BeckerBredel
 Der Stadtverordnete Torsten Reif,  Grüne.

Der Stadtverordnete Torsten Reif,  Grüne.

Foto: BeckerBredel

 Sie sagen, es sei nicht Sache des Rates, „eine Wertung der Entscheidungen und Argumentationen des Oberverwaltungsgerichts vorzunehmen“. Das gebiete der Respekt vor der verfassungsrechtlich garantierten richterlichen Unabhängigkeit, die ein sehr hohes Gut sei.

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