Partnerstadt Stadt mit großer Kultur und Gastfreundschaft

Saarbrücken/Tbilissi · Der ehemalige Flughafen-Direktor Knut Hänschke kehrte beeindruckt von einer Reise in die georgische Partnerstadt Tbilissi zurück und schickte der SZ diesen Bericht.

 Ausdruck der Partnerschaft: Dieser belebte Platz in Tbilissi ist nach der Stadt Saarbrücken benannt.

Ausdruck der Partnerschaft: Dieser belebte Platz in Tbilissi ist nach der Stadt Saarbrücken benannt.

Foto: Knut Hänscke/Picasa

Vor 43 Jahren begann die offizielle Partnerschaft zwischen Saarbrücken und Tiflis (Tbilissi), der Hauptstadt der damaligen Sowjetrepublik Georgien. Die beiden Oberbürgermeister unterzeichneten einen Vertrag, der bis heute existiert. Die Initiative war vom Intendanten des Saarländischen Staatstheaters, Hermann Wedekind ausgegangen, der nach dem Motto „Kunst kennt keine Grenzen“ den Kontakt suchte und festigte. Bürgerreisen, die bei den Saarländern extrem beliebt waren, fanden regelmäßig statt. Aber auch Hilfstransporte mit Lkw oder Flugzeug ab Ensheim ließen die freundschaftlichen Beziehungen wachsen. Wie aber sieht Tiflis heute aus, wie entwickelt sich das Land am Kaukasus – und wer erinnert sich an die Partnerschaft?

„Guten Morgen und herzlich willkommen in Georgien“, begrüßte mich die Dame, die meinen Pass um 4.15 Uhr stempelte, in perfektem Deutsch. Diese Begrüßung, mitten in der Nacht, steigerte meine Vorfreude auf ein fremdes Land und seine Menschen. Ähnlich erging es Günther Kranz, ehemaliger Mitarbeiter im Saarbrücker Rathaus, der viele Flüge nach Georgien ab Saarbrücken begleitete und noch heute begeistert zurückblickt. „Die Freundlichkeit der Menschen, das Interesse an anderen Kulturen und der Spaß, mit Fremden in Kontakt zu kommen, hat mich beeindruckt.“

Tiflis hat 1,4 Millionen Einwohner und liegt am Mtkvari-Fluss. Im Laufe der Jahrhunderte war die Stadt oft der Zerstörungswut ungebetener Gäste (Perser, Türken, Russen) ausgesetzt. Nur wenige Häuser sind älter als 200 Jahre. Neubauten wurden und werden meist auf alten Fundamenten gebaut, so wie das Biltmore Hotel auf den Grundmauern des alten Postgebäudes.

Während der Regierungszeit von Michail Saakaschwili entstanden futuristische Neubauten wie ein Konzertsaal und die Friedensbrücke, die vom italienischen Stararchitekten Michele de Lucchi erbaut wurde. Hier leuchten nachts 30 000 LED-Lichter. Ein Spektakel, das nicht jedem Einwohner gefällt.

Der jetzige Rathauschef heißt Kakha Kaladze, ist seit einem Jahr im Amt und war Fußball-Profi in der Ukraine und beim AC Mailand.

Den besten Blick über die Stadt hat man von der Festung Narikala, die zu Fuß oder per Kabinenbahn erreichbar ist. Die Altstadt ist das Mekka der Touristen. Deutsche Gruppen treffen auf Gäste aus Israel. Türken und Russen, aber auch Iraner und Aserbaidschaner kommen gerne nach Tiflis. Ein friedliches Miteinander aller Religionen war immer Garant für die Prosperität der Stadt. Neben den georgischen Kirchen liegen die Synagoge und die Moschee friedlich nebeneinander. Viele Häuser sind restauriert, aber weitere Anstrengungen sind nötig, um die Fassaden auszubessern. Die Altstadt zu erhalten ist die vordringliche Aufgabe der Verantwortlichen.

In der Neustadt von Tiflis ist der nach dem Dichter Schota Rustaveli benannte Prospekt ein Vorzeigeboulevard. Hier befindet sich auch das Nationalmuseum. Es beherbergt Funde aus vorchristlicher, byzantinischer und römischer Zeit sowie aus den ersten georgischen Königreichen. Leila Parsadanischwili, die die zahlreichen Exponate erklärte, geriet ins Schwärmen, als der Name Saarbrücken fiel. Sie war früher bei Intourist, dem staatlichen Reisebüro der Sowjetunion, als Dolmetscherin beschäftigt und durfte eine Delegationsreise nach Saarbrücken mitmachen. „Ich habe viele gute Erinnerungen, speziell an die Herren Wedekind und Lafontaine.“

Die Restaurantszene von Tiflis ist einzigartig. In fast allen Restaurants kann man die perfekte Mischung aus Gemüse- und Fleischgerichten genießen. Und für den kleinen Hunger sind die Khachapuri (Käse-Teigtaschen) optimal. „Das war schon immer so“, meinte Hotelier Michael Bumb, der 1975 mit der Saarbrücker Stadtkapelle in Tiflis war. „Die Tische waren reichhaltig gedeckt, und bei den Trinksprüchen floss sehr viel Hochprozentiges.“ Essen bedeutet Kommunikation. Eigens dafür hat der Georgier einen Zeremonienmeister, genannt Tamada, der mit Trinksprüchen und Anekdoten die Gäste unterhält.

Bei einem Besuch in einer Bar im Zentrum der Altstadt fragte ich die junge Bedienung, ob sie schon mal von einer Stadt namens Saarbrücken gehört hätte. Die verschämte Antwort war: „Nein“. Im G Vino, einem Weinlokal, war die Antwort identisch. Hier allerdings bedankte man sich für die Aufklärung, dass es einen Saarbrücker Platz in Tiflis gibt. Diesen zu finden ist nicht schwer. Er liegt in der nördlichen Stadthälfte.

Tiflis war schon immer ein Ort, der Künstler wie Alexander Dumas und Peter Tschaikovsky inspirierte. Es wäre ein positives Signal, Reisen nach Tiflis aufleben zu lassen, um den Vertrag von 1975 wiederzubeleben.

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