Saar-Justiz Staatsanwaltschaft Saarbrücken ermittelt gegen eine Richterin

Saarbrücken · Die Strafverfolgungsbehörde hat gegen eine Juristin des Saarbrücker Landgerichts ein Verfahren wegen des Anfangsverdachts der Rechtsbeugung eingeleitet.

 (Symbolbild)

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Foto: dpa/Uli Deck

Die Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken hat ein Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts der Rechtsbeugung gegen eine Richterin am Landgericht Saarbrücken eingeleitet. Das bestätigt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft auf Anfrage der Saarbrücker Zeitung. Hintergrund der Ermittlungen sind die Entscheidungen der Richterin über mehrere Befangenheitsanträge in einem Fall aus dem Jahr 2018. Aufgrund eines im März 2019 ergangenen obergerichtlichen Beschlusses hierzu sei das zunächst bereits eingestellte Verfahren noch einmal aufgenommen worden, teilt die Staatsanwaltschaft mit.

Nach Informationen unserer Zeitung geht es dabei um den Fall eines Mannes, der seit 2016 eine Freiheitsstrafe wegen Untreue (§ 266 Strafgesetzbuch) verbüßt; zunächst in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Saarbrücken und seit 2018 als Freigänger in der Teilanstalt Saarlouis. Vertreten wird er von der Rechtsanwältin Barbara Brenner (Saarlouis, Bonn).

Auf Anfrage teilt Brenner mit: „Mein Mandant hat menschenunwürdige Zustände in der JVA Saarbrücken angeprangert und die Einhaltung des Strafvollzugsgesetzes eingefordert.“ Während der Haftzeit habe er dazu zahlreiche Anträge gestellt, unter anderem auf Akteneinsicht, die Einbringung von Fachliteratur und eine „vernünftige Matratze wegen Rückenproblemen“.

Weil die JVA-Leitung schematisch alle Anträge abgelehnt habe, habe ihr Mandant gerichtliche Hilfe im Rahmen des Strafvollzugsgesetzes (StVollzG) in Anspruch genommen. „Allerdings war das keine Hilfe“, lässt Brenner wissen. Die dort zuständige Richterin hat sich aus Brenners Sicht „das Leben einfach gemacht und nach Schema F die Begründungen der JVA abgeschrieben, ohne auch nur mit einer Silbe auf die Argumente des Antragstellers einzugehen“. „Mich hat das sehr erstaunt“, sagt Brenner. Zudem habe die Richterin die Verfahren systematisch verschleppt und Akten einfach nicht bearbeitet.

Das sei schließlich der Auslöser für die Befangenheitsanträge gewesen, meint Brenners Mandant. Diese Befangenheitsanträge habe die betroffene Richterin am Landgericht selbst abgewiesen – auch den zweiten und dritten.

Dann kam das Saarländische Oberlandesgericht (OLG) ins Spiel, denn über eine Befangenheit hat in zweiter Instanz das OLG zu entscheiden. Und dieses habe nun in mehreren Beschlüssen die Ansicht bestätigt, „dass es so nicht geht“, wie Anwältin Brenner es formuliert. Die Richterin habe nicht nur die Vorschriften fehlerhaft angewandt, sondern grob fehlerhaft, offensichtlich unhaltbar und daher willkürlich entschieden. „Und das ist die Kernaussage des OLG“, sagt Brenner. Das Vorgehen des OLG gegen die Richterin ist aus ihrer Sicht „durchaus spektakulär“. Für einen Richter seien solche Entscheidungen eigentlich der Super-GAU.

Parallel zu den Befangenheitsanträgen habe ihr Mandant bei der Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken mehrere Anzeigen gegen die besagte Richterin wegen Rechtsbeugung erstattet. Die Generalstaatsanwaltschaft habe zunächst die Aufnahme von Ermittlungen abgelehnt. Nach den Beschlüssen des OLG habe sie aber die Aufnahme von Ermittlungen veranlasst gesehen. Brenner sagt: „Ich bin jetzt 30 Jahre im Beruf. Aber dass wegen des Verdachts der Rechtsbeugung gegen einen Richter ermittelt wird, habe ich noch nicht erlebt. Das ist ein nicht alltäglicher Vorgang.“

Das Landgericht Saarbrücken teilt unterdessen auf Anfrage mit, dass inzwischen ein anderer Richter die Verfahren bearbeitet. Allen Befangenheitsanträgen sei stattgegeben worden, sagt eine Sprecherin des Landgerichts. Das bedeute jedoch nicht, dass das Landgericht eine Befangenheit festgestellt habe, sondern nur, dass das Gericht der Ansicht ist, aus Sicht des Betroffenen könne die „Besorgnis der Befangenheit“ bestehen.

Die betroffene Richterin antwortete auf eine Anfrage unserer Zeitung nicht persönlich. Sigurd Wern, Pressesprecher des Landgerichts, verwies in einer Stellungnahme darauf, dass Berufsrichter von Gesetzes wegen einer Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich ihrer dienstlichen Belange unterliegen. Verstöße dagegen könnten dienstrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen haben.

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