Ungewöhnliches Gesundheitstraining für alte Menschen Motorradtour und Tischtennis im Seniorenheim
Saarbrücken · Im Johanna-Kirchner-Haus steht den Bewohnern eine therapeutische Spielekonsole zur Verfügung. Hier gibt es regelrechte Wettkämpfe auch im Tanzen oder Kegeln. Das ist gut für die geistige und körperliche Fitness.
Spielekonsolen begeistern nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern auch viele Erwachsene. Und sogar im Seniorenzentrum „Johanna-Kirchner-Haus“ der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Malstatt ist eine Spielekonsole bei den Bewohnern sehr beliebt. Dabei handelt es sich allerdings um eine therapeutische Spielkonsole, die „Memore-Box“, die eigens entwickelt wurde, um die geistigen und körperlichen Fähigkeiten alter Menschen zu verbessern.
Dass die Box tatsächlich die Fitness sogar kranker alter Menschen steigern kann, hat ein einjähriges, bundesweites Pilotprojekt gezeigt. An diesem Test hat auch das Awo-Seniorenzentrum in Malstatt als eines von drei Pflegeheimen aus dem Saarland teilgenommen. Wissenschaftlich wurde die Studie von Experten der Universitätsklinik Charité in Berlin, der Humboldt-Universität Berlin und der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin, einer Fachhochschule für soziale Arbeit und Gesundheit, begleitet.
„Die ‚Memore-Box’ ist keine handelsübliche Spielkonsole. Sie ist ein computergesteuertes Bewegungsspiel mit therapeutisch abgestimmten Übungen für ältere Menschen“, erklärt Duna Kleis, die Geschäftsführerin der Barmer für Rheinland-Pfalz und das Saarland. Die Spiele seien auf Basis der Erkenntnisse und Erfahrungen aus Geriatrie, Neuropsychologie sowie Physio- und Musiktherapie entwickelt worden und dienten der Prävention, Therapie und Rehabilitation. Da Gesundheitsprävention auch zu den Aufgaben der Krankenkassen zählt, fördert die Barmer den Einsatz der Konsole im Kirchner-Haus für die nächsten zwei Jahre. Gespielt werden kann im Stehen und Sitzen, sodass auch Rollstuhlfahrer mitmachen können. Leichte Körperbewegungen reichen bereits aus; die Bewegungen der Spieler werden direkt auf einen Fernseher übertragen. Sechs Spiele stehen zur Auswahl: Tanzen, Kegeln, Postbote, Tischtennis, Sonntagsfahrt mit dem Motorrad und Singen. Entwickelt wurde die Spielekonsole von der Hamburger Firma Retrobrain. Sie berichtet, die wissenschaftliche Studie habe gezeigt, dass sich die geistigen Fähigkeiten und das Erinnerungsvermögen der alten Menschen beim Spielen verbessert hätten. Die Auswirkungen altersbedingter Erkrankungen wie Demenz und Parkinson würden verringert. Das gezielte Training der Rumpfmuskulatur und Koordination beuge Stürzen vor. Nicht zuletzt würden Herz und Kreislauf angeregt. Da oft mehrere Heimbewohner zusammenspielten, würden auch die sozialen Kontakte vertieft und das Wohlbefinden gestärkt. Daniela Birster, die Leiterin des Seniorenzentrums, sagt: „Von den positiven Effekten der therapeutischen Spielkonsole haben wir uns schon überzeugt, als sie in unserem Haus getestet wurde.“ Da die Corona-Pandemie vor allem in Alten- und Pflegeheimen strenge Hygienemaßnahmen erforderlich gemacht hat, um die Gesundheit der Bewohner zu schützen, konnte die Spielekonsole im Johanna-Kirchner-Haus nur eingeschränkt genutzt werde. „Gruppenwettkämpfe waren gar nicht möglich“, sagt Pflegedienstleiter Christian von Kügelgen. „Wir sind auch weiterhin sehr vorsichtig.“