Klägerin aus Sulzbach Sparkassen-Kundin kämpft um weibliche Ansprache - BGH urteilt

Saarbrücken · Werden Frauen benachteiligt, wenn in Formularen nur vom „Kunden“ die Rede ist? Das beantwortet am Dienstag der BGH. Bekommt die Klägerin Marlies Krämer recht, hätte dies weitreichende Folgen. Wenn nicht, will sie weiterkämpfen.

 Marlies Krämer wartet im Bundesgerichtshof (BGH) auf den Beginn ihrer Verhandlung.

Marlies Krämer wartet im Bundesgerichtshof (BGH) auf den Beginn ihrer Verhandlung.

Foto: dpa/Uli Deck

Haben Frauen ein Recht auf eine weibliche Ansprache in Formularen? Darüber urteilt der Bundesgerichtshof (BGH) am (heutigen) Dienstag (9.00 Uhr). Geklagt hat eine Sparkassen-Kundin aus dem saarländischen Sulzbach. Klägerin Marlies Krämer (80) fühlt sich mit männlichen Formulierungen wie „Kunde“ oder „Kontoinhaber“ nicht angesprochen und pocht auf die Ansprache als „Kundin“ oder „Kontoinhaberin“. Entscheidend wird sein, ob und inwiefern die Klägerin durch die unweibliche Formularsprache wegen ihres Geschlechts benachteiligt wurde (VI ZR 143/17).

Würde die Klägerin recht bekommen, müssten über 800 verschiedene Sparkassen-Formulare umgeschrieben werden und mehr als 1600 Kreditinstitute in Deutschland hätten ein Problem. Auch könnte ein solches Urteil Folgen für alle Formen der Vertragssprache haben, meint die Dortmunder Juraprofessorin und Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes, Maria Wersig.

Für den Fall, dass Krämer vor dem höchsten deutschen Zivilgericht unterliegt, will sie weiterkämpfen - und notfalls bis vor den Europäischen Gerichtshof ziehen. „Ich sehe das überhaupt nicht mehr ein, dass ich als Frau totgeschwiegen werde.“ Und: „Ich will es jetzt wissen“, betont die kampferprobte Seniorin, die schon andere Schlachten für sich entschieden hat: So verzichtete sie in den 90er Jahren so lange auf einen Pass, bis sie als „Inhaberin“ unterschreiben konnte. Später sammelte sie erfolgreich Unterschriften für weibliche Wetter-Hochs. Davor wurden Frauennamen nur für Tiefs verwendet.

Der von mach einem belächelte Formular-Streit ist für sie alles andere als eine Petitesse. Es geht für sie ums Grundsätzliche: „Sprache ist der Schlüssel zur Gleichberechtigung.“

In den Vorinstanzen war die Seniorin allerdings erfolglos. Schwierige Texte würden durch die Nennung beider Geschlechter nur noch komplizierter, argumentierte das Landgericht Saarbrücken. Zugleich verwies es darauf, dass die männliche Form schon „seit 2000 Jahren“ im allgemeinen Sprachgebrauch bei Personen beiderlei Geschlechts alsKollektivform verwendet werde.

Das tut im übrigen zudem der Gesetzgeber noch häufig selbst - wie der Anwalt der beklagten Sparkasse und auch der BGH-Senatsvorsitzende in der mündlichen Verhandlung vor drei Wochen erwähnten.

(dpa)
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