Corona-Protokoll Ralph Siegel nennt Nimsgern jetzt Schätzchen

Jeder schreibt sein eigenes Corona-Tagebuch. In unserer Serie fragen wir bekannte Saarländer nach ihren persönlichen Erfahrungen. So entstehen private Momentaufnahmen.

 Frank Nimsgern im heimischen Garten, ein Selfie.

Frank Nimsgern im heimischen Garten, ein Selfie.

Foto: Frank Nimsgern

Allen stellen wir die selben Fragen und bitten um ein Selfie. Wir starten mit dem Produzenten, Musical- und Filmmusik-Komponisten Frank Nimsgern (50). Im Gespräch mit ihm war Cathrin Elss-Seringhaus.

Wie geht es Ihnen gerade?

Er sitze wie ein Eremit zuhause in Saarbrücken, im Studio. Dazu braucht es Corona nicht, das kennt Nimsgern nur zu gut. Allerdings hat das Ganze eine kuriose Wendung genommen. Weil Ralph Siegel, für dessen Musical „Zeppelin“ Nimsgern die Arrangements schreibt, in Florida fest sitzt, hat er jetzt einen digitalen Facetime-Job, oft sehr früh am Morgen oder sehr spät am Abend. Siegels Gesicht ist das Erste, das Nimsgern sieht oder das letzte: Der gegenseitige Arbeits-Gruß lautet denn auch „Guten Morgen, Schätzchen“ oder „Gute Nacht, Schätzchen“.Corona ist, wenn man lacht.

Was haben Sie aus der Corona-Krise gelernt?

2020 sollte für Nimsgern ein richtig fettes Jahr werden, für seinen „Ring“ in Füssen waren so viele Vorstellungen gebucht wie nie zuvor, eine Tournee stand an, Orchesteraufnahmen. Doch dann die Corona-Vollbremsung, die weniger ihn selbst trifft, dessen Auftragsbücher bis 2023 schon recht voll sind, als vielmehr all jene Menschen und Institutionen, mit denen er arbeitet, den Cast, die Techniker, die privaten Festspielhäuser. „Die Szene lebt von Live-Acts und Ticketeinnahmen“, sagt Nimsgern, wechselt ins „Wir“: „Wir leben von der Hand in den Mund. Wird nichts eingespielt, müssen wir verhungern.“ Corona hat für Nimsgern ein Thema emotional nach oben gespült: die Zweiklassen-Gesellschaft in der Kultur. Hier die staatlich subventionierte Kulturszene, dort die Kultur-Freelancer. „Die Staatsorchester werden überleben, aber wir gehen drauf.“ Es ist eine „knallharte“ Lektion.

Welche privaten Pläne wurden torpediert und was ist das erste, das Sie tun, wenn die Kontaktsperre fällt? 

Urlaube oder Privates wurden noch nicht durchkreuzt, jedoch vermisst Nimsgern sein berufliches Umfeld, erklärt er. Dort pflegt er enge Freundschaften. „Tourneen sind ja nie nur Business, man trifft Menschen, mit denen man gerne zusammen ist.“ So gesehen ließ es sich bisher gut ein Workaholic sein, aber Corona wendete das Blatt. Nimsgern weiß nun noch besser als zuvor: „Kommunkation ist der Schlüssel zum Leben.“ Seine Lebensgefährtin in Hamburg hat er seit drei Wochen nicht gesehen. Also wird er sich, wenn es die Regeln, die er mit Überzeugung respektiert, wieder zulassen, als erstes eine Zugfahrkarte kaufen, gen Norden – Richtung Hamburg.

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