Pandemie Keine Angst vor Corona - aber vor der Ausgrenzung

Saarbrücken · Die neuartige Lungenkrankheit Covid-19 grassiert weltweit. Trotzdem berichten vor allem Asiaten von rassistischen Vorfällen. Auch in Saarbrücken?

 Steckt eine Asiatin hinter Brille und Maske? Und spielt das überhaupt eine Rolle?

Steckt eine Asiatin hinter Brille und Maske? Und spielt das überhaupt eine Rolle?

Foto: dpa/Frank Augstein

Die Zahl der Corona-Infizierten steigt kontinuierlich, seit vergangener Woche ist auch das Saarland betroffen. Die Angst vor dem Virus treibt viele zu Hamsterkäufen – einige schrecken selbst nicht davor zurück, Desinfektionsmittel aus Krankenhäusern zu stehlen. Darüber hinaus berichten Menschen asiatischer Herkunft überall auf der Welt auch von vermehrten rassistischen Anfeindungen.

Passiert so etwas auch in Saarbrücken? Die Leiterin der chinesischen Schule „Regenbogen Saar“, Zongping Chen, hat bisher keine rassistischen Angriffe im Zusammenhang mit Corona erlebt. Sie verfolge entsprechende Meldungen allerdings aufmerksam – wie etwa die aus Leipzig, wo Anfang des Monats eine japanische Reisegruppe beim Bundesligaspiel des RG Leipzig aus dem Stadion hinaus geworfen wurde.

„Das Thema Corona wird im Freundeskreis natürlich angesprochen“, sagt die 55-Jährige. Besondere Panik sei bisher aber nicht zu spüren – jedenfalls bei den Deutschen. Bei ihren chinesischen Bekannten in Deutschland sei die Aufregung dagegen weitaus größer. Dabei stecken diese in einem Dilemma, erklärt Chen: In China sei es „kulturell bedingt“ viel üblicher als in Deutschland, in der Öffentlichkeit Mundschutz zu tragen. Genau das würden ihre chinesischen Bekannten nun auch gerne tun – trauen sich aber nicht. „Sie haben Angst, mit diesen Masken auf der Straße zu gehen, weil sie dann erst recht verdächtigt werden.“

Laut Experten des Robert-Koch-Instituts schützen solche Masken nicht vor einer Ansteckung. Auch Chen bezeichnet sie eher als „Glaubensfrage“ und sieht persönlich keine große Gefahr durch das Virus. Dennoch zeige der Umstand, dass ihre Bekannten auf die Masken verzichten, ihre Furcht vor der öffentlichen Stigmatisierung.

Die Japanerin Mika Morita, die in ihrem Ladengeschäft in Saarbrücken Produkte aus ihrem Heimatland anbietet und auch Sushi-Kochkurse gibt, habe bisher noch keine „unangenehme Situation“ erlebt. „Ich habe keine Angst, mache mir aber schon Sorgen“, gibt sie zu. Auswirkungen auf ihren Umsatz habe die Pandemie bisher nicht – ihre Kurse werden normalerweise lange im Voraus gebucht.  Aber Einschränkungen des öffentlichen Lebens sind für sie bereits zu spüren. So sei eine Veranstaltung mit einem japanischen Comedian abgesagt worden, weil dieser aus Japan angereist sei, und bei einem Lehrgang für japanische Kampfkunst seien viel weniger Teilnehmer aufgetaucht als sonst.

Sung-Hyung Cho, Dozentin an der Hochschule für Bildende Künste (HBK) Saar, könne verstehen, wenn Deutsche gegenüber Asiaten auf Abstand gehen. „Ich bin momentan geneigt, mich auch nicht mit Koreanern zu treffen“, sagt die 53-Jährige aus Südkorea, die seit 1990 in Deutschland lebt. Ein Bekannter mit südkoreanischen Wurzeln habe ihr erzählt, dass Menschen im Schwimmbad hinter vorgehaltener Hand über ihn getuschelt und schließlich den Whirlpool verlassen hätten, in dem er sich aufhielt. „Er meinte dann, dass diese Corona-Angst ja doch auch Vorteile hat. Er nahm es mit Humor.“ Ab wann man hier von Rassismus sprechen müsse, sei ein „schmaler Grat“. Sie selber habe genau wie Chen und Morita bisher kein verändertes Verhalten ihr gegenüber feststellen können – fühlt sich allerdings ebenfalls etwas gehemmt: „Ich achte in der Öffentlichkeit sehr darauf, nicht zu husten oder zu niesen.“ Momentan sei sie aber in Urlaub – und vermeide dabei soweit wie möglich Kontakt zu Menschen.

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