Serie Wie geht’s Der gehörlose Maskenspieler Jomi leidet unter der Maskenpflicht

So erlebt der Pantomime die Corona-Zeit

 Pantomime Jomi alias Michael Kreutzer zuhause in Lebach

Pantomime Jomi alias Michael Kreutzer zuhause in Lebach

Foto: Michael Kreutzer

Unsere Serie liefert private Momentaufnahmen während der Corona-Krise. SZ-Redakteurin Cathrin Elss-Seringhaus spricht mit bekannten Saarländern und bittet um ein Selfie oder einen Schnappschuss. Diesmal befragte sie den gehörlosen Pantomimen Jomi (68) – ausnahmsweise schriftlich. Jomi (Michael Kreutzer) lebt allein in Lebach-Eidenborn.

Wie hat sich seit und mit Corona der Alltag verändert?

Total. Denn die viel beschworene Isolation während der Corona-Pandemie, die alle Menschen trifft, hat für Gehörlose eine wirklich dramatische Dimension. Jomi berichtet: „Ich kann nicht telefonieren, kein Radio hören. Ich kommuniziere nur noch über E-Mail und WhatsApp. Videotelefonie ist schwierig, da mein Internet nicht immer perfekt funktioniert. Die Masken sind das größte Problem: Ich kann nicht mehr vom Mund ablesen, die Mimik der Menschen ist weitgehend verdeckt.“ Jomi beschäftigt die Ambivalenz, die er, der pantomimische Maskenspieler, erstmals in Bezug auf dieses Requisit entwickelt: „Bisher sah ich Maskierung als Stilmittel immer nur positiv.“


Was vermissen Sie am meisten?

Seine Ex-Frau Carmen und seine Tochter Johanna (33) kommen regelmäßig vorbei. Doch Jomi fehlt „die große und kleine Kommunikation im Alltag“, ebenso der Sport und sein Fitnesstraining im Studio. Auch geht ihm sein Unterricht mit geflüchteten Jugendlichen am Technisch-gewerblichen Berufsbildungszentrum 2 Saarbrücken Mügelsberg ab, Titel: „Wir haben alle eine Sprache“. Es ist die der Mimik und Gestik, die auch im Urlaub weiterhilft. Deshalb wünscht JOMI sich, dass die Nicht-Gehörlosen es wagten, deutlich mehr und eindeutiger zu gestikulieren und ihre Körpersprache einzusetzen. Gerade jetzt, mit der Maskenpflicht, sollten sie „ihre Scheu davor verlieren.“ Das würde allen helfen, sich schneller zu verständigen – und würde Nähe herstellen, was sonst die Stimme übernimmt.

Welche Sorgen haben Sie?

Jomi, der im vergangenen Jahr krank war, darf sich auf keinen Fall gefährden. Also sind Furcht und Vorsicht seine Begleiter. Finanziell ist er als Künstler sowieso besonders hart dran. Alle Auftritte und Workshops wurden bis Sommer abgesagt, und auch danach, denkt Jomi, hätten die Menschen finanzielle Sorgen und keine Lust auf Theaterbesuche. Außerdem sei Pantomime die Kunst der Stille: „Und die Stille ist eben das, was die Menschen in Zeiten von Corona als sehr bedrückend empfinden.“


Wie steht er zu den Lockerungen?

Jomi sieht sie kritisch. Obwohl er unter der Maskenpflicht sehr leidet, plädiert er für Regeln und wäre für die Gesundheit aller froh gewesen, es hätte bis zum Ende der Lockdown-Phase mehr Sicherheit gegeben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort