Deutsch-Französischer Stammtisch „Ich bin froh, dass es so ein Angebot gibt“
Saarbrücken · Wer in der Fremde Kontakt zu anderen Menschen sucht und sich gerne auf Deutsch oder Französisch unterhält, der ist hier richtig: Einmal im Monat trifft sich der deutsch-französische Stammtisch in Saarbrücken.
Ja, wo sitzen sie denn? Betritt man die gut gefüllte Kneipe Alex am Saarbrücker Stadtgraben, sind die Besucherinnen und Besucher des Deutsch-Französischen Stammtischs gar nicht auf Anhieb zu erkennen. (Fast) alle Klischees von typisch französischem oder deutschem Aussehen oder Styling muss man fallen lassen. Auch steht nirgends ein blau-weiß-roter Wimpel auf dem Tisch. Also einfach freundlich durchfragen und den längsten aller Tische ansteuern, an dem die meisten Menschen zusammensitzen.
Treffen jeden ersten Mittwoch im Monat
Insgesamt vier Tische haben Zoé Boucher und Joséphine Orio an diesem Abend sogar reservieren lassen. „Für heute gab es 30 Anmeldungen“, sagt Zoé Boucher. Jeden ersten Mittwoch im Monat organisieren die beiden jungen Französinnen, die in Saarbrücken einen Deutsch-Französischen Freiwilligendienst absolvieren, diesen besonderen Stammtisch. Abwechselnd findet er im Alex und im Ratskeller statt, in dieser Woche wegen des Feiertags ausnahmsweise an einem Donnerstag. Eingeführt hatte den Stammtisch vor sechs Jahren Louise Monnier, damals Freiwillige am Frankreichzentrum, und Iseult Clauzier, damals Junge Botschafterin für Nantes in Saarbrücken. Schon im ersten Jahr kam dieses offene Angebot für Menschen, die sich gern auf Deutsch oder Französisch unterhalten, so gut an, dass alle ihre Nachfolgerinnen ihn weiterführten.
Auch in der Corona-Zeit traf man sich – online
Sogar während der Corona-Zeit habe der Stammtisch Bestand gehabt, berichten Marie und Melanie, zwei Stammgäste, die schon lange dabei sind. Da habe man sich eben online getroffen und in Videokonferenzen Spiele wie Stadt-Land-Fluss gespielt. Die Spiele seien eine gute Lösung gewesen, denn online könne ja immer nur eine Person gleichzeitig reden.
Für Boucher, seit diesem August als Junge Botschafterin im Amt, und Orio, die diesjährige Freiwillige am Frankreichzentrum der Saar-Uni, ist dies erst der zweite Stammtisch. Als Gastgeberinnen überlegen sie, ob sie beim nächsten Mal nicht ein Thema vorgeben sollen. Deutsche und französische Weihnachtsbräuche im Vergleich zum Beispiel, meint Zoé Boucher. Doch groß anschieben müssen sie die Unterhaltungen an den Tischen diesmal eigentlich nicht.
Wen zieht es zum Stammtisch?
Wen zieht es nun zum Stammtisch und warum? Morgane Brette ist regelmäßig dabei. Sie arbeitet am Institut d’Études Françaises, aber hier sei sie nicht im Dienst, sondern privat, sagt die junge Frau. „Ich komme, um Leute zu treffen, auf der Arbeit trifft man ja immer die gleichen“, erzählt Brette. Vorher hat die gebürtige Pariserin zehn Jahre in einer kleinen Unistadt in Mecklenburg-Vorpommern als Französischlehrerin gearbeitet. Dort war sie als Französin allein auf weiter Flur. „Verbindungen zu Frankreich gibt es dort so gar nicht nicht.“ Auch die Geselligkeit sei hier im Saarland ganz anders, findet sie. „Hier gehen die Leute aus, um sich auch mit Leuten, die sie nicht kennen, zu treffen, was ja gerade für Studierende normal ist. In Mecklenburg-Vorpommern war das nicht so“, sagt sie. Dort treffe man sich nur unter Bekannten.
Gelegenheit, mit Fremden ins Gespräch zu kommen
Auch Melanie, die Deutsche, und Marie, die Französin, kannten sich schon, sind sogar befreundet. Dennoch, die beiden schätzen gerade die Möglichkeit hier sehr, auch mit fremden Tischnachbarn ins Gespräch zu kommen. Und die Gelegenheit, sich in der jeweils anderen Sprache zu üben. „Ich bin froh“, sagt Melanie ,„dass es so ein Angebot gibt.“ Auch Marie hat, ähnlich wie Morgane Brette, beruflich mit deutsch-französischem Kulturaustausch zu tun. Sie kam zum Deutsch-Französischen Freiwilligendienst nach Saarbrücken, vor fünf Jahren. Und blieb. Warum? „Saarbrücken ist nicht zu groß, nicht zu klein, liegt neben Frankreich und Luxemburg.“ Heute arbeitet sie hier beim Deutsch-Französischen-Jugendwerk, das unter anderem die deutsch-französischen Freiwilligendienste organisiert.
Auch am Nebentisch sitzt ein solcher Freiwilliger. Jules Naour ist sogar eine Art Pionier. Der junge Franzose ist der erste deutsch-französische Freiwillige, der an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Saar im Einsatz ist und stammt aus der Partnerstadt Nantes. An diesem Tisch sind die Franzosen sogar in der Überzahl. „Wir hatten aber auch schon eine Russin und eine Engländerin hier“, erzählt Zoé Boucher. Nationalitäten spielen am Stammtisch keine große Rolle. Eric Hanson hat sogar zwei davon. „Meine Mutter ist Französin, mein Vater Amerikaner“, erzählt der Student in recht gutem Deutsch. Hanson zog vor zwei Jahren wegen des Informatikstudiums aus den USA ins Saarland. „Saarbrücken ist nett für Studenten, die Uni ist gut für Informatik, und es ist hier nicht so teuer“, sagt er auf die Frage, wie es ihm hier gefällt. Nicht zu vergessen: Auch ins Heimatland seiner Mutter hat er es von Saarbrücken aus nicht weit. Bis zum Eiffelturm sind es nur rund zwei Stunden, wenn man die Metro mitzählt.
Kontakt und Informationen findet man auf zahlreichen Internetseiten, bei Facebook und Instagram. Einfach „Deutsch-Französischer Stammtisch Saarbrücken“ in die Suchmaschine eingeben.
Oder auch direkt beim Frankreichzentrum:
Joséphine Orio , Tel: 0681 30264065, E-Mail :