Umfrage Abschlussprüfungen machen Schülern mehr Angst als Corona

Saarbrücken · Wie erlebten Schüler den ersten Schultag nach siebenwöchiger Corona-Zwangspause? Wir haben uns an Saarbrücker Gymnasien umgehört.

 Mit einem roten Punkt wie hier an einer Hamburger Schule sind auch in Saarbrücken Plätze markiert, auf denen die Schüler wegen der Abstandregel nicht sitzen sollen.

Mit einem roten Punkt wie hier an einer Hamburger Schule sind auch in Saarbrücken Plätze markiert, auf denen die Schüler wegen der Abstandregel nicht sitzen sollen.

Foto: dpa/Sebastian Willnow

Die erste große Pause am Günther-Wöhe-Gymnasium bedeutet für Lara* (18) und Maria* (19) (Namen geändert) einen fliegenden Wechsel. Maria ist gerade erst gekommen, während Lara schon wieder geht. „Wir haben jetzt versetzt Unterrichtsbeginn“, sagt sie – normalerweise besuchen beide dieselbe Klasse.

 Der erste Tag war für Lara „eigentlich ganz okay.“ Nur sechs Schüler seien es in ihrer Klasse gewesen, der Abstand sei deshalb problemlos eingehalten worden. Mit Masken? Sie verneint, im Klassenzimmer gebe es keine Pflicht. Normalerweise hätten die beiden Zwölftklässlerinnen in diesen Wochen vor den Abiturprüfungen frei, um sich selbstständig vorbereiten zu können. Der eineinhalbstündige tägliche Unterricht soll den Ausfall in der Zeit davor ausgleichen und ist freiwillig. „Eigentlich blöd. Das lohnt sich kaum“, findet Maria. Trotzdem ist sie da, weil sie Angst vorm Abi hat – auch wenn die ganze Situation sie „noch nervöser“ mache. Das Durchschnittsabitur mit der Möglichkeit, sich durch eine freiwillige Prüfung noch zu verbessern, hätte sie besser gefunden.

Nur wenige hundert Meter weiter, am Ludwigsgymnasium, haben Peter* (19) und Aylin* (16) (Namen geändert) auch schon wieder frei. „Das hat sich nicht angefühlt wie Unterricht“, berichtet Aylin. „Ich war richtig schockiert.“ Peter ergänzt: „Es war auch eigentlich unnötig. Wir hatten jetzt gerade mal 45 Minuten. Einen Text haben wir gelesen, das war’s.“ Am Mittwoch und am Freitag haben sie jeweils drei Stunden – am Dienstag und Donnerstag sei frei.

Beide fürchten sich vor den Prüfungen zum mittleren Bildungsabschluss. Während der letzten Wochen sei es kaum möglich gewesen zu lernen. Einerseits, weil die Krise es so schwer mache, sich überhaupt zu konzentrieren. Andererseits wegen des Homeschoolings, das nicht so gut geklappt habe. „In Mathe mussten wir uns ein komplett neues Thema selbst beibringen“, erzählt Aylin empört. Es sei auch immer noch nicht klar, wie umfangreich die Prüfungen letztendlich werden. „Wir Schüler haben so viel Druck und Arbeit abbekommen, da fühlt man sich nicht wirklich verstanden.“ Ein weiteres Aufregerthema: die Kontaktsperre, die weiterhin Bestand hat. Die Schule ist offen, sich danach mit Freunden zu treffen verboten. „So was von unfair“, findet Peter.

Zwei Stunden später ist am Gymnasium am Schloss auch der Unterricht von Sophie* (18) und Fritz* (18) (Namen geändert) beendet. Sophie hatte immerhin vier Schulstunden, Fritz zwei. „Deutsch hatten wir in der Turnhalle“, sagt Sophie, „das war blöd wegen der Akustik. Hinten hat man kaum etwas verstanden, weil es so gehallt hat.“ Der Rest habe aber gut funktioniert. Da bisher nur die Abschlussklassen da seien, habe „eine entspannte Atmosphäre“ geherrscht, sagt Fritz.

„Der Abschlussjahrgang 2020 wird auf jeden Fall ein besonderer sein“, sagt Sophie. Ob ihr Abitur später möglicherweise weniger wert sein könnte, wisse sie nicht. Vielleicht werde man es ihnen ja positiv auslegen, dass sie sich politisch engagiert hätten mit der Petition für das Durchschnittsabi.

Ist es nicht gefährlich, jetzt wieder in die Schule zu gehen? Fritz hat keine Angst vor einer Ansteckung. „Die Abiturvorbereitung ist halt auch wichtig genug, um das Risiko einzugehen.“ Sophie ist nicht so entspannt – einige ihrer Familienmitglieder gehören zu Risikogruppen. Die Angst vor den Abiturprüfungen treibt sie dennoch in die Schule.

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