Oberverwaltungsgericht des Saarlandes OVG Saarlouis weist Eilantrag gegen Kontaktbeschränkung in Familien ab

Update | Saarlouis · Das Oberverwaltungsgericht in Saarlouis hat einen Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung eines bestimmten Paragraphen der neuen Corona-Ordnung abgewiesen.

 Eine Statue der Justitia hält eine Waage in ihrer Hand (Symbolfoto).

Eine Statue der Justitia hält eine Waage in ihrer Hand (Symbolfoto).

Foto: dpa/David-Wolfgang Ebener

Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes teilte mit, dass ein Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung des Paragraphen 6 Absatz 1 der neuen Corona-Verordnung zu Kontaktbeschränkungen mit Beschluss vom 29. Januar abgewiesen worden ist (Az.: 2 B 25/21). Nach Satz 1 der Regelung werden private Zusammenkünfte im öffentlichen Raum, in privat genutzten Räumen und auf privat genutzten Grundstücken auf einen Haushalt und eine nicht in diesem Haushalt lebende Person beschränkt. Nach der Begründung zu § 6 Abs. 1 VO-CP kann die eine Person den Haushalt besuchen oder umgekehrt der Haushalt die nicht zu diesem Haushalt gehörende Person.

Die Antragstellerin sah sich durch die Regelung gehindert, ihre Enkel gemeinsam mit ihrem Mann und mit deren Eltern zu treffen oder zu besuchen oder Besuch von diesen zu empfangen. Sie war der Ansicht, dass mit den in der aktuellen Verordnung vorgenommenen Änderungen des § 6 Abs. 1 VO-CP den Vorgaben des Oberverwaltungsgerichts in der Entscheidung vom 12. Januar (Az.: 2 B 7/21) im Hinblick auf den Schutz der Familie nicht hinreichend Rechnung getragen worden sei. 

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist in dem vorliegenden Eilverfahren nicht abzuschätzen, „ob die angegriffene Regelung des § 6 Absatz 1 Satz 1 VO-CP einer rechtlichen Überprüfung im Hauptsacheverfahren standhalten würde“. Die Verschärfung der Kontaktbeschränkung im öffentlichen und privaten Raum auf einen Haushalt und eine weitere Person stelle einen ganz erheblichen Eingriff in den Schutz der Familie nach Artikel 6 Absatz 1 Grundgesetz und in die allgemeine Handlungsfreiheit nach Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz dar.

Die Sätze 2 und 3 des § 6 Absatz 1 VO-CP enthielten zwar Ausnahmen, soweit zwingende Gründe es erforderten, für die Betreuung Minderjähriger und pflegebedürftiger Personen und ließen die unentgeltliche, nicht geschäftsmäßige Beaufsichtigung von Kindern unter 14 Jahren in Betreuungsgemeinschaften zu. Eine entsprechende Ausnahme für die Kernfamilie oder für Verwandte in gerader Linie, der die tatsächlich bestehenden familiären Strukturen angemessen berücksichtige, fehle jedoch.

„Der ganz erhebliche Eingriff in den familiären Lebensbereich wird auch nicht wirklich dadurch abgemildert, dass die Regelung die Möglichkeit hergebe, eine größere Anzahl an hausstandsfremden Personen nacheinander zu treffen“, teilte das OVG Saarlouis mit. Diese Option, wonach beispielsweise ein Hausstand an einem Tag eine Vielzahl beliebiger anderer Personen in zeitlichen Abständen zu sich einladen könne, stelle im Gegenteil sogar die Sinnhaftigkeit der Regelung für einen wirksamen Infektionsschutz in Frage.

Aufgrund der offenen Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens sei eine Folgenabwägung vom Gericht vorzunehmen. „Bei dieser Abwägung haben die Interessen der Antragstellerin, von der zeitlich befristeten Kontaktbeschränkung verschont zu bleiben, hinter den schwerwiegenden öffentlichen und privaten Interessen an einer Eindämmung des Infektionsgeschehens zurückzutreten“, erklärte das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes weiter. Bei einer vorläufigen Außervollzugsetzung der Kontaktbeschränkung würde ein wesentlicher Baustein der komplexen Pandemiebekämpfungsstrategie damit in seiner Wirkung deutlich reduziert, und dies in einem Zeitpunkt eines immer noch dynamischen Infektionsgeschehens.

Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass eine Übertragung und weitere Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus im Wesentlichen nur durch eine Reduzierung menschlicher Kontakte erfolgen könne. Die daraus zu erwartenden Folgen würden bei der andauernden Infektionslage schwerer wiegen als die mit der Kontaktbeschränkung verbundene Beeinträchtigung des Familienlebens der Antragstellerin.

„Die Antragstellerin kann nach der derzeit geltenden Regelung jeden ihrer Enkel einzeln zusammen mit ihrem Mann oder ohne diesen sehen. Auch ist es ihr möglich, ihre demselben Haushalt angehörigen Enkel im Beisein von deren Eltern zu sehen und damit den Kontakt untereinander aufrechterhalten“, teilte das OVG Saarlouis weiter mit. Des Weiteren sei bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass die Geltung der Verordnung zeitlich befristet sei. Je länger die Kontaktbeschränkungen andauerten, desto mehr steige der Rechtfertigungsdruck, das heißt die Anforderungen an die Begründung der Notwendigkeit und Angemessenheit einer solchen Maßnahme, „insbesondere soweit der (Kern-)Bereich privater Lebensgestaltung durch eine Beschränkung des Umgangs der (Kern-)Familie miteinander betroffen ist“

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

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