Saarbrücken Gemeinwesenarbeit auf neuen Wegen

Saarbrücken · Mit großem Ideenreichtum versuchen die Saarbrücker Gemeinwesenprojekte weiter, ihren Auftrag zu erfüllen und für die Bürger da zu sein.

 So sah es aus, wenn die Pädsak auf dem Wackenberg – vor Corona – zur „Frühen Förderung“ eingeladen hatte.

So sah es aus, wenn die Pädsak auf dem Wackenberg – vor Corona – zur „Frühen Förderung“ eingeladen hatte.

Foto: Bert Romann;PÄDSAK e.V.

Durch die Ausgangsbeschränkungen und das Kontaktverbot sind viele Menschen in diesen Zeiten isolierter als sonst. Dies wirkt sich auch auf die Gemeinwesenarbeit in Saarbrücken aus, die vor allem in sozial belasteten Quartieren tätig ist. Angebote und persönliche Treffen der verschiedenen Gemeinwesen-Projekte mussten abgesagt werden. Trotzdem sind die Mitarbeiter weiterhin aktiv und erreichbar. Sie entwickeln kreative Ideen, um Hilfesuchende zu unterstützen und den Kontakt zu Familien und Senioren aufrechtzuerhalten.

Die Gemeinwesenarbeit in Alt-Saarbrücken musste ihre sonst so kontaktreiche Arbeit neu gestalten. Egal ob in der Seniorenarbeit, der Kinderfrühförderung oder der Sozialberatung – überall sind die Mitarbeiter aktiv und tun was sie können, um ihre Arbeit weiterzuführen. Wo es sonst eine Fahrradwerkstatt für Kinder gibt, ein Mittagstisch angeboten wird und Vorlesetreffen stattfinden, wird aktuell auf Kommunikation über verschiedene Kanäle gesetzt.

Gerade Familien mit kleinen Kindern werden jetzt über WhatsApp, Facebook oder Instagram erreicht. Um Abwechslung in den Alltag der Kleinen zu bringen, packen die Mitarbeiter Spiele und Bastelmaterial zusammen, die sie den Familien vor die Haustür stellen. Es sei besonders wichtig, den Kontakt jetzt nicht abzubrechen, betont der Geschäftsführer Thomas Hippchen.

Vor allem für Kinder seien die Mitarbeiter über die Zeit auch zu Bezugspersonen geworden. Um den Vorlesekurs „Bücherwürmchen“ nicht ausfallen zu lassen, drehen sie momentan kurze Vorlesevideos. Die kleinen Filme werden über WhatsApp-Gruppen an die Familien geschickt, genau wie Büchertipps und Spielideen. Dadurch sollen auch die Familien entlastet werden.

Gerade Ältere werden von der Corona-Krise stark getroffen. Sie gehören zur Risikogruppe und leiden häufig darunter, dass ihre ohnehin dürftigen Sozialkontakte verloren gehen. Daher sei gerade jetzt die Seniorenarbeit so wichtig wie nie, sagt Hippchen.

Angebote wie der Mittagstisch in Alt-Saarbrücken, zu denen in normalen Zeiten bis zu 60 Senioren kommen, fallen nun aus. Um trotzdem für die Älteren da zu sein, hat das Büro in Alt-Saarbrücken einen telefonischen Bereitschaftsdienst eingerichtet. Tagtäglich erkundigen sich die Mitarbeiter, wie es den Menschen geht und leisten emotionale Betreuung.

Das Ziel sei auch, Telefonketten zu bilden, damit sich die älteren Mitbürger auch gegenseitig anrufen und miteinander reden. Außerdem organisiert das Stadtteilbüro einen Essensdienst für 15 Senioren. Für viele sei das der einzige persönliche Kontakt am Tag, und sie seien sehr glücklich darüber, wenn mal jemand vorbeikommt, auch wenn es nur kurz ist, sagt Hippchen.

Cornelia Armborst-Winterhagen ist in Alt-Saarbrücken für den Sozialdienst zuständig. Ihr Telefon klingelt durchgehend. Alleine in den letzten zwei Wochen habe sie rund 50 Menschen betreut, erklärt sie. Das Problem: durch geschlossene Geschäfte und Restaurants verlieren viele ihre Mini-Jobs und brauchen Hilfe beim Beantragen von Arbeitslosengeld. Die Erstanträge seien sehr aufwendig und zeitraubend. Das einzig Gute sei, dass die Ämter in diesen Zeiten terminlich sehr zuvorkommend sind, sonst wäre die Arbeit kaum zu schaffen, so Armborst-Winterhagen. Sie sieht ihre Beratungsfälle „finanziell am Anfang des Zusammenbruchs“ und fragt sich, wie es im April weitergehen soll, wenn die Geschäftsschließungen anhalten.

Auch in der Gemeinwesenarbeit auf dem Wackenberg in St. Arnual ist nichts, wie es vorher war. Das sonst so gut besuchte Haus in der Rubensstraße, in dem zu normalen Zeiten von früh bis spät Kurse für alle Altersgruppen stattfinden, steht ungewohnt leer. Nur noch die Mitarbeiter halten dort die Stellung, um die Arbeit im Stadtteil am Laufen zu halten. „Wir tun, was wir können“ betont Eva Jung-Neumann, Vorstand im Gemeinwesen-Projekt auf dem Wackenberg. Das Telefon stehe nie still, es sei immer was zu tun. „Bei vielen Menschen geht es schlicht und ergreifend um die Existenz“, sagt Jung-Neumann. Ob Sozialberatung, mobiler Hilfsdienst oder Einkaufsservice, die Einrichtung sei gut strukturiert und arbeite weiter. Die Mitarbeiter lassen sich so einiges einfallen, um für die Bürger in ihrem Stadtteil da zu sein. Wie auch in Alt-Saarbrücken bleibt die Gemeinschaft übers Telefon in Kontakt mit den Senioren und hat einen Einkaufsservice eingerichtet. Für Kinder werden Bastelkörbe zusammengestellt und Spielideen über den Nachrichtendienst WhatsApp verschickt. Für Jugendliche hat sich die Einrichtung ein besonderes Projekt ausgedacht, das „Corona-Tagebuch“. Ein Filmprojekt, für das die Heranwachsenden kurze Filme drehen können, die zu einem großen Film zusammengeschnitten werden. Obwohl die Corona-Krise die Gemeinwesenarbeit vor neue Herausforderungen stellt, ist Jung-Naumann positiv gestimmt und betont, dass gerade in diesen Krisenzeiten die Gemeinwesenarbeit sehr gefragt und umso wichtiger ist. „Es läuft hier noch alles und wir schaffen das“, bekräftigt sie.

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