Abtanzen im Electroclub Wolke sieben im Electro-Himmel

Saarbrücken · Der Saarbrücker Club „Mauerpfeiffer“ ist ein Mekka für Techno-Fans der Großregion. Ein Besuch im Bunker der Tanzwütigen.

 Tim Grothe, Gründer und Betreiber des Mauerpfeiffers, in der „Ebene Zwo“ seines Clubs am Saarbrücker Ludwigskreisel.

Tim Grothe, Gründer und Betreiber des Mauerpfeiffers, in der „Ebene Zwo“ seines Clubs am Saarbrücker Ludwigskreisel.

Foto: Rich Serra

Zwei Augen starren von einem neckischen Shirt ins Publikum, die kleinen Hände huschen über das Mischpult, regulieren hier ein wenig, drehen dort ein bisschen auf. Greifen schließlich zu einer Laserpistole. Buntes Licht über den Köpfen der Tänzer. Die Menge jubelt. Sie jubelt Giorgia Angiuli zu, die in dieser Nacht im Mauerpfeiffer Saarbrücken auflegt. Eigens aus Italien wurde die DJane für ihren Auftritt eingeflogen. Keine Seltenheit, der Mauerpfeiffer engagiert neben einheimischen DJs regelmäßig junge Talente aus aller Herren Länder. Da legen laut Gründer Tim Grothe auch schon mal Gäste aus den USA, Großbritannien, Israel, Schweden und Ungarn auf.

Schon seit einem Jahr pilgern Fans elektronischer Musik in den Club, der etwas unscheinbar am Ludwigskreisel liegt. Der Mauerpfeiffer ist in der Lebacherstraße 7a zu finden, doch kein Schild gibt einen Hinweis darauf, was sich hinter seinen Mauern und Betonwänden verbirgt. Es ist einer der angesagtesten Clubs der Region. Von überall strömen Tanzwütige, Technofans und Musikliebhaber fernab des Mainstreams ins Mauerpfeiffer. Längst nicht nur Saarbrücker. Nein, auch von weiter her kämen Gäste, aus Frankreich und Luxemburg, sagt Grothe. Auch aus Frankfurt, Köln und Mannheim reisten Musikliebhaber an. „Früher ist man da hingefahren, um zu feiern. Jetzt kommen die Leute zu uns“, erklärt Gero Heckmanns, die rechte Hand des Chefs.

Das kleine Gebäude schmiegt sich  an die Bahngleise, direkt daneben das Vereinshaus der Lucy Gang. Früher waren hier ein Tattoostudio und ein Bordell. Grothe zeigt Fotos, die den neunmonatigen Umbau dokumentieren: holzvertäfelte Wände, Plastikblumen, ein Drehteller, auf dem sich einst Tänzerinnen räkelten. Davon ist heute nichts mehr zu sehen.

Grothe und sein Team setzen auf „funktionales Design“. Hier ist alles aus Beton gegossen: „Beton und Stahl für den Sound“, sagt er. Und das hört man auch. Im Keller vibriert der Bass, geht durch jede Faser des Körpers bis sich der Herzschlag an die Musik angepasst hat. Grelle Lichtblitze, schemenhafte Figuren, harter Techno. Hier fühlt man die Musik. Auf Wolke sieben im Electro-Himmel. „Der Fokus liegt ganz klar auf elektronischer Musik, aber wir spielen das was wir mögen“, sagt Grothe. Dazu gehöre auch schon mal Musik von Singer/Songwritern oder auch mal ein Hip-Hop-Konzert. Und Gero Heckmanns meint dazu: „Ein intensives Musikerlebnis ist ein ganz wichtiger Teil unseres Konzepts.“ Einfach mal tanzen, den Alltag ausblenden, darum geht es hier. „Ich wollte einfach eine Party machen, auf die ich selbst gern gehen würde“, sagt Heckmanns.

Wer seinen Puls wieder auf normale Frequenz bringen möchte, kann im Außenbereich entspannen. Hier sitzt man gemütlich auf alten Sofas und ausrangierten Kinosesseln unter altem Baumbestand. In lauen Sommernächten wird hier draußen auch gegrillt.

Die Bar und das DJ-Pult sind in rotes Licht getaucht, vielleicht noch eine Erinnerung an das frühere Gewerbe? Über der Szenerie hängt eine gigantische Discokugel. „Noch nichts war fertig, aber das Teil hing schon mal“, erklärt Ralf Klingel, der von Anfang an mit zum Team gehörte.

Der Außenbereich war zuvor ein undurchdringlicher Dschungel. Wo andere nur Schutt, Müll und Unrat inmitten dichten Gestrüpps sahen, entdeckte Grothe das Potenzial des Ortes und legte sofort los. „Ich mach halt einfach“, sagt der 33-Jährige. Aus der „extensiven Mauerarbeit“, die das Team rund um das Gebäude zu leisten hatte, entstand letztlich auch der Name „Mauerpfeiffer“. Laut dem Besitzer wurden hier 60 Tonnen Beton verarbeitet. Außerdem sei der Name eine Wortkreation, die es so nicht gebe, und „es hat sich einfach richtig für uns angefühlt“.

Drinnen haut Giorgia Angiuli in die Tasten eines Kinder-Keyboards und jagt Flötentöne durch den Synthesizer. Immer wieder greift sie zum Mikro und heizt der Menge mit kurzen Gesangseinlagen an. Eine ganz eigene Klangwelt. „Es ist genial hier, ich bin Dauergast“, erzählt einer der Gäste am Rande der Tanzfläche. Und die 23-jährige Natascha meint: „Nirgendwo lässt es sich so gut tanzen.“ Und ja, die Menge tanzt. Bis in die frühen Morgenstunden.

 Der Außenbereich des Mauerpfeiffers.

Der Außenbereich des Mauerpfeiffers.

Foto: Rich Serra
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