Weihnachtszirkus Wuchtige Weihnacht mit Elefant und Co.

Saarbrücken · Im Zirkus fällt einiges eine Nummer größer aus. So auch die Bescherung zu Heiligabend. Ein Besuch in Saarbrücken bei Artisten und ihren tierischen Kollegen.

   Für Dompteurin Adriana Folco (49) sind diese beiden indischischen Elefantendamen Sharon (links) und Baby  so etwas wie überdimensionale Haustiere, die ihr wie Familienmitglieder ans Herz gewachsen sind.

Für Dompteurin Adriana Folco (49) sind diese beiden indischischen Elefantendamen Sharon (links) und Baby  so etwas wie überdimensionale Haustiere, die ihr wie Familienmitglieder ans Herz gewachsen sind.

Foto: Rich Serra

Der Weihnachtsbaum steht. Er kommt aus dem Blieskasteler Stadtteil Breitfurt. Ein großer, leuchtender Stern schmückt dessen Spitze. Die Lichterkette mit Hunderten von Birnchen ist ebenfalls angeschlossen. Alles blinkt. Eine gewaltige rote Schleife prangt mittendrin, drumherum hängen viele glänzende Kugeln an den ausladenden Ästen. Ganz klassisch, so wie bei vielen Menschen zuhause. Und dennoch ist alles etwas anders an diesem ganz besonderen, für die meisten Menschen ungewöhnlichen Ort.

So ungewöhnlich wie der Christbaum selbst, der wegen seiner immensen Ausmaße in einer klassischen Wohnstube ganz gewiss keinen Platz finden dürfte. Die mächtige Tanne ragt imposant in die Höhe. Acht Meter im Vorzelt des Weihnachtszirkusses auf den Saarbrücker Saarterrassen.

 Acht Meter hoch ist der Weihnachtsbaum im Vorzelt des Saarbrücker Weihnachtszirkusses.

Acht Meter hoch ist der Weihnachtsbaum im Vorzelt des Saarbrücker Weihnachtszirkusses.

Foto: Rich Serra

Um den immergrünen Nadelbaum herum stehen wie auf einem Christkindlmarkt festlich dekorierte Holzbuden. Auf einem schweren Schlitten liegen stapelweise große, in buntem Geschenkpapier gehüllte Pakete. Während die zierliche Lesly Frank (25) als Artistin mühelos ihre Künste vor dem Publikum vollführt, muss sie sich auf einer wackeligen Klappbank mächtig recken und strecken, um das oberste Präsent absturzsicher auf den hohen Berg zu jonglieren. Ein roter Teppich unter ihr sorgt bis in die hinterste Ecke für ein behagliches Gefühl.

 Jilian Sperlich (7): Als eine der kleinsten Artisten hat sie auch zu Weihnachten ihren großen Auftritt in der mächtigen Manege.

Jilian Sperlich (7): Als eine der kleinsten Artisten hat sie auch zu Weihnachten ihren großen Auftritt in der mächtigen Manege.

Foto: Rich Serra

Durch diesen festlichen Raum kommen die Zuschauer als erstes, bevor sie wenige Meter weiter auf den Rängen des großen Manegezelts fürs zweistündige Programm Platz nehmen. Wenn die Nachmittagsvorstellung an Heiligabend vorüber ist, sind die Zirkusleute unter sich, feiern sie gemeinsam im Schein der Weihnachtsbaumlichter. In ihrem wuchtigen Wohnzimmer.

 Wie eine Großfamilie: Die Zirkustruppe feiert Heiligabend nach der Vorstellung gemeinsam. Zur Bescherung für die Jüngsten  (vordere Reihe) erscheint der Weihnachtsmann. Das ist versprochen.

Wie eine Großfamilie: Die Zirkustruppe feiert Heiligabend nach der Vorstellung gemeinsam. Zur Bescherung für die Jüngsten  (vordere Reihe) erscheint der Weihnachtsmann. Das ist versprochen.

Foto: Rich Serra

Hier fällt alles mindestens eine Nummer größer aus als im trauten Heim: die Zahl der Gäste, die tierischen Weggefährten und die Tafel mit dem Festschmaus. „Wir sind eine große Familie“, sagt Joanna Weisheit. Darum ziehen sie sich auch nicht nach getaner Arbeit in ihre Wagen auf dem Platz um den Zirkus herum zurück. Die Artistin: „Wir stellen einen großen Tisch auf. Und jeder bringt das zu essen mit, was zu Weihnachten in dem Heimatland aufgetischt wird.“

 Bevor sich Lesly Frank (25) in luftrige Höhe aufs Trapez schwingt, kümmert sich um die Präsente auf dem Schlitten.

Bevor sich Lesly Frank (25) in luftrige Höhe aufs Trapez schwingt, kümmert sich um die Präsente auf dem Schlitten.

Foto: Rich Serra

Da kommt wohl eine abwechslungsreiche Menge zusammen. Denn die zurzeit 25 Mitreisenden repräsentieren sechs Nationen. Die Künstler und Helfer kommen unter anderem aus Polen, Rumänien, aus Spanien und Ecuador. Sowie aus Deutschland. „Wir tischen gleich zwei typische Gerichte auf“, kündigt die 29-Jährige an. Ganz schlicht Kartoffelsalat und Würstchen. Und dann auch noch die Weihnachtsgans.

 Artist Marcel Frank (35) bei Vorbereitungen im riesigen Wohnzimmer.

Artist Marcel Frank (35) bei Vorbereitungen im riesigen Wohnzimmer.

Foto: Rich Serra

Italienische Spezialitäten steuert Adriana Folco bei: Lasagne und Tortellini gehörten zum Festschmaus; sagt die Elefanten-Dompteurin. Zu ihrer Riesen-Familie gehören ohne Wenn und Aber die beiden gewichtigen Damen Sharon und Baby. „Das ist meine Familie. Es gibt nichts Schöneres“, versichert die 49-Jährige, um sich gleich wieder ihren tierischen Schätzchen zu widmen. Die umschmeicheln sie behutsam mit ihrem Rüssel, während sich Sohn Amadeo (19) ums Futter für die Dickhäuter in dem beheizten Tierzelt kümmert.

Die indischen Elefanten bekommen übrigens an Heiligabend ihre eigene Bescherung. In Trögen serviert ihnen die Zirkusfrau Obst und Gemüse, das die Beiden besonders gern vernaschen. Weihnachtliche Portionen gibt’s dann auch für die Kamele, Ziegen, Ponys, Pferde und Hunde im eigenen Zeltstall. „Und überall stehen für sie Weihnachtsbäume“, kündigt Marcel Frank an.

 Marcel Frank umzingelt von den Kamelen, die während des Gastspiels in der Landeshauptsatdt ebenfalls ihren Auftrittt haben. An Heiligabend bekommen sie eine Extraration Leckerlis und einen eigenen Weihnachtsbaum im Stall.

Marcel Frank umzingelt von den Kamelen, die während des Gastspiels in der Landeshauptsatdt ebenfalls ihren Auftrittt haben. An Heiligabend bekommen sie eine Extraration Leckerlis und einen eigenen Weihnachtsbaum im Stall.

Foto: Rich Serra

Die beiden gewichtigen Damen werden voraussichtlich die letzten Elefanten in ihrer Obhut sein. Nachzucht in Zirkusobhut ist verboten. Anderweitig seien keine Nachfolger mehr für die Tiere zu haben, die einst im Pariser Lido Revuestars waren, berichtet Adriana. Das sei der Preis des Wildtierschutzes, bedauert sie. Damit werde die große Famile unweigerlich kleiner und aus ihrer Sicht auch ärmer. Die Dresseurin entstammt der Familie Althoff, einer der ältesten und größten Zirkusdynastien.

Wie auch Joanna Weisheit von solch einer renommierten und mächtigen Artistenfamilie aus Thüringen stammt, die sich auf dem Hochseil einen Namen machte. Ihr Mann Marcel Frank kümmert sich indes um die vier Kamele. Als die Höckertiere ihn erspähen, wackeln sie ihm behäbig und zugleich zielstrebig entgegen. Sie wissen: Jetzt gibt’s was zu futtern. Der 35-Jährige, der wie alle hier im Zirkus nicht nur während der Vorstellung seine Arbeit in den Lüften tut, sondern auch bei Auf- und Abbau hilft, holt sich seine Kuscheleinheit ab. Die vier Kamele schieben ihre Köpfe zusammen und zwängen Marcel regelrecht ein. Auch sie bekommen Heiligabend neben dem eigenen Weihnachtsbaum einen festlichen Futternapf.

„Wir lieben Weihnachten“, versichert er. Alle im Zirkus seien mit Herzblut dabei. Das zeigt sich auch im Wohnwagen, in dem er und seine Frau Joanna Weisheit durch die Welt ziehen. Neben dem obligatorischen Adventskranz auf dem Esstisch finden sich Glocken und mit Tannenzweigen verzierte Kerzenständer.

Zwischen all den an die 1000 Gäste fassenden Rängen, den Wohnwagen so geräumig wie Einfamilienhäuser und dem 16 Meter hohen Manegenzelt wirkt die siebenjährige Jilian Sperlich wie ein Winzling. Sie ist eine der jüngsten, die im Zirkus auftreten. Das Mädchen tanzt und weiß schon ganz genau, vor der Kamera eindrucksvoll zu posieren. Wie alle anderen fiebert Jilian, die in Saarbrücken-St. Arnual zur Welt kam, auf Heiligabend hin. „Der Weihnachtsmann kommt auch“, sagt Joanna Weisheit. Extra für die sieben Kinder bestellt. Schelmisch schickt Marcel ein Gedicht hinterher: „Lieber guter Weihnachtsmann, ich weiß, wer Du bist, heute karrst Du die Geschenke an und morgen fährst Du Mist.“

Und wie ist das anheimelnde Gefühl? Kommt tatsächlich Weihnachtsstimmung auf, als wären die Artisten zuhause? „Ja klar“, sagt Joanna Weisheit. Die Zirkusleute seien ihre große Familie. Von Heimweh keine Spur. „Wo unser Zelt steht, ist unsere Heimat.“ An Heiligabend in Saarbrücken, und das bereits zum achten Mal.

Der Saarbrücker Weihnachtszirkus gastiert bis Sonntag, 6. Januar. Tägliche Veranstaltungen außer Neujahr, 1. Januar.

www.weihnachtszirkus
-saarbruecken.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort