Folgen des Lockdowns Läden werden im Lockdown zur Abholstation

Saarbrücken/Düsseldorf · Wegen Corona sind die meisten Geschäfte derzeit zu. Unter anderem im Saarland können Waren aber online bestellt und abgeholt werden.

 Im Lockdown eine häufige Szene: An Abholstationen wie vor diesem Baumarkt holen Kunden Waren ab, die sie vorab per Internet bestellt haben.

Im Lockdown eine häufige Szene: An Abholstationen wie vor diesem Baumarkt holen Kunden Waren ab, die sie vorab per Internet bestellt haben.

Foto: dpa/Jonas Güttler

Ob Baumärkte oder Buchläden, Warenhäuser oder Elektronikmärkte: Viele Einzelhandelsgeschäfte versuchen die schärferen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zurzeit etwas aufzuweichen. Zumindest in Bundesländern wie dem Saarland, wo es die Corona-Verordnung zulässt. Hier nutzen sie ihre eigentlich geschlossenen Läden als Abholstellen für online oder per Telefon bestellte Waren. In Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen ist das dagegen nicht erlaubt, in Thüringen nur für Buchhandlungen.

Im Saarland wird die Möglichkeit eines Abholservices nach Auskunft des Einzelhandelsverbands-Geschäftsführers Fabian Schulz in vielen Branchen gut genutzt. Er betonte allerdings auch: „Das ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.“ Die Schäden durch den erneuten Corona-Lockdown gerade im wichtigen Weihnachtsgeschäft könnten auf diese Weise bei Weitem nicht ausgeglichen werden.

„Click&Collect“ wird das Abhol­angebot im Fachjargon genannt. Das nutzt etwa Douglas: „Trotz Lockdown: Abholen in der Filiale“, wirbt die Parfümeriekette auf ihrer Homepage. Und auch Galeria Karstadt Kaufhof verspricht „Weihnachtsgeschenke bis zum Schluss“. Beide Händler bieten ihren Kunden an, noch kurzfristig Ware online zu reservieren und dann kontaktlos an den Abholstationen in den Filialen entgegenzunehmen. Die Elektronikketten Media Markt und Saturn machen ähnliche Angebote.

Viele Buchhändler – vom Branchenriesen bis zum Buchladen von nebenan – versuchen ebenfalls, mit Abholangeboten den wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns ein Schnippchen zu schlagen. „Abholangebote sind gerade für die kleinen Buchhandlungen superwichtig“, meint Thomas Koch vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Sie profitierten dabei vom engen Kontakt zu ihren Stammkunden. Baumarktketten wie Obi, Bauhaus oder Hornbach bieten den Kunden ebenfalls die Möglichkeit, benötigte Materialien und Produkte online zu reservieren und dann abzuholen.

Das ist laut einer Unternehmenssprecherin auch in der saarländischen Möbelhaus-Kette Möbel Martin möglich. Das Unternehmen bietet demnach sogar eine Live-Video-Beratung an. Waren können telefonisch oder online bestellt und dann abgeholt werden. Weniger verbreitet sind solche Angebote dagegen in der Modebranche. „Da fehlt die Möglichkeit des Anprobierens“, sagt Verbands-Geschäftsführer Schulz.

 Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein nennt ein weiteres Problem: „Click&Collect wird vor allem den Großen im Handel helfen, nicht den kleinen, die es am nötigsten hätten.“ Denn Voraussetzung dafür sei ein funktionierendes elektronisches Warenwirtschaftssystem, das dem Kunden bei der Online-Bestellung zuverlässig sagen könne, ob ein Artikel noch im Laden vorrätig sei oder nicht. Das aber hätten viele kleine Händler nicht.

Um gerade auch kleinere Geschäfte bei ihren Abhol- und Lieferangeboten zu unterstützen, forderte der saarländische Grünen-Chef Markus Tressel die Landesregierung am Donnerstag auf, einen landesweiten digitalen Absatzmarkt für Einzelhandel, Handwerk, Landwirtschaft, Dienstleistung und Gastronomie auf den Weg zu bringen. Das Wirtschaftsministerium solle prüfen, „wie die bestehenden Vermarktungsinitiativen kleiner Händler kurzfristig vernetzt und beispielsweise im Rahmen einer Kampagne bekannt gemacht werden könnten“, sagt Tressel. Diese Bemühungen fänden derzeit meist ehrenamtlich und sehr lokal statt. Nach Auskunft von Einzelhandels-Geschäftsführer Schulz werden solche gemeinsamen Marketing-Initiativen im Saarland derzeit vielerorts von Gewerbevereinen und Werbegemeinschaften organisiert.

Das Wirtschaftsministerium erteilte einem landesweiten digitalen Markt zum jetzigen Zeitpunkt eine Absage und verwies auf die Angebote mehrerer Kommunen: „In der aktuellen Situation erscheint die Nutzung solcher bereits gut eingeführter dezentraler Plattformen sinnvoller als eine landesweite Initiative, die zudem mit heißer Nadel gestrickt wäre und kurzfristig kaum mit den großen Online-Marktplätzen konkurrieren könnte.“ Die Möglichkeit einer künftigen regionalen Online-Plattform für das Saarland sei gleichwohl seit geraumer Zeit Thema in den Beratungen zwischen Wirtschaftsministerium, IHK und Handelsverband.

Schulz stimmte zwar darin überein, dass es kaum mehr möglich sei, einen landesweiten digitalen Marktplatz noch für das Weihnachtsgeschäft auf die Beine zu stellen. Allerdings forderte er, ein solches Projekt „so schnell es geht“ im neuen Jahr in Angriff zu nehmen.

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