Verschärfter Datenschutz Namen sind in der Arztpraxis ab jetzt tabu

Regionalverband · Seit Ende Mai gilt die strenge Datenschutzgrundverordnung der EU. Alle personenbezogenen Angaben müssen geschützt werden.

„Upps“, sagte die Ärztin, „eigentlich hätte ich Sie ja gar nicht mit Namen aufrufen dürfen.“ Die neue Datenschutzgrundverordnung der Europäischen Union (EU), die am 25. Mai in Kraft getreten ist, ist noch längst nicht jedem in Fleisch und Blut übergegangen. Seitdem müssen auch Ärzte einiges in Sachen Datenschutz beachten, unter anderem dürfen Patienten nicht mit Namen genannt werden.

Vielleicht müssen Patienten künftig eine Nummer ziehen, obwohl das manchem Mediziner schwer im Magen liegen dürfte, weil er seine Patienten nicht als Nummer verstehen will. Rezepte, Berichte und Überweisungen dürfen nicht offen herumliegen, sondern müssen geschützt werden. Auch beim Empfang sind Namen tabu. Viele Hausärzte in Saarbrücken und Umgebung haben ohnehin schon darauf geachtet, dass die Privatsphäre ihrer Patienten gewahrt bleibt.

„Wir haben das in unserer Praxis auch vorher so gemacht, dass am Telefon keine Namen genannt werden“, sagt Dr. Eckart Rolshoven, Vorstandsmitglied der Saar-Ärztekammer. Er betreibt eine Praxis in Püttlingen. Seiner Ansicht nach hat die EU-Verordnung Ärzte und ihr Personal für Datenschutz sensibilisiert, dennoch ärgert er sich über „unsinnige Schreiben“, die seine Zeit in Anspruch nehmen.

„Meines Wissens nach sollte die EU-Verordnung Unternehmen wie Facebook an die Kandare nehmen. Wo das jetzt aber aufschlägt, das sind wir“, klagt Rolshoven. Er informiert seine Patienten mit einem Merkblatt über die neuen Bestimmungen. „Die Leute reagieren völlig unproblematisch“, sagt er, „uns hat noch keiner darauf angesprochen.“ Man müsse die Bestimmungen auf „einen realistischen Kern“ reduzieren, was in einer Kleinstadt gar nicht so einfach sei. „Wenn wir die Leute nicht mehr beim Namen nennen, würde das auf Unverständnis stoßen.“ Unterm Strich bedeute die EU-Verordnung mehr Aufwand, und es bleibe weniger Zeit für den Patienten.

Um Diskretion geht es auch in der Apotheke. „Wir sind natürlich verpflichtet, personenbezogene Daten vertraulich zu behandeln. Wenn manche Apotheker nun extra darauf verweisen, dass man als Kunde Abstand halten soll, hat das aber nichts mit der neuen EU-Datenschutzverordnung zu tun. Das ist ohnehin in der Apothekenbetriebsordnung so geregelt“, sagt Carsten Wohlfeil, Geschäftsführer der saarländischen Apothekerkammer. Auch er hält den Aufwand zur Umsetzung des Datenschutzes für nicht gerechtfertigt. „Das ist mit erheblichem Aufwand verbunden, nicht zuletzt finanziell“, sagt Wohlfeil. „Das kostet richtig Geld, Datenschutz gibt es nicht kostenlos.“

Die Verordnung verpflichtet nicht nur Ärzte und Apotheker, sondern jedes Unternehmen und jede Behörde in der EU, nachzuweisen, wofür personenbezogene Daten von beispielsweise Bewerbern, Nutzern oder Kunden verwendet werden. Personenbezogene Daten sind zum Beispiel Namen, Adressen, Telefonnummern, Religionszugehörigkeit oder auch Gesundheitsinformationen. Bei Verstößen drohen empfindliche Strafen. Bußgelder bis zu 20 Millionen Euro oder aber bis zu vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes eines Unternehmens sind möglich. Ein Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz wurde noch mit einem Bußgeld von bis zu 300 000 Euro oder gar zu einer bis zu zweijährigen Freiheitsstrafe belegt.

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