Der Sänger auf Umwegen Am Theater hieß es: „Otto? Find’ ich gut“

Saarbrücken · 30 Jahre war Otto Daubner der große lyrische Bariton am Saarländischen Staatstheater. Wie es ihm heute geht, verrät er hier.

 Zuhause am Klavier: Otto Daubner hat hier auch lange unterrichtet. Heute greift er nur noch zur Entspannung in die Tasten.

Zuhause am Klavier: Otto Daubner hat hier auch lange unterrichtet. Heute greift er nur noch zur Entspannung in die Tasten.

Foto: Iris Maria Maurer

„Otto? Find‘ ich gut!“ Der Slogan des gleichnamigen Versandhauses war lange ein geflügeltes Wort am Saarländischen Staatstheater (SST) und galt Otto Daubner. Es zeigt, wie beliebt der Opernsänger bei Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzten war (und sicher noch ist).

30 Jahre war Daubner die große lyrische Baritonstimme der saarländischen Oper, sang an die hundert Partien, darunter große Rollen wie den Georg Germont in Verdis La Traviata, den Papageno aus Mozarts Zauberflöte, den Wolfram von Eschenbach aus Wagners Tannhäuser, um nur einige wenige zu nennen. 2009 ist Otto Daubner (vorzeitig) in den Ruhestand getreten und wir haben ihn gefragt: „Wie geht es Ihnen heute?“

„Mir geht es gut!“ Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen, und das zufriedene Lächeln auf Daubners Gesicht bestätigt seine Worte. Wir sitzen in seinem gemütlichen Wohnzimmer, ein gutes Stück des Raumes füllt der Flügel, das Notenbuch ist aufgeschlagen.

Hier hat Otto Daubner nicht nur für seine Auftritte am Staatstheater und für Liederabende (unter anderem mit Christel Koch-Ries) geübt, sondern auch unzählige Nachwuchstalente unterrichtet, zum Beispiel Laura Hoellinger. Heute, so sagt er, spielt er nur noch „leichte Sachen“, Schumanns Träumereien zum Beispiel, und nur noch zum Vergnügen.

Die Gedanken schweifen zurück zu den Anfängen. . . Am 1. Mai 1946 wurde Otto in Walsrode geboren – gut aufgelegt kommentiert Daubner seinen Geburtstag: „Zu 80 Prozent ist am 1. Mai schlechtes Wetter, das ärgert mich, man kann nicht draußen feiern!“ Die Familie Daubner siedelt 1950 in den Taunus, 1956 in die Nähe von Ingelheim um. Otto lernt Klavier spielen, macht eine Ausbildung zum Maschinenschlosser, absolviert seinen Wehrdienst.

Er ist schon 21 Jahre alt, da packt ihn die Muse, und er schreibt sich – nebenberuflich – am Mainzer Konservatorium ein. „Das waren stramme Zwölf-Stunden-Tage, so was gibt es heute gar nicht mehr“, erinnert sich Daubner.

Nach rund zehn Jahren beginnt er, sich über mehrere Agenturen an Opernhäusern zu bewerben. 1978 singt er in Saarbrücken vor, begleitet von der Pianistin Katharina Scholz bringt er unter anderem Valentins Gebet aus „Margarete“ (Gounod) und das Zarenlied von Lortzing zu Gehör – und wird angenommen.

30 Jahre wird er am SST singen, mit großer Leidenschaft für das Theater und die Oper, man achtet und schätzt Otto Daubner, als Kollegen, Berater, Freund.

Wie erklärt er sich seine Beliebtheit? Daubner lacht: „Das können die anderen sicher besser beurteilen, aber nach meiner Meinung hängt die Wertschätzung auch mit der Leistung zusammen. Man muss von sich selbst überzeugt sein, dann kann einem niemand den Wind aus den Segeln nehmen.“

Ja natürlich, Konkurrenz habe es immer gegeben, aber: „Das ist ja nicht schlecht, solange die Konkurrenz die Qualität hebt.“ Zudem: Vor Daubner sind alle gleich – ob Intendant, Feuerwehrmann, Statist, Chorsänger oder Müllmann: „Eine Grundeinstellung, die man bei jedem voraussetzen sollte“, so Daubner.

Vermisst er das Theater, das Singen, die Kollegen? Heftiges Kopfschütteln. „Ich hätte ja bis 65 arbeiten können, aber es hat gereicht. Oder um es mit Hermann Prey auszudrücken: Es geht noch, aber es fällt mir immer schwerer.“

Otto Daubner kann endlich Dinge tun, für die früher kaum Zeit blieb. Radfahren zum Beispiel. Lange Spaziergänge mit Colliehündin Senta. Er hilft im Haushalt und liebt es zu kochen. Am Abend genießt er ein warmes Sprudelbad im Whirlpool mit seiner Frau.

Ach ja, eine neue Liebe hat er auch gefunden. 2014 hat Otto Daubner geheiratet, übrigens zum ersten Mal in seinem Leben. Ursula, die Mutter von Laura Hoellinger, kannte er durch das Unterrichten der Tochter. (Laura heißt jetzt Demjan, hat zwei Kinder und ein Engagement in Meiningen.)

Da Otto ein bescheidener Mensch ist, muss es seine Frau verraten, dass er seit eineinhalb Jahren einen 93 Jahre alten kranken Freund betreut. „Ich habe in meinem ganzen Leben keinen besseren und gütigeren Menschen kennengelernt“, urteilt Ursula über Otto.

Dem Theater sind die beiden natürlich nach wie vor sehr verbunden, sie schauen sich die Aufführungen im Fernsehen an und gehen auch zu den Opernaufführungen am Saarländischen Staatstheater.

 1988 stand Otto Daubner (hier mit Kathleen Broderick und Jochen Becker)  in „Madama Butterfly“ auf der Staatstheater-Bühne.

1988 stand Otto Daubner (hier mit Kathleen Broderick und Jochen Becker)  in „Madama Butterfly“ auf der Staatstheater-Bühne.

Foto: Julius C. Schmidt
 Blumen und manches Tränchen: Der Abschied von  Otto Daubner vom Staatstheater wurde vor zehn Jahren auch auf der Bühne gefeiert.

Blumen und manches Tränchen: Der Abschied von  Otto Daubner vom Staatstheater wurde vor zehn Jahren auch auf der Bühne gefeiert.

Foto: Oliver Dietze

Daubner gibt zu allem seinen Kommentar ab. Über die Sängerinnen und Sänger, die Qualität der Inszenierungen. „Du hast immer was auszusetzen“, kritisiert ihn seine Frau sanft, und dann lacht er und sagt: „ich weiß, es ist immer einfacher vom Zuschauerraum aus zu meckern. Aber wenn man selbst da oben steht. . .“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort