Kolumne Warum Nuss nicht gleich Nuss ist

Eichhörnchen mögen zwar Nüsse, wissen sie aber eigentlich nicht richtig zu schätzen. Unsere Autorin dagegen schon.

Kolumne: Warum Nuss nicht gleich Nuss ist
Foto: SZ/Robby Lorenz

Haben Sie je einen prächtigeren rotbraunen Ton gesehen als den einer Kastanie? Dieser warme Glanz, diese pralle, stattliche Form . . .   Selbst wenn die Nuss zu trocknen beginnt, verliert sie zwar etwas an Volumen, nicht aber an Schönheit. Sogar die Schale ist schön, saftig grün, innen weich und flaumig, sie lässt sich mit etwas Geschick sowie Daumen und Zeigefinger leicht öffnen. Falls sie nicht sowieso schon aufgesprungen ist und die Nuss freigegeben hat. Ganz anders die Walnuss. Ja, auch sie fällt nach unten, auch sie schaut ansehnlich aus, doch ist sie furchig, wie von Adern durchzogen, und ihre Schale beginnt gleich nach Nussabwurf ledrig und hart zu werden. „Bäume und Häuser sind in hohem Maße standortgebunden“, meint Fritz van Eycken. Dem muss man zustimmen, für ihre Früchte gilt das indessen nicht.

Es gibt Menschen, die fürchten sich vor herunterfallenden Nüssen. Weil sie winzige Nussdellen verursachen, bevorzugt in Autokarosserien. Dabei würde so manches heutige Fahrzeug durch ein paar Dellen und Beulen höchstens an Individualität gewinnen. Die Walnuss im Vergleich zur Kastanie, sieht man mal von der Esskastanie ab, die vorhin nicht gemeint war, ist eine äußerst dankbare Nuss. Sie ist schmackhaft, ihre Ernte lohnt sich, selbst wenn man sie mit ein paar ungehobelten Eichhörnchen teilen muss. Die possierlichen Tierchen sorgen als unermüdliche Nager dafür, dass so manche Nuss zur tauben Nuss wird. Das gehirnartig aussehende Innere der Nuss verschwindet dabei in den Mägen der Tiere, ohne aber auf dem Weg durch deren Körper das Denkpotential zu steigern. Eichhörnchen sind nicht eben für stringentes Handeln bekannt. Im Straßenverkehr etwa benehmen sie sich hochgradig artgefährdend, was sich zum Glück nur auf ihre eigene Art auswirkt.

Doch zurück zur Walnuss: Selbst wenn der Baum Nüsse in Hülle und Fülle abwerfen sollte, fürchten Sie sich nicht! Erstens erhöhen leichte Schläge auf den Hinterkopf bekanntlich das Denkvermögen, selbst wenn dieses wertvolle Wissen in entwicklungsbiologischen Prozessen heute kaum noch Anwendung findet. Und zweitens gewinnt so mancher durch ein paar Dellen und Beulen höchstens an Individualität.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort