Kolumne Bloß nicht zurückrufen – auch wenn’s im Finger juckt

SZ-Redakteur Stefan Regel bekommt neuerdings Telefonanrufe aus Russland oder Kamerun.

Von internet-Betrügern und gefährlichen Anrufen auf das Handy
Foto: SZ/Robby Lorenz

Warnungen vor Internet-Kriminellen gehören zu unserem Job als Redakteure mittlerweile so fest dazu wie das Amen in der Kirche. Die Kollegen in der St. Wendeler Lokalredaktion bekamen unlängst eine nette E-Mail, in der stand, ihr Redaktionsordner sei bei der Masturbation gefilmt worden, und man solle Geld bezahlen, damit das Video davon nicht an die gesamte Kontaktliste geschickt würde. Schwer vorstellbar, dass ein solcher Ordner solch ein Eigenleben entwickelt. Denn er sammelt wie in einem Postfach Texte, Fotos oder Anmerkungen von Lesern, Pressemitteilungen, Leserbriefe oder ähnliches. Und wie ein privater Briefkasten gehen aus diesem Ordner keine Mails nach draußen. Garniert war die Mail an die Kollegen mit dem hübschen Satz „Sie sind sehr pervers.“ Irgendwie kein Wunder, dass der Text, den die Kollegen dazu in ihrer Lokalausgabe veröffentlichten, online zu den meistgelesenen Texten zählte.

Aber auch persönlich können mittlerweile viele Menschen von mehr oder weniger plumpen Betrugsversuchen berichten. So bekam ich schon mehrfach Mails damit, dass mein Kundenkonto bei einem Internet-Kaufhaus gehackt worden sei. Dumm nur, dass ich dort gar kein Konto habe. So leicht durchschaubar ist es aber nicht immer. Während man im Internet mit solchen Spam-Mails ja schon rechnet, nerven die Kriminellen jetzt aber auch auf dem Handy. Letzte Woche bekam ich mehrere Anrufe von einer seltsamen Nummer. Flugs die Zahlen mal in Google eingegeben, und was spuckte die Suchmaschine aus? Sogenannte Ping-Calls seien das. Die Nummern waren aus Russland, wahrscheinlich von einem Automaten gewählt. Die Hintermänner von Ping-Anrufen spekulieren darauf, dass Sie die verpasste Nummer zurückrufen. Das Ziel ist, unbedarfte Menschen auf hochpreisige Nummern zu locken, wo die Minute teilweise mehrere Euro kostet. Dort werde man mit Warteschleifen immer weiter hingehalten, las ich in einem Artikel, während die Gebühren steigen und steigen. Manchmal seien auch Bandansagen zu hören wie vermeintliche Gewinnspiele, erotische Inhalte, angebliche internationale Zustelldienste oder ausländische Ansagen. Diese Woche ging es nun weiter. Mist, dachte ich, offenbar ist meine Nummer gehackt. Denn diesmal kamen vier Ping-Anrufe von drei verschiedenen Nummern binnen anderthalb Stunden aus Kamerun. Da ich in Kamerun niemand kenne, unterließ ich einen Rückruf. Immerhin: Auch wenn die bösen Buben jetzt auf die Mailbox kämen, das kostet einen nichts. Also, im Zweifel am besten solche Nummern erst googeln oder Freunde, Bekannte und Verwandte fragen. Und auf keinen Fall ohne Überprüfung zurückrufen oder rangehen. Bloß nicht.

In die Gefahr kann ich zum Glück nicht kommen, da mein Handy fast immer auf lautlos steht. Bei meinem Handy habe ich die seltsamen Nummern jetzt mal gesperrt. Und wenn ich weiter jede Woche einen Anruf aus einem anderen Land bekomme, dürfte ich bei derzeit 194 von der Uno anerkannten Staaten in rund vier Jahren mit allen Ländern fertig sein. Wobei ich mit einem Anruf aus dem Vatikanstaat dann aber doch nicht wirklich rechne.

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